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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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Retterin benannt wird!«, schlug Dr. Bloomsdale vor. »Schließlich wäre die Sache wohl ganz anders ausgegangen, wenn Sie sich nicht so beherzt eingesetzt hätten.« Dabei streifte er Aaron mit einem bedeutsamen Blick. Der verstand sofort. Der Arzt versuchte, diese reiche Dame dazu zu bewegen, über ihr spontanes und barmherziges Eingreifen hinaus auch die Patenschaft für das Neugeborene zu übernehmen. Fast eine Lebensversicherung in einer Stadt wie Manchester, für ein Arbeiterkind allemal. Etwas Besseres konnte ihnen tatsächlich gar nicht passieren. Er selbst hätte es allerdings nie gewagt darum zu bitten, das grenzte schon an Unverschämtheit. Doch die Dame schien nicht abgeneigt: »Oh, aber sicher! Es würde mich sehr freuen, wenn dieses kleine Wesen meinen Namen trägt. Ich heiße Mary-Ann Fountley und bin die Gattin von Honorable Godfrey Fountley, dem zukünftigen Baron of Tounton. Mein Gatte hat sicher nichts dagegen, wenn ich angesichts des Geschehens eine Patenschaft übernehme.«
    »Das ist eine große Ehre ...«, begann Aaron, doch Cathy fiel ihm plötzlich scharf ins Wort.
    »Das ist überaus freundlich von Ihnen, Mylady, doch wir können das nicht annehmen. Es ist nämlich so, dass ich schon Mary, die bei uns wohnt, die Patenschaft für das Kind versprochen habe, vor einigen Tagen schon. Und sie hat es bei genauer Betrachtung genauso verdient, Patin zu sein, denn wenn sie nicht die Maschine vom Band genommen hätte, dann wäre Ihre und auch jede Hilfe von Dr. Bloomsdale zu spät gekommen. Es tut mir sehr leid, aber ich kann mein Versprechen nicht brechen.«
    Entsetzt starrten Aaron und Dr. Bloomsdale Cathy an, doch diese richtete ihren Blick fest und unbeirrt auf die hochherrschaftliche Dame, die jetzt ziemlich verdutzt wirkte. »Ja, wenn dem so ist ... nun, dann werde ich Mary den Platz als Patin keinesfalls streitig machen. Ein gegebenes Versprechen muss sicherlich gehalten werden«, sagte sie, sichtlich irritiert. »Ich denke, ich möchte mich jetzt zurückziehen. Mrs Ashworth wollte mir noch einiges in Manchester zeigen.« Sie bewegte sich in Richtung des Ausgangs. Der Arzt beeilte sich, ihr zuvorzukommen und hielt ihr höflich die Tür auf. »Ich werde Sie begleiten, Mrs Fountley. Ich nehme an, Mrs Ashworth hält sich im Wohntrakt auf dem Gelände auf. Dann kann ich auch gleich die finanziellen Angelegenheiten mit Mr Ashworth besprechen.«
    »Ja, danke, Dr. Bloomsdale!«
    Der Arzt verließ hinter ihr den Raum, nicht ohne Cathy mit einem verständnislosen Kopfschütteln zu bedenken.
    »Also wirklich, Cathy! Was sollte das denn?«, schimpfte nun auch Aaron, kaum dass die beiden gegangen waren. »Ist dir nicht klar, was das für eine einmalige Chance für unsere Tochter gewesen wäre? Wie kannst du nur so unvernünftig sein?«
    Cathy war noch blasser geworden, als sie durch die überstandenen Strapazen ohnehin schon war. »Aaron!«, stammelte sie. »Das war Lady Mary-Ann Branford, die Tochter des Earls of Branford.« Sie sah ihn mit großen Augen an. Furcht spiegelte sich darin. »Isobels Cousine!«

Kapitel 10
    London, einige Tage später
    Kapitel 10

    Armindale beobachtete das Haus der Havishams nun schon seit den frühen Morgenstunden. Jetzt war es bereits nach der dritten Wache 25 aber noch immer hatten seine Bewohner das Gebäude nicht verlassen. Weder hatte sich Havisham auf den Weg in den Regierungsbezirk nach Whitehall gemacht noch hatte sich dessen Gattin, auf die Armindale es abgesehen hatte, blicken lassen. Nun ja, zumindest das war nicht ungewöhnlich. Die Damen der Gesellschaft machten sich oft erst nach dem Lunch auf den Weg in die Stadt oder zu einer Einladung. Ungewöhnlich war allerdings, dass Havisham das Haus nicht verließ – das sah ihm gar nicht ähnlich. Und diese seltsame Einkehr hielt nun schon seit Tagen an! Ob er etwa krank war? Das wäre wirklich ärgerlich! Armindale hatte gehofft, in sicherer Abwesenheit des Hausherrn einfach läuten zu können, um anschließend bei Mrs Havisham vorzusprechen und im Gespräch eventuell das eine oder andere Wissenswerte aus ihr herauszubekommen – schließlich kannte sie ihn, wusste aber sicher nicht über seine wahre Verbindung zu ihrem Gatten Bescheid. So aber war er einen weiteren Tag zur Untätigkeit verdammt.
    Frierend trat er von einem Fuß auf den anderen. Das Wetter war eisig und ein unangenehm schneidender Wind pfiff durch die breite Straße. Armindale hatte seinen Beobachtungsstandort klug hinter einer der Platanen, die die

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