Stadt des Schweigens
nicht sein.“
„Was hast du getan?“ fragte Avery leise, obwohl sie es bereits ahnte.
„Ich bin zu ihr gegangen. Ich wollte sie bitten, Schweigen zu bewahren und das Richtige zu tun.“ Sie schnaubte verächtlich. „Das Richtige. Ich war so naiv. Sallie Waguespack hätte das Richtige selbst dann nicht erkannt, wenn es ihr ins Gesicht gesprungen wäre. Sie hat mich ausgelacht und mich eine jämmerliche, dumme kleine Hausfrau genannt.“ Lilah ballte die Hände zu Fäusten. „Sie hat sich damit gebrüstet, wie sie ihn verführt hat und was für tollen … Sex sie hatten. Sie brüstete sich mit ihrer Schwangerschaft. Und sie schwor mir, dass sie unsere ganze Familie durch den Schmutz ziehen würde, ehe sie Chief Raymond ,Buddy’ Stevens aufgäbe.“
Nach kurzer Pause fuhr sie fort: „Wir saßen in der Küche. Ich weinte und bat sie aufzuhören. Dann sah ich das Messer auf dem Tresen.“ Lilahs Blick wurde gläsern. „Ich habe es nicht absichtlich gemacht. Das musst du mir glauben.“ „Fahr fort, Lilah. Erzähl mir alles.“
„Ich habe das Messer genommen und … zugestochen. Immer wieder. Ich habe es nicht mal gemerkt … bis … das Blut … es war überall.“
Avery wich einen Schritt zurück und hielt sich an der Arbeitsplatte fest. „Und dann hat Buddy alles Nötige für dich erledigt“, flüsterte sie.
„Ja. Ich habe ihn nicht darum gebeten. Er sagte mir, ich solle bleiben, wo ich bin, er würde sich um alles kümmern. Aber ich habe nicht verstanden, was er meinte … ich wusste es nicht … bis zum nächsten Tag.“
Er hat die Pruitts hereingelegt, die Beweise gegen sie manipuliert und seine Frau gedeckt. Dann bat er seine besten Freunde um Hilfe. Pat Greene und Kevin Gallagher.
„Ich musste all die Jahre mit der Schuld und dem Selbsthass leben. Diese Jungen … was ich getan habe …“
Sie schlang die Arme um sich, als ob sie sich schützen wollte. „Wir standen uns früher alle so nahe und waren die besten Freunde. Buddy bat deinen Vater, die medizinischen Fakten den manipulierten Beweisen anzugleichen und keine Autopsie zu verlangen. Das war einfach, denn die Pruitt-Jungen waren tot.“
„Und die so genannten Beweise würden den Nachforschungen eines Gerichtes nicht standhalten müssen.“
„Ja. Aber Philip konnte mit der Schuld nicht leben. Darum hat er es getan. Deshalb hat er sich umgebracht. Ich wünschte, ich hätte auch den Mut dazu gehabt. Meine Kinder, meine Freunde … ich habe alles zerstört.“
In diesem Augenblick flog die Küchentür auf, und Buddy stürmte herein. Cherry war dicht hinter ihm, die Miene angespannt.
„Genug!“ brüllte er, das Gesicht rotfleckig vor Zorn.
Lilah zuckte zusammen. Cherry eilte zu ihrer Mutter und nahm sie schützend in die Arme.
Avery wandte sich dem Mann zu, den sie mal für ihren zweiten Vater gehalten hatte. „Es ist zu spät, Buddy. Wie konntest du nur?“
„Ich wollte nicht, dass du es erfährst“, sagte er bedauernd. „Dein Vater wollte das auch nicht.“
Avery bebte vor Zorn über den Verrat. „Woher willst du wissen, was mein Vater wollte? Du hast eure Freundschaft benutzt, um ihn zu einer Lüge zu zwingen.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich wollte nur meine Familie schützen. Das verstehst du doch, oder? Was passiert ist, war nicht Lilahs Schuld. Es war eine Folge meiner Sünde. Dein Vater hat das verstanden. Sallies Tod war ein Verbrechen aus Leidenschaft, kein vorsätzlicher Mord.“
„Pat Greene hat die Pruitt-Jungen nicht in jener Nacht aus Sallie Waguespacks Haus kommen sehen, oder?“
„Nein. Ich sagte ihm, ich hätte sie gesehen. Ich gestand ihm, dass ich eine Affäre mit ihr hatte, und bat ihn, mir zu helfen, um die Schande abzuwehren.“
„Und er hat dir geglaubt?“
„Er war mein Freund und vertraute mir.“
Avery schnaubte verächtlich. „Und die Mordwaffe im Graben hinter dem Wohnwagen …“
„Habe ich dorthin gelegt. Für die Fingerabdrücke auf der Waffe und das Blut an Donnys Schuhen habe ich auch gesorgt. Pat wusste nichts davon.“
Avery hatte immer zu Buddy aufgeblickt, ihn geliebt. Zu hören, was er getan hatte, schmerzte entsetzlich. Ihr Blick verschwamm vor Tränen. „Und Kevin Gallagher?“
„Er bereitete Sallie für die Beisetzung vor. Er wusste nur, dass sie schwanger war. Ich bat ihn, das für sich zu behalten. Warum die Situation verschärfen und den Namen der Frau weiter beschmutzen.“
„Und mein Dad?“
Buddy atmete tief durch. „Dein Daddy war schwer zu
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