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Stadt der tausend Sonnen

Stadt der tausend Sonnen

Titel: Stadt der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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über die Anwesenden, dann nickte sie.
    König Let bot Alter den Arm an. »Würde es Sie stören, den Ball mit einem Hinkebein zu eröffnen?«
    »Mein König …«, murmelte Alter und blickte Jon an, der ihr zunickte. »Ich würde sehr gern mit Ihnen tanzen«, versicherte sie ihm. »Danke für die Ehre.«
    Jon und die Herzogin sahen dem Beige und Weiß nach, bis die beiden jungen Leute an der Kapelle angekommen waren. »Er hinkt ja kaum noch«, staunte Jon.
    »Er bemüht sich sehr, so zu gehen, daß es möglichst wenig auffällt«, erwiderte Petra. »Wenn er erst tanzt, wird es kaum einer merken – weil er der König ist.« Die Bitterkeit, die flüchtig aus ihrer Stimme zu hören war, erstaunte ihn.
    »Alter wird es auffallen«, sagte Jon. »Ihr Körper ist ein durchtrainiertes, sensitives Instrument.«
    Ein Walzer erklang, und der sich mit der Akrobatin im Dreivierteltakt drehende junge König öffnete einen Pfad durch die Anwesenden, die sich nun ebenfalls zu Paaren fanden und sich auf dem Parkett drehten. Die Herzogin blickte zu Boden. »Wir verstecken Toromons Wunden gut, heute abend«, sagte sie leise.
    Jon beobachtete, wie die Tanzenden sich zu einer großen Blume entfalteten. Dann endete der Walzer, und Blütenblätter schwebten zum Rand der Tanzfläche zurück.
    »Wie haben wir ausgesehen?« fragte Let atemlos und mit leicht geröteten Wangen, nachdem Alter und er zur Plattform zurückgekehrt waren.
    »Großartig«, versicherte ihm die Herzogin.
    Als neue Gäste zum Vorstellen kamen, entschuldigten sich Jon und Alter. »Wir drücken die Daumen, Petra.«
    »Danke.«
    »Einen schönen Abend, mein König.«
    »Ihnen ebenfalls. Wir wollen später noch einmal miteinander tanzen, ja, Alter?«
    »Sehr gern, mein König.«
    »Na, wie ist es, sich mit einem König im Walzertakt zu drehen?« fragte Jon ein wenig später.
    »Er ist reizend«, erwiderte Alter. »Aber beim Training mit dir heute nachmittag fühlte ich mich wohler.«
    »Dann versuch’s auch mal mit mir«, bat er. Aber gerade jetzt spielte die Musik einen Tanz, bei dem ständig die Partner gewechselt wurden. Er legte den Arm um ihre Taille, und ihre Hände fanden sich. »Tanz nicht zu weit von mir weg«, bat sie. Gewänder raschelten. »Ich möchte schnell wieder bei dir sein.«
    Ihr Lächeln war strahlend, als sie sich mit ihm drehte. Dann schwoll die Musik an, sie mußte sich von ihm abwenden, und ein Mädchen in Blau nahm ihren Platz ein. Er nickte gewinnend und begann die Figuren des Tanzes von vorn, während er einen schnellen Blick auf Alter warf. Ihr neuer Partner war ein Mann mittleren Alters mit kurzem braunen Haar und wulstigen Lippen. Auf seiner Brust prangte das Wappen derer von B’rond. Jon tauschte ein paar höfliche Worte mit seiner Partnerin, dann schwoll die Musik erneut an, und Alter wirbelte in seine Arme zurück. »Mit wem hast du getanzt?«
    »Mit der Tochter eines Industriellen, eine von den Tildons.«
    »Und wer war mein Partner?«
    »Graf B’rond.«
    »Kannst du dir vorstellen, daß er mir in diesen kurzen zwei Minuten erklärt hat, ich sei schön, er müsse mich unbedingt wiedersehen, ich wäre die Anmutigste im ganzen Ballsaal und er würde bei Sonnenaufgang am Schloßtor auf mich warten.«
    »Er und seine sieben Frauen?« Jon lachte. »Zumindest hatte er sieben, ehe man mich in die Minen schickte. Ich glaube, er brachte ein paar von ihnen um – bedauerliche Unfälle, natürlich!«
    »Das ist er?« rief Alter fast zu laut. »Gab es nicht vor ein paar Jahren seinetwegen einen ziemlichen Skandal?«
    »Offenbar hat er sich nicht sehr geändert.«
    Alter schüttelte sich.
    »Das blaue Blut Toromons ist gar nicht so sonderlich beneidenswert. Du erinnerst dich doch an König Uske? Und seine Mutter mußte in eine Anstalt gesteckt werden. Beide waren nicht ganz zurechnungsfähig. Petra ist glücklicherweise eine Ausnahme, genau wie Let.«
    Wieder mußten sie Partner wechseln. Jon blickte der beigen Seide nach, die sich wie eine Rosenknospe öffnete.
    Da leuchteten plötzlich die Fenster der Westseite grell auf. Blendender Schein drang in den Saal. Frauen schrien auf, Männer wichen zurück. Alle preßten die Hände vor die schmerzenden Augen. Die Muschelhörner verstummten, und das Theremin quakte ein letztesmal. Einen Moment später löste ein rumpelndes Donnern die Musik ab, wuchs an und verstummte, als die Dunkelheit sich erneut vor den hohen Fenstern ausbreitete.
    Jon rannte als erster zu den Fenstern, mit Alter neben sich. Die

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