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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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seinem nackten Oberarm. Liam brüllte ihm etwas entgegen, als er den Maschinenraum betrat. Er bemerkte es kaum, ganz eingenommen von seinen Überlegungen. Na, und wenn schon! Dann war es eben verrückt! Er musste einfach wissen, warum ihn Ashworth zu dieser Hölle verdammt hatte.

Kapitel 20
    Kapitel 20
    Von Weitem schon hörte Cathy den Streit der Kinder untereinander. Williams Knabenstimme erreichte schrille Höhen, irgendwo schwankend zwischen Zorn und Verzweiflung. Dazwischen das Weinen von Debby und der Kleinen, die von dem Streit der McGillan-Kinder aus dem Schlaf gerissen worden war. Doch dann setzte sich wieder Marys Stimme durch.
    »Dann bleibt doch, ihr ...« Der Rest war unverständlich. Cathy beeilte sich, die Treppe hinaufzukommen. Hastig riss sie die Tür auf. Der Korb mit den Kartoffeln, die sie billig für die Abendmahlzeit eingekauft hatte, entglitt ihrem noch schwachen Arm, den sie erst seit Kurzem nicht mehr in der Schlinge trug, und landete auf der Erde. »Was ist hier los?«
    Die Kinder fuhren erschrocken herum. Deutlich sah sie die Tränenspuren in Williams hochrotem Gesicht. Schuldbewusst ließ er die Habseligkeiten seiner älteren Schwester los, die er ihr offensichtlich zu entreißen versucht hatte, und Mary raffte diese mit verbissenem Gesicht wieder an sich. Cathy verstand augenblicklich. »Du willst uns doch nicht etwa verlassen, Mary?«
    Zunächst erntete sie nur verstocktes Schweigen von der Vierzehnjährigen. Doch dann straffte das Mädchen seine Schultern und warf ihr einen herausfordernden Blick zu. »Was geht's dich an, Cathy? Das ist meine Sache.«
    Cathy ließ die Kartoffeln Kartoffeln sein und ging schnell zu den dreien hinüber. »Hast du dir das denn gut überlegt, Mary? Wo willst du denn hin?«
    »Ich brauche deine Ratschläge nicht!«, schnappte das Mädchen zurück. »Was habe ich mit euch zu schaffen? Was haben wir mit euch zu schaffen?«
    »Du bist so eine Dumme, Mary!«, schrie William nun wieder. »Uns geht es doch gut hier. Ich will nicht mit dir mitkommen. Ich will hier bei Cathy und Aaron bleiben, und Debby auch. Nicht wahr, Debby?«
    Debby, der die Tränen in Strömen herunterliefen, nickte heftig.
    »Ach, dann bleibt doch, wo der Pfeffer wächst!«, fauchte Mary. »Ich brauche euch genauso wenig. Ich brauche niemanden!« Wütend warf sie ihre wenige Habe auf ein Leintuch und knotete es zusammen. Debbys Weinen wurde nur noch lauter. Hilflose, herzzerreißende Schluchzer schüttelten die schmale Gestalt des Kindes. Doch die Altere ließ sich nicht erweichen. Sie packte ihr Bündel, stieß Cathy grob zur Seite und ging zur Tür. Dort angekommen drehte sie sich noch einmal nach ihren Geschwistern um: »Ihr seid so blöd!«, sagte sie verächtlich. »Ich hätte auch für euch sorgen können. Er hat es mir versprochen.«
    »Er? Welcher er?«, fragte Cathy entsetzt. Aaron hatte also doch recht gehabt. Mary hatte sich für ein wenig Essen und ein paar Vergünstigungen verkauft. Die kleine Närrin! Ob es wirklich Ashworth war, der sich mit dem Mädchen vergnügte? Doch Mary würdigte sie keines Blickes. Stolz reckte sie das Kinn und schritt zur Tür hinaus.
    Debby begann haltlos zu schreien. Cathy, hin und hergerissen zwischen Debbys Leid und dem Wunsch, Mary zurückzuhalten, erwog für einen Augenblick, dem dummen Mädchen noch nachzulaufen. Doch dann entschied sie sich dagegen. Mary würde gewiss nicht auf sie hören. Es waren Debby und William, die jetzt ihren Trost brauchten. Für die beiden Jüngeren brach gerade einmal mehr die Welt zusammen. Später würde sie zusammen mit Aaron versuchen, eine Lösung zu finden.
    ***
    Es war kurz nach acht, als Aaron durch das Fabriktor auf die Straße trat. Er blieb stehen und sah aufmerksam den breiten, auf der gegenüberliegenden Seite von Hütten, baufälligen Häusern und billigen Schenken gesäumten Fahrweg entlang. Tatsächlich, dort, ganz am westlichen Ende der Straße, stand eine komfortable, geschlossene Kutsche mit zwei vorgespannten Rössern. Mrs Ashworth hatte also Wort gehalten. Sollte er es ebenfalls tun? Kurz überkamen ihn erneut Zweifel. Da rempelte Liam ihn von hinten an. »Was stehst du hier rum, Stanton, und starrst vor dich hin? Vergisst du schon wieder die Zeit?« Deutlich war der irische Zungenschlag des Mannes zu hören.
    »Ich hab doch gesagt, dass Ashworth und eine Besuchergruppe mich aufgehalten haben«, gab Aaron harsch zurück. Der Kesselmeister hatte ihm heftige Vorwürfe gemacht, als er am Mittag mit

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