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Stadt der tausend Sonnen

Stadt der tausend Sonnen

Titel: Stadt der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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anderen folgten ihnen. Jon öffnete das mittlere Fenster. Alters Schulter drückte gegen seine, als die anderen sich an sie drängten.
    Flammen züngelten zwischen den Türmen der Stadt in den Himmel.
    »Was in der Welt …?«
    »Es ist das Humanmedizingebäude …!«
    »Nein, unmöglich. Das liegt weiter …«
    »Sie haben Humanmedizin bombardiert! Sehen Sie denn nicht? Dort hatte das Gebäude gestanden!«
    Jon bahnte sich einen Weg durch die Menge. Alter wickelte den weiten Rock um ihre Beine, um schneller voranzukommen. »Jon, glaubst du, es war wirklich das Humanmedizingebäude?« Er nickte kurz als Antwort.
    Petra, die von einem anderen Fenster angelaufen kam, faßte Jon am Arm. »Du hast es gesehen!« Sie schüttelte verwirrt den Kopf, daß die rote Pracht ihres Haares wie Feuer loderte. »Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Jon, du mußt sofort nach Telphar, das ist das einzige, was wir tun können. Ich würde ja gern mit dir kommen, aber jemand muß hierbleiben und Let helfen, die Stadt zusammenzuhalten. Alter, begleitest du ihn, bitte?«
    Überrascht nickte Alter.
    »Wenn du diesen Feind selbst aufhalten kannst, dann tu es. Findest du heraus, wie es sich ermöglichen ließe, dann gib mir Bescheid, und ich veranlasse es. Jon, nicht einmal Meldungen kommen mehr von dort. Das Militär droht, sich zurückzuziehen.«
    »Dürfen wir Arkor mitnehmen?« fragte Jon. »Vielleicht kann er uns helfen.«
    Petra zögerte. Ihre Zähne bissen sich in die Unterlippe, als sie nachdenklich den Kopf senkte. Sie hob ihn schnell wieder. »Nein, ich fürchte, ich kann ihn nicht entbehren. Ich wollte es eigentlich nicht, aber jetzt brauche ich ihn, um etwas aus dem Rat herauszubekommen. Wenn es zu weiteren Angriffen wie diesem eben kommt, müssen wir die Stadt evakuieren. Ich kann schließlich nicht das Risiko eingehen, daß alle hier in die Luft fliegen. Der Rat ist bereits vor Panik wie gelähmt. Es wird nichts unternommen werden, außer ich setze es mit allen nur möglichen Mitteln durch.«
    Das aufgeregte Stimmengewirr im Saal machte ihr Gespräch fast unmöglich. »Wir brechen sofort auf«, versprach Jon.
    Die Herzogin griff nach seiner Hand. »Lebt wohl, ihr zwei, und viel Glück!«
    Auf dem Weg zur Tür fragte Alter: »Das Humanmedizingebäude, Jon, bedeutet das nicht …?«
    »Es bedeutet, daß die Hauptversorgung der Stadt mit Medikamenten und ärztlicher Betreuung ausgefallen ist. Wir können nur hoffen, daß es zu keinen Epidemien kommt, ehe für Ersatz gesorgt ist.«
    Die Industriellentochter war nun in Begleitung von Alters Extanzpartner, Graf B’rond. »Es ist so beängstigend«, wimmerte sie. »Es erinnert mich an einen Spruch, den ein kleines Mädchen heute nachmittag an eine Wand kritzelte. Es war irgend etwas mit ›gefangen sein in einem klaren Augenblick‹ – gefangen …« Die ruhigere Stimme des Grafen unterbrach ihre, als er sich näher über sie beugte. »Sie sind die schönste Frau im ganzen Ballsaal.« Seine behandschuhten Finger ruhten auf ihrer Schulter. »Darf ich Sie wiedersehen?«
    Jon und Alter erreichten die Tür und begaben sich als erstes in die Suite der Herzogin. Arkor öffnete sie für sie.
    »Ja, ich weiß, was geschehen ist«, beantwortete er ihre Frage, ehe sie gestellt war.
    »Weißt du auch, wie wir am schnellsten nach Telphar gelangen können?« Jon schlüpfte aus seinem schwarzen Umhang.
    »Das Transitband kann dummerweise von hier aus nicht benutzt werden. Diese verdammte Umwandlung hat es unmöglich gemacht, von hier aus zu senden.« Während er sprach, holte er Kleidungsstücke für beide aus einem Schrank. »Braucht ihr noch etwas, was ich euch hier nicht geben könnte?«
    »Ich glaube nicht«, erwiderte Alter und tastete in die Seidenfalten des weiten Ballkleids. »Das ist alles, was ich mitnehmen möchte.« Sie holte lose, einmal gefaltete Blätter aus der Tasche.
    »Noniks Gedichte?« Jon zog die Stiefel aus. »Etwas zu lesen, wenn es dir langweilig wird?«
    Alter öffnete ihr Kleid am Rücken, und es glitt wie ein gebauschter Reif hinab. Sie stieg heraus und zog den grünen Kittel an, den sie mit einem Ledergürtel zusammenhielt. »Ich glaube, die lasse ich besser hier.« Sie löste die Perlenohrringe und machte sich daran, den Verschluß der Muschelkette zu öffnen. Doch dann biß sie sich auf die Lippe und zuckte die Schultern. »Ich behalte sie an.« Arkor händigte ihnen Sandalen aus.
    Jon steckte die Gedichte in seine Hemdtasche. »Ich nehme sie für dich in

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