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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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du nicht?“ Sie widmete sich wieder der Zubereitung ihrer Mahlzeit. „Makkaroni und Käse, Hühnchenpastete, Thunfischkasserolle. Gute alte Dickmacherrezepte. Wenn ich nur daran denke, geht es mir schon besser.“
    Wenn das nur so leicht wäre, dachte Avery und sah ihr bei der Arbeit zu. Das Leben war nicht so unkompliziert wie eine Episode aus dem Life-Magazin der 50er Jahre oder aus einer alten Fernsehserie. Das Bild der heilen Welt, das Lilah hier präsentierte, hatte wenig mit der Wirklichkeit zu tun, das erkannte sie jetzt. Es war eine Täuschung, eine Illusion.
    Eine perfekte Tarnung, um die Wahrheit zu verschleiern.
    Avery öffnete ihre Handtasche und zog das Tagebuch von 1988 heraus. „Lilah“, sagte sie leise, „ich muss dich etwas fragen. Es ist wichtig.“
    Lilah sah zu ihr hinüber, und ihr Blick wanderte zu Averys Händen. „Was ist das?“
    „Ein Tagebuch meiner Mutter. Ich habe es auf dem Dachboden meines Elternhauses gefunden.“
    „Ich dachte, dein Vater hätte sie weggeworfen.“
    „Nein, Mutter hatte alle in Kartons verstaut. Die anderen sind wohl im Feuer verbrannt.“
    Lilahs Miene veränderte sich leicht. Ihr Blick wanderte wieder zu dem Tagebuch. „Aber das nicht.“
    „Nein. Und auch ein zweites nicht.“
    „Dem Himmel sei Dank.“
    „Ja.“ Vorsichtig schob Avery es wieder in die Tasche. „In diesem Tagebuch habe ich etwas Interessantes entdeckt. Und deshalb wollte ich dich etwas fragen.“
    „Sicher, Liebes.“ Lilah ging zum Kühlschrank, holte den Milchkrug heraus und füllte einen Messbecher ab. „Was möchtest du wissen?“
    „Von wem war Sallie Waguespack schwanger?“
    Der Messbecher entglitt ihrer Hand, fiel auf die Arbeitsplatte, und Milch ergoss sich über die blaue Oberfläche. Erschrocken wischte Lilah die Flüssigkeit auf.
    „Lilah?“
    „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“
    „Doch, das weißt du. Wessen Baby war das?“
    Lilah hielt plötzlich inne. In der Küche war es still bis auf das gleichmäßige Tropfen der Milch auf den Boden.
    „Sie sind inzwischen alle tot, Lilah. Alle, die mit der Ermittlung im Mordfall Waguespack zu tun hatten. Bis auf Buddy. Weißt du, wie belastend das aussieht?“
    Lilah wimmerte leise, und Avery machte einen Schritt auf sie zu. „Was ist wirklich in jener Nacht passiert? Buddy, mein Dad, Pat Greene, sie haben alle unter einer Decke gesteckt und jemanden gedeckt. Wen, Lilah?“ Avery packte sie am Arm. „Diese Jungs wurden hereingelegt, richtig? Sie haben Sallie Waguespack nicht umgebracht.“
    Lilah bewegte die Lippen, ohne einen Ton zu sagen. Avery schüttelte sie ein wenig. „Die beiden Jungen waren Opferlämmer. Es steht hier im Tagebuch, Lilah. Ich habe es heute Morgen entdeckt. Du warst die Einzige, der ich von den Tagebüchern erzählt habe. Mit wem hast du darüber gesprochen? Wegen dieser Bücher wurde mein Haus angezündet, um Beweise zu vernichten!“
    Ein gequälter Laut kam über Lilahs Lippen. „Nein. Bitte, so ist das n…“
    „Hör auf, ihn zu decken, Lilah. Du musst reinen Tisch machen. Und du musst die Geschichte richtig stellen.“ Avery senkte flehend die Stimme. „Nur du kannst das tun, Lilah. Nur du …“
    „Das Baby war von Buddy!“ brach es aus ihr heraus. „Er hat mich, die Kinder und die ganze Stadt betrogen. Tagsüber war er die Moral in Person und belehrte die Leute, wie sie aktiv werden müssten, damit Cypress Springs wieder zu einem gottesfürchtigen, gesetzestreuen Ort werden könnte. Und des Nachts machte er mit dieser … dieser billigen Hure rum!“
    Dann kamen die Tränen und tiefe herzzerreißende Schluchzer. Lilah beugte sich vornüber, und ihr zarter Körper schüttelte sich vor Verzweiflung.
    „Und sie wurde schwanger.“
    „Ja.“ Lilah blickte mit gequälter Miene auf. „Dann hat Buddy mir gestanden, was er schon die ganze Zeit trieb, und dass die Frau schwanger geworden war. Ich habe nichts … ich hätte nie …“
    Sie führte die Sätze nicht zu Ende, doch ihre Bedeutung war klar: Sie hatte nichts geahnt und hätte es nie vermutet.
    Avery fühlte mit ihr. Sie hatte die Ehe der Stevens’ immer für perfekt gehalten und Lilah wohl auch.
    „Diese Frau wollte ihm Schwierigkeiten machen und ihn ruinieren. Sie wollte mit der Sache an die Öffentlichkeit gehen und Schande über ihn bringen.“
    Lilah sah ihr in die Augen und wurde plötzlich ruhig. „Das konnte ich nicht zulassen. Ich wollte nicht, dass meine Familie seinetwegen durch den Dreck gezogen wird. Das durfte

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