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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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ebenfalls zum Teich, kniete nieder und spritzte sich Wasser ins Gesicht, wobei sie sich die Bluse nass machte. Als sie an sich hinabschaute, sah sie, dass der Stoff durchsichtig geworden war, und knöpfte die Bluse auf. „Nicht hinsehen!“ rief sie und warf ihm einen kurzen Blick zu.
    Hunter lag zurückgelehnt auf die Ellbogen gestützt da. „Kommt darauf an, was ich verpasse.“
    „Hunter!“ warnte sie angesichts seines kecken Lächelns.
    „Also gut. Ich sehe nicht hin. Pfadfinderehrenwort.“ Sie wartete, bis er den Kopf zur Seite gedreht hatte, und zog die Bluse aus.
    „Sehr hübsch.“
    Avery fuhr herum, die feuchte Bluse an die Brust gepresst. „Du hast doch geguckt.“
    „Natürlich“, erwiderte er lachend. „Eine Katze lässt das Mausen nicht.“ Er legte sich zurück, schob die Hände unter den Kopf und sah hinauf zum Himmel. „Sei unbesorgt, Kleines. Die meisten Badeanzüge entblößen mehr als dein BH, so hübsch er auch ist.“
    Damit hatte er Recht. Sie zog die Bluse rasch durch das Wasser und schlang sie sich um die verschwitzten Schultern. Das abtropfende Wasser bildete kleine Rinnsale auf der Haut, die eine Gänsehaut hinterließen.
    Sie ging zu Hunter zurück, der nicht in ihre Richtung blickte.
    „Über was wolltest du mit mir reden?“
    Sie zögerte, weil sie die angenehm kameradschaftliche Atmosphäre nicht mit einem Gespräch über Mord zerstören wollte. „Ich habe mich gefragt, ob du mir irgendetwas über den Mord an Elaine St. Claire erzählen kannst?“
    Das Ansinnen schien ihn nicht zu überraschen. „Was willst du wissen?“
    „In der Gazette stand nicht, wie sie umgekommen ist.“
    „Ziemlich grausam.“
    „Ich glaube, ich kann damit umgehen.“
    Er drehte ihr das Gesicht zu. „Ein scharfer Gegenstand wurde ihr in die Vagina gestoßen. Sie ist verblutet.“
    Fröstelnd schlang Avery die Arme um sich. „Wer war sie?“
    „Dad kannte sie. Ein Partymädchen. Hat getrunken. War schon mal kurz im Gefängnis.“
    Jeder, dessen Verhalten nicht mit dem übereinstimmt, was man als richtig, moralisch und nachbarschaftlich empfand, wurde ausgegrenzt.
    Eine Elaine St. Claire passte in diese Beschreibung. Andererseits gehörte sie auch zu den Menschen, die sich selbst in riskante Situationen brachten.
    „Gibt es Verdächtige?“
    „Nur mich.“
    „Witzig.“
    „Ich lache nicht.“ Er legte sich wieder hin, einen Arm über den Augen. „Dad und Matt suchen in ihrer unendlichen Weisheit nicht weiter als bis zu dem, der als Erster am Fundort war.“
    „Das kann ich kaum glauben.“
    Er zuckte die Achseln. „Ich könnte es sein, und ich ärgere mich noch über Matts Befragung. Er wollte wissen, wo ich an dem Tag zwischen vier und acht Uhr abends war.“
    „Und wo warst du?“
    „Ich habe an meinem Roman gearbeitet, aber nur Sarah ist meine Zeugin.“
    Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte, und schwieg. „Warum bist du so interessiert?“ fragte er. Gute Frage. Avery entschied sich für Offenheit. „Hast du irgendwelche Zweifel am Selbstmord meines Vaters?“
    Hunter setzte sich auf und sah sie an. „Wie kommst du denn darauf?”
    Sie überhörte die Frage, reckte das Gesicht zum Himmel und wandte es schließlich Hunter zu. „Ihr seid Freunde geworden. Du hast einige Zeit mit ihm verbracht. Hast du Zweifel am Selbstmord?“
    Er dachte darüber nach und sagte schließlich bedauernd: „Nein, Avery, tut mir Leid.“
    Tränen traten ihr in die Augen, und sie fragte gepresst: „Warum nicht?“
    „Darüber zu reden ändert nichts …“
    „Warum nicht, Hunter? Ich will es wissen.“
    „Also gut. Ich war kaum eine Woche wieder in Cypress Springs, als dein Dad mich aufsuchte. Das fand ich sehr nett. Er stellte keine Fragen, ich musste meine Rückkehr nicht erklären oder mich rechtfertigen. Er besuchte mich um meiner selbst willen, aber ich glaube auch, weil er jemanden zum Reden brauchte. Wie auch immer, es tat uns beiden gut, und so trafen wir uns jeden Freitagmorgen zum Kaffee. Dann tauchte er eines Tages an einem Freitag nicht auf. Ich ging zu seinem Haus. Er war noch im Pyjama, alle Vorhänge waren zugezogen. Er sagte, er habe lediglich verschlafen, aber er benahm sich seltsam … anders als sonst.“
    „Anders? Wie meinst du das?“
    „Nervös, glaube ich. Er sah mir nicht in die Augen. Danach trafen wir uns nur noch sporadisch. Unsere Unterhaltungen wurden … weniger locker. Er redete viel von der Vergangenheit, als deine Mom noch lebte und du noch zu Hause

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