Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt der tausend Sonnen

Stadt der tausend Sonnen

Titel: Stadt der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
Vom Netzwerk:
Taschen!«
    »Was?« Er lachte laut.
    »Was ist da so komisch? Ich freute mich so, daß …«
    »Hör mir zu«, unterbrach Jon sie. »Wenn du schon dein Debüt in der oberen Gesellschaft gibst, dann sollst du es auch von Grund auf richtig tun und dich auskennen.«
    Sie blickte ihn verwirrt an.
    »Ich bin zwar kein Aristokrat, aber in der sogenannten besseren Gesellschaft aufgewachsen, also kann ich dir einige Tips geben, an die Petra vielleicht gar nicht denkt. Toromons Aristokratie kann eine erstaunlich praktische Gruppe sein, schließlich stammt sie von Piraten ab. Ihre Damen hatten immer Taschen in ihren Kleidern, auch wenn sie das nicht hinausposaunten. Die Taschen in deinem Kleid sind geschickt hinter Falten versteckt. Sie fallen überhaupt nicht auf, außer du kämst auf die unpassende Idee, deine Hände hineinzustecken. Die Leute, die, wie du es nennst, elegante Kleider herstellen, die dann in den besseren Geschäften verkauft werden, kopieren lediglich, was sie an den Aristokraten sehen. Dein Kleid wurde höchstwahrscheinlich von der Hofschneiderin der Herzogin entworfen und gemacht, und wenn die Kleider, die du gesehen hast, ein Halbjahresgehalt kosten, dann müßtest du für dieses hier vermutlich fünf oder sechs Jahre arbeiten.«
    Alters Verwirrung wurde freudiges Staunen. »Ich hoffe nur, ich überstehe den Abend, ohne mich allzusehr daneben zu benehmen.« Sie seufzte. »Paß bitte gut auf mich auf, daß ich nicht irgend etwas Verkehrtes sage. Und wenn ich beim Essen etwas falsch in die Hand nehme, dann mußt du mich unauffällig unter dem Tisch stoßen.«
    »Hast du mich denn jemals vom hohen Reck auf den Kopf fallen lassen?«
    »Es ist vielleicht dumm von mir, mir so viele Gedanken über all diese unnützen Dinge zu machen – aber es bedeutet mir so viel …«
    »Benimm dich natürlich«, riet ihr Jon und drückte ihre Hand. »Laß dich in keine tiefschürfenden Gespräche ein, rede langsam, nicht zu laut, und versuche mehr zuzuhören, als selbst zu sprechen. So und jetzt beeil dich und zieh dich an.«
     
    Die Sterne am klaren Himmel leuchteten durch die hohen Ballsaalfenster. Die Kapelle spielte auf Blasmuscheln alte Weisen und eröffnete schließlich den Empfang mit der Hymne Toromons. »Herr Quelor Da und Begleitung«, meldete der Lautsprecher. Jon blickte auf den Eingang, als die prächtig gekleideten Gestalten aus der Bogentür traten. Dann wandte er sich der Plattform zu, auf der der König und die Herzogin ihre Gäste empfingen.
    Jon tupfte Alter sanft auf die Schulter. Die silbernen Brauen hoben sich über den großen blauen Augen. Er nahm ihren Arm und sie schritten quer durch den Saal auf die smaragdfarbig gekleidete Herzogin zu. Das königliche Weiß des jungen Herrschers bildete einen auffallenden Kontrast zu dem Rest seiner Sonnenbräune. Die bleichen Strähnen in seinem blonden Haar waren fast vom gleichen Ton wie Alters nahezu albinoweiße Flechten. Als stammten sie aus der gleichen Familie, dachte Jon. Die Herzogin streckte ihnen die Hand entgegen. »Jon, Alter«, sagte sie herzlich. »Wie schön, daß ihr hier seid. Mein König? Ihr kennt euch ja bereits flüchtig.«
    »An Jon erinnere ich mich natürlich sehr gut. Aber …« Let musterte Alter. »Es ist schon lange her, seit ich Sie so nahe gesehen habe. Das letztemal war es im Rampenlicht im Zirkus. Und das erstemal, als Sie mich entführten.«
    »Ich bin sehr glücklich, daß Sie wieder im Palast zurück sind, mein König«, sagte Alter.
    »Es ist langweilig hier«, erwiderte Let vertraulich. »Aber Ihr Anblick bringt Schönheit in meinen Alltag.«
    »Oh, danke – mein König.«
    »Gefällt dir die Party, Alter?« fragte die Herzogin.
    »Es ist – wundervoll, Eure Hoheit!«
    Die Herzogin beugte sich herab. »Ich bin auch heute Petra für dich.«
    Alter errötete. »Oh, und Petra, das Kleid ist hinreißend!«
    »Und du machst es noch hinreißender.«
    »Was ist eigentlich der Anlaß dieses Balles?« fragte Jon, während Alter noch über das ganze Gesicht strahlte.
    Die Herzogin senkte die Stimme. »Hauptsächlich, um uns ein Bild zu machen, von wem wir finanzielle Unterstützung bekommen könnten. In dieser Beziehung hat sich nicht viel geändert. Auch jetzt, nach Kriegsende, haben wir beachtliche Belastungen.«
    »Um so mehr, als der Krieg ja nicht einmal wirklich zu Ende ist«, bemerkte Jon.
    Petra seufzte. »Aber wir müssen so tun, als wäre er es.«
    »Petra, soll ich den Ball eröffnen?« fragte der König. Sie blickte

Weitere Kostenlose Bücher