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Stadt der tausend Sonnen

Stadt der tausend Sonnen

Titel: Stadt der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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dann hoch. »Sohn, ich bin so froh, daß du hier bist!« Er streckte die Hand über den Tisch, wo Jon sich wieder in dem Sessel niedergelassen hatte. Mit der anderen holte er sich ein Tuch aus der Tasche und fuhr sich übers Gesicht.
    Jon griff nach seines Vaters Hand. »Und ich bin so froh, dich wiederzusehen, Vater.«
    Erneut schüttelte der alte Koshar den Kopf. »Toron ist eine kleine moralistische Welt, das war mir schon als kleiner Junge klar. Und dieses Wissen hat mir mehr als alles andere geholfen, reich zu werden. Aber es wurde mir auch selbst zur Falle und hielt mich dir fern.«
    »Es gibt eine Menge Gewalttätigkeit außerhalb dieser kleinen Welt, Vater«, murmelte Jon. »Ich hoffe, sie bricht nicht über deine Welt herein und zerstört sie.«
    Sein Vater lachte abfällig. »In ihr ist nicht weniger Gewalttätigkeit als außerhalb. Wenn ich etwas aus jenem Moment gelernt habe, dann war es das.«
    Ein gelbes Licht blinkte auf dem Sprechgerät auf. Koshar drückte einen Knopf. »Verzeihen Sie die Störung, Sir«, meldete sich eine dünne Stimme. »Wir empfingen einen Bericht vom Festland. Irgendwie saß ein Tetronfrachter sechs Stunden unmittelbar außerhalb des Hafens fest. Etwas stimmte mit seinen Kontrollmechanismen nicht, er konnte nicht einmal um Hilfe funken. Während dieser Zeit enterte eine Dissibande und versenkte das gesamte Erz. In dem Chaos wurden zwei Mann der Schiffsbesatzung getötet.«
    »Wann war das?« erkundigte sich Koshar.
    »Gegen zehn Uhr früh.«
    »Hatten die Dissis etwas mit der Manipulation der Kontrollmechanismen zu tun? War das Ganze ihr Plan?«
    »Unserer Meinung nach nicht, Sir. Der Frachter war eines der alten funkgesteuerten Schiffe. Heute morgen lag das gesamte Gebiet unter einem undefinierbaren Störfeld, das, wie man glaubt, von Telphar gelenkt wurde. Es geht das Gerücht um, daß das Militär Schwierigkeiten mit dem Computer hat. Vielleicht hängt es damit zusammen. Die Dissis waren nur zufällig in der Nähe und packten die Gelegenheit beim Schopf.«
    »Aha«, murmelte Koshar. »Setzen Sie sich direkt mit dem Militär in Verbindung. Erkundigen Sie sich, was vorgeht, und ob noch Ähnliches zu erwarten ist. Geben Sie mir dann gleich Bescheid.«
    »Jawohl, Sir.« Das Licht des Sprechgeräts erlosch.
    »Verdammte Piraten«, brummte Koshar. »Man könnte glauben, sie wollen mir einen Strich durch meine Geschäfte machen. Ich verstehe diese Gewalttätigkeit nur um ihrer selbst willen nicht, Jon. Sie stehlen das Erz ja nicht, sie versenken es einfach. Sie richten Schaden an, soviel sie nur können.«
    »Es ist auch nicht leicht zu verstehen«, pflichtete Jon ihm bei. Er stand auf. »Wenn Clea etwas von sich hören läßt, gibst du mir dann bitte Bescheid? Es ist sehr wichtig. Ich wohne …«
    »Du bleibst nicht hier?« Gekränktheit zeichnete sich auf dem Gesicht seines Vaters ab. »Bitte, Jon, dieses riesige Haus ist so leer, seit du und deine Schwester weggingt.«
    »Ich wollte, ich könnte hierbleiben, Vater.« Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich habe eine eigene Wohnung im mittleren Ring. Von dort aus ist es einfacher, alles zu erledigen, was ich tun muß.«
    Der Ausdruck des Kummers in den Zügen seines Vaters machte einem tieferen Gefühl Platz. »Ich durfte ja schließlich auch nicht erwarten, daß du zurückkehrst, als wäre nichts geschehen.« Auf den Regalen tickten die Uhren einander zu.
    »Ich besuche dich bald wieder, Vater«, versprach Jon. »Dann werden wir uns lange unterhalten und ich werde dir viel erzählen.« Er lächelte.
    »Gut«, murmelte sein Vater. »Das ist gut, Jon.«
    Die Sonne senkte sich tief über Torons Türme und füllte die leeren Straßen der Stadtnabe mit ihren Schatten. Jon fühlte sich voll innerer Kraft und entspannt wie lange nicht. Dem mittleren Ring der Stadt zu lösten einfachere Gebäude die Prunkbauten ab. Hier herrschte auch regerer Verkehr. Drei Blocks von seinem Wohnhaus entfernt sah Jon etwas, das ihn abrupt anhalten ließ.
    Ein barfüßiger Bursche mit ausgefransten Hosenbeinen und einem am Rücken zerrissenen Hemd kritzelte mit Kreide an eine Mauer: DU BIST GEFANGEN IN DEM KLAREN AUGENBLICK, DER …
    »He, du!« rief Jon und rannte über die Straße.
    Der Bursch wirbelte herum, warf das Haar zurück und rannte die Straße hinunter.
    »Warte doch!« brüllte Jon und setzte ihm nach. Beim nächsten Häuserblock erwischte er ihn. Er packte ihn an der Schulter und drückte ihn keuchend gegen die Hauswand. »Ich tu dir

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