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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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dich hinlegen und ein wenig schlafen. Ich weiß von mir, dass ich alles klarer sehe, wenn ich ausgeruht bin.“
    „Danke, Lilah, du bist so gut zu mir.“
    Lilah sah ihre Tochter an. „Begleite Avery hinauf ins Gästezimmer. Ich hole Handtücher und Seife für das Gästebad.“
    „Aber sicher.“ Cherry lächelte Avery mitfühlend an. „Und ich suche dir ein paar Sachen heraus, falls du dich umziehen möchtest.“
    „Danke“, erwiderte Avery und merkte, dass sie nach Rauch roch.
    Langsam stiegen sie die Treppe hinauf. Auf der Hälfte rief Lilah von unten: „Zum Abendessen gibt es überbackene Makkaroni mit Käse und Blaubeerkuchen zum Nachtisch. Wir essen gegen sechs.“
    Avery zwang sich zu einem Lächeln, obwohl essen das Letzte war, woran sie im Augenblick dachte.
    Cherry ließ sie im Gästezimmer allein und kehrte Minuten später mit frischer Kleidung und einem Korb voller Toilettenartikel inklusive frischer Zahnbürste zurück. Sie hielt ihr den Korb hin. „Falls du sonst noch etwas brauchst, frag einfach.“
    Da Cherry aufrichtig besorgt zu sein schien, fühlte Avery sich ein wenig schuldig wegen ihres Misstrauens. „Danke … ich bin dir wirklich sehr verbunden.“
    „Das ist das Mindeste, was …“ Sie wich einen Schritt zurück. „Das Bad gehört ganz dir.“
    „Danke.“ Avery drückte den Korb an die Brust. „Ich denke, ich … eine Dusche wäre jetzt gerade richtig.“
    „Kommst du allein zurecht?“
    „Ich versuch’s. Aber danke für deine Fürsorge. Sie tut mir gut.“
    Avery sah Cherry nach, wie sie den Flur hinunterging und in ihrem eigenen Zimmer verschwand. Als sie endlich allein war, brachte der Brandgeruch, der ihrer Kleidung entströmte, Erinnerungen an das Feuer zurück. Sie sah ihr Elternhaus in Flammen stehen und durchlebte wieder die Gefühle von Verzweiflung und Verrat.
    Hunter, wie konntest du nur?
    Sie drehte sich um und trug Kleidung und Toilettenartikel ins Gästebad, das von ihrem Zimmer aus zugänglich war. Ein Bad mit Wanne, Toilette, zwei Waschbecken und einer Ankleide auf jeder Seite. Sie verschloss die Tür, die zur Ankleide des zweiten Schlafzimmers führte.
    Als sie nach einer halben Stunde in leichter Trainingshose und T-Shirt das Bad verließ, hatte sie den Rauchgeruch von Haut und Haaren gewaschen. Sie rieb das Haar mit dem Handtuch trocken und setzte sich auf die Bettkante.
    Sie schloss die Augen und sah wieder ihr brennendes Elternhaus, den Zettel mit Gwens Namen und Zimmernummer neben Hunters Manuskript und den Blutfleck an der Wand von Trudy Pruitts Wohnwagen.
    Ihr Handy klingelte.
    Erschrocken fuhr sie zusammen, krabbelte über das Bett, um an ihre Tasche zu gelangen, riss das Gerät heraus und antwortete vor dem dritten Klingeln. „Gwen, sind Sie …“
    „Miss Chauvin?“
    Ihre Hoffnung wurde enttäuscht. „Ja?“
    „Dr. Harris. Ich entschuldige mich, dass es so lange gedauert hat, bis ich mich melden konnte. Ich hatte einige Schwierigkeiten, die Information zu erhalten, die Sie brauchen.“
    Verwirrt zog Avery die Stirn kraus. Dr. Harris? Warum … ?
    Plötzlich erinnerte sie sich. Der Autopsiebericht. Ihr Anruf beim Gerichtsmediziner heute Morgen schien ihr schon Lichtjahre her zu sein.
    „Miss Chauvin, sind Sie noch da?“
    „Ja, Entschuldigung. Ich hatte einen schweren Tag.“
    „Und ich fürchte, meine Neuigkeiten werden ihn nicht einfacher machen. Bei Sallie Waguespack wurde keine Autopsie durchgeführt.“
    „Keine Autopsie?“ wiederholte sie verblüfft. „Aber ist das bei Mordfällen nicht zwingend vorgeschrieben?“
    „Ja. Mich erstaunt das auch. Allerdings kann der Gerichtsmediziner die Autopsie auf Grund der Umstände für überflüssig erklären.“
    „Hat er diese Befugnis?“
    „Natürlich.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „Bei einem ungeklärten Mordfall verlangen jedoch die Anwälte, die Polizei oder die Familie des Opfers eine Autopsie.“
    „Und der Waguespack-Mord war nicht so ein Fall.“
    „Weit davon entfernt. Die Täter waren tot, es würde also kein Gerichtsverfahren geben. Die Anwälte brauchten keine Beweise für die Todesursache. Die Polizei hatte jede Menge Beweise, einschließlich der Mordwaffe, um ihre Schlussfolgerungen zu stützen.“
    „Ein eindeutiger und damit abgeschlossener Fall“, sagte sie leise. Die perfekte Vertuschung. Alles ordentlich und sauber gelöst.
    „Wären Sie so vorgegangen, Dr. Harris?“
    „Ich? Nein. Aber so bin ich nun mal. Wenn es um das Lebensende eines Menschen geht,

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