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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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das, was sie am meisten an ihm störte ...
    »Was willst du?«, fragte er unwirsch, als sie nun ohne anzuklopfen in das geräumige Büro trat.
    Sie setzte die hoheitsvolle Miene auf, die sie gegenüber ihrem aus geringeren Verhältnissen stammenden Gatten für angemessen hielt. »Ich habe mich erboten, dafür Sorge zu tragen, dass Dr. Bloomsdale saubere Tücher und heißes Wasser erhält. Diese Arbeiterin ist soeben im Begriff, ein Kind zu gebären. Du hast es ja vorgezogen, dich in deinem ...«, sie sah sich mit abschätziger Miene demonstrativ in dem eher schmucklosen, wenn auch großen Raum um, »Büro zu verkriechen.«
    Ashworth blickte sie wütend an. »Warum musstest du Fountleys Gattin auch hierherschleppen? Wie stehen die Ashworth Werke jetzt da? Das ist ein Desaster, nur damit du es weißt!«
    »Sir, ich sollte dann wieder zurück ...«, wagte Bole vorsichtig vorzubringen.
    »Sie bleiben!«, knurrte Ashworth drohend. »Ich bin noch nicht fertig mit Ihnen.« Die aufkeimende Hoffnung des Vorarbeiters auf ein vorzeitiges Entrinnen fiel in sich zusammen.
    Mrs Ashworth war derweil nicht gewillt, den Vorwurf auf sich sitzen zu lassen. »Das ist ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit! Genauso, wie du diesen braven Mann für deine eigene Unfähigkeit verantwortlich machst, fällt dir wieder nichts Besseres ein, als auch mir jetzt ungerechtfertigte Vorwürfe zu machen. Das ist wirklich jämmerlich! Schließlich hast du von mir verlangt, Mrs Fountley nach Manchester zu begleiten. Kann ich etwas dafür, dass ausgerechnet dann etwas passieren muss? Ich hätte liebend gern auf diesen Anblick verzichtet!«
    »Ha!« Ihr Ehemann schnaubte verärgert, konnte aber nichts dagegen vorbringen. Schließlich hatte sie recht, zumindest, was Mrs Fountley betraf. Prompt richtete sich sein Zorn wieder gegen den Vorarbeiter. »Hätten Sie Ihr vorlautes Maul nicht halten können, Bole? Schlimm genug, dass schon wieder etwas passiert ist! Nein, Sie mussten auch noch herumposaunen, dass in solchen Fällen keine ärztliche Hilfe hinzugezogen wird. Sind Sie Esel sich eigentlich im Klaren darüber, was Sie damit angerichtet haben?«
    Bole richtete zögernd seinen Blick auf sein zornbebendes Gegenüber. Langsam hoben sich seine Schultern. Nein, er wusste es nicht!
    »Sie Idiot!«, brüllte Ashworth unvermittelt. »Mrs Fountley wird ihrem Mann davon berichten, das haben Sie doch selbst gehört! Wenn ich Pech habe, steht das in allen Einzelheiten in ein paar Tagen wieder in der Presse. Das bedeutet womöglich weitere Einbrüche in den Verkaufszahlen. Das wäre die absolute Katastrophe! Sie sind hoffentlich nicht ganz so blöde, dass Sie das nicht erkennen. Aber selbst wenn die Presse nicht eingeschaltet wird ... womöglich wird jetzt erwartet, dass ich in Zukunft für die Belange der Arbeiter und ihre medizinische Versorgung auch noch geradestehe. Wissen Sie eigentlich, was das kosten wird, Bole? Wie sollen wir dann konkurrenzfähig bleiben? Ich bin Unternehmer und kein Wohltätigkeitsverein.«
    »Ja, Sir!«, flüsterte der Angestellte verschreckt.
    »Ja, Sir!«, äffte ihn Ashworth gehässig nach. »Gehen Sie mir aus den Augen, Mann! Wenn ich Sie heute noch nicht rausschmeiße, dann nur deshalb, weil ich mir weitere Produktionsverzögerungen derzeit nicht leisten kann. Aber ich versichere Ihnen, nur noch ein minimaler Fehler und Sie sind Geschichte, Bole! Ist das in Ihr tumbes Hirn gedrungen?« Ashworth fixierte den Vorarbeiter mit drohendem Blick.
    »Ja, Sir!«, murmelte Bole. Er hatte nicht einmal mehr den Mut, seinem Arbeitgeber in die Augen zu sehen. Dann wich er mit einer leichten Verbeugung zurück und verließ hastig den Raum.
    »Und nun zu dir!«, zischte Ashworth böse und wandte sich seiner Gattin zu. »Wie kannst du es wagen, mich bloßzustellen, wenn ich mit einem Untergebenen rede?«
    Mrs Ashworth zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Das war keine Bloßstellung, lediglich eine Feststellung, mein lieber Henry. Außerdem hast du es zuerst an Respekt mangeln lassen. Ich möchte dich nicht immer wieder daran erinnern müssen, mit welchem Geld du dein Unternehmen aufgebaut hast. Leider zwingst du mich fortwährend dazu.«
    Ashworth knirschte mit den Zähnen. Wie er es hasste, dass sie ihm ständig vorhielt, ihr Geld genommen zu haben, auch wenn es zutraf. Nur deshalb hatte er Deodra Boulton geheiratet, die vermögende Witwe von Jeremia Boulton, einem angesehenen Manchester Bürger, der seinen Reichtum mit dem Handel von Baumwolle

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