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Stadt der tausend Sonnen

Stadt der tausend Sonnen

Titel: Stadt der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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sie sich winden! Aber jetzt werden sie mich nicht mehr erwischen.‹ Ich hab’ versucht, ihn zu beruhigen. ›Ich muß dich zur Humanmedizin bringen‹, sagte ich. Sein Arm hing schlaff herunter, und sein Gesicht war geschwollen und grün und blau. Er sagte: ›Sie sollen zusehen, daß sie für sich selbst was tun können. Es ist zu spät. Sie sitzen in der Falle. Wir alle sitzen in der Falle.‹ Schließlich gelang es mir doch, ihn hinauszubekommen. Einmal ließ er mich an einem Bretterzaun anhalten und sagte mir, was ich darauf schreiben soll. Ich sagte ihm, wir müssen zur Humanmedizin. Es war immer noch ziemlich früh und kaum jemand unterwegs, aber da dröhnte ein Hubschrauber über uns. Er flog verdammt niedrig. Vol war schon halb bewußtlos.
    Plötzlich landete der Hubschrauber mitten auf der Straße vor uns. Und dann sprang eine Frau heraus und ein ganz merkwürdiger Mann – eine Hälfte seines Gesichts war aus durchsichtigem Kunststoff! Man konnte sein Gehirn und alles dahinter sehen! ›Vol‹ schrie er. ›Vol! Was ist passiert?‹
    Vol ist ein wenig zu sich gekommen. ›Professor Catham‹, hat er gerufen und sich von mir losgerissen. ›Hilf mir, Clea‹, sagte der Mann, und dann haben sie Vol in den Hubschrauber gehoben, und ich bin davongelaufen. Aber danach bin ich wieder umgekehrt und hab’ das auf den Zaun geschrieben, was er mir gesagt hat. Mehr konnte ich für ihn nicht tun. Verstanden habe ich gar nichts davon. Aber es war mir irgendwie komisch, als ich es dann gelesen habe, als müßte ich gar nicht wissen, was es bedeutet. Ich habe es auch noch an ein paar andere Zäune und Hauswände geschrieben. Und bald darauf ist mir aufgefallen, daß andere es mir nachmachten. Das fand ich verdammt komisch!«
    »Du machst mir nicht vielleicht etwas vor?« fragte Jon. Seine Stimme klang verwirrt.
    »Ich sagte Ihnen doch, daß Sie mir nicht glauben würden.«
    »Wer sagt, daß ich dir nicht glaube? Da war also ein Mann namens Catham mit einem Kunststoffgesicht und eine Frau namens Clea. Du bist sicher, daß du die Namen richtig verstanden hast?«
    »Sicher bin ich sicher«, brummte Kino.
    »Also gut, Junge. Wo finde ich dich, falls ich dich noch einmal brauchen sollte?«
    »Es gibt eine Kneipe, die gleichzeitig auch eine Pension ist, Vol hat dort gewohnt. Sie gehört einer alten Frau, die nicht fragt, ob man schon einundzwanzig ist, ehe sie einschenkt.« Er gab Jon die Adresse und rannte davon.
     

 
4.
     
    Alter hatte ein Nachrichtenband für ihn in seiner Wohnung hinterlassen. Als er es abspielte, lächelte ihn ihr hübsches Gesicht an. »Komm zu mir und erzähl mir, wie es dir bei deinem Vater gegangen ist«, sagte sie. Jon nahm das Band heraus und stellte das Video auf Stadtgespräch. Nun blickte ihn die Herzogin Petra an.
    »Willst du was Komisches hören?« fragte er sie.
    »Was gibt es, Jon?«
    »Ich weiß, mit wem Clea und Rolth Catham verschwunden sind – mit dem Burschen, von dem der Spruch stammt, der uns jetzt überall entgegenspringt. Er heißt Vol Nonik, ist eine Art Poet und früherer Dissiboß.« Er erzählte ihr, was er von Kino erfahren hatte.
    »Vol Nonik«, sagte Petra nachdenklich. »Du hast keine Ahnung, woher die drei sich kennen?«
    »Nicht die geringste.«
    »Ich werde mich im Generalarchiv umsehen und dich zurückrufen, falls ich etwas erfahre.«
    »Du kannst mich bei Alter erreichen.«
    »Könntet ihr zwei nicht einen kleinen Spaziergang zu dieser Kneipe machen, wo Nonik wohnte? Vielleicht bekommt ihr etwas heraus.«
     
    Die Nacht war warm. Das kleine Apartment, in dem Alter seit ihrer Rückkehr vom Zirkus wohnte, hatte früher seiner Schwester gehört.
    »Komm herein«, begrüßte ihn Alter. »Ist alles gutgegangen – ich meine, mit deinem Vater? Hat er mit dir gesprochen?«
    »Es ging alles viel besser, als ich zu hoffen wagte«, versicherte Jon ihr. »Ich habe noch einen Vater, und mein Vater hat seinen Sohn wieder.«
    »Ich freue mich so für dich.« Sie drückte seine Hand. »Ich muß oft an meine Tante denken. Ich weiß nicht einmal, ob sie noch lebt. Deshalb verstehe ich auch so gut, wie du dich jetzt fühlst.« Sie setzten sich an den Tisch. »Was ist mit Clea? Wo ist sie hin?«
    »Ich weiß nur, daß sie und Catham geheiratet haben. Danach verschwanden sie beide.«
    »Sie hat Catham geheiratet?« sagte Alter überrascht. Dann lachte sie. »Auch das freut mich. Ich glaube, die beiden waren ohnedies die einzigen, die einander wirklich verstanden. Und du weißt

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