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Stadt ohne Namen

Stadt ohne Namen

Titel: Stadt ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.P. Lovecraft
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Hause zurückzukehren, damit es nicht so aussähe, als ob ich als unwürdiger und unterwürfiger Geschlagener zurückkehre.
    Dann traf ich den Mann in einer Nacht schlaflosen Herumwanderns. Es war in einem komisch versteckten Hof des Greenwichviertels, wo ich mich in meiner Unwissenheit niedergelassen hatte, da ich gehört hatte, daß dies der gegebene Ort für Dichter und Künstler sei. Die urtümlichen Wege und Häuser und unerwarteten großen und kleinen Plätze hatten mich wirklich begeistert, aber als ich merkte, daß die Dichter und Künstler laute Scharlatane waren, deren Wunderlichkeit Talmi und deren Leben eine Verleugnung all dieser reinen Schönheit ist, die man Poesie und Kunst nennt, blieb ich nur um dieser ehrwürdigen Dinge willen. Ich stellte sie mir vor, wie sie in ihrer besten Zeit gewesen sein mochten, als Greenwich noch ein friedliches Dorf war, das die Stadt noch nicht verschluckt hatte, und in den Stunden vor der Morgendämmerung, wenn all die Zecher sich nach Hause verdrückt hatten, pflegte ich allein in seinen verborgenen Windungen herumzuwandern und über die seltsamen Geheimnisse nachzugrübeln, welche Generationen hier hinterlassen haben mußten. Dies erhielt meine Seele lebendig und gab mir ein paar dieser Träume und Wunschbilder zurück, nach denen der Dichter tief in mir schrie.
    Der Mann traf mich zufällig ungefähr um zwei Uhr an einem verhangenen Augustmorgen, als ich mich durch eine Reihe abgelegener Höfe hindurchschlängelte, die nur noch durch die unbeleuchteten Eingangshallen der dazwischenliegenden Gebäude zugänglich sind, die aber einst Bestandteile eines durchlaufenden Netzes malerischer Gassen gebildet hatten. Ich hatte darüber unbestimmte Gerüchte gehört und war mii darüber klar, daß man sie heute auf keinem Stadtplan mehr finden würde, aber die Tatsache, daß sie vergessen waren, machte sie mir erst teuer, so daß ich sie, mit verdoppeltem Eifer aufsuchte. Nun, da ich sie gefunden hatte, verdoppelte sich mein Eifer abermals, denn etwas in ihrer Anordnung deutete unbestimmt darauf hin, daß sie vielleicht nur einige von vielen ähnlichen seien, während ihre dunklen, stummen Gegenstücke unerkannt zwischen hohen, glatten Mauern und verlassenen Rückgebäuden eingekeilt sein mochten oder unbeleuchtet hinter überwölbten Torwegen lauerten, geheimgehalten vor den Fremdsprachigen und 96
    behütet von scheuen, kontaktarmen Künstlern, deren Praktiken Publizität und das Licht des Tages scheuen.
    Er sprach mich unaufgefordert an, da er meine Stimmung und meine Blicke bemerkte, als ich bestimmte Türen mit Klopfern über eisengeländereingefaßten Stufen studierte, während der fahle Schein aus verzierten Oberlichten mein Gesicht schwach beleuchtete. Sein eigenes Gesicht lag im Schatten, und er trug einen breitkrempigen Hut, der irgendwie ausgezeichnet zu dem altmodischen Umhang paßte, den er trug, aber ich war ganz leise beunruhigt, schon bevor er mich ansprach. Seine Gestalt war zierlich, beinah leichenhaft dünn, und seine Stimme erwies sich als wunderbar weich und hohlklingend, obwohl sie nicht besonders tief war. Er habe, so sagte er, mich schon mehrmals bei meinen Wanderungen beobachtet und schlösse daraus, daß ich ihm in der Vorliebe für die Spuren der Vergangenheit ähnlich sei. Ob ich mich nicht gerne von jemand führen lassen würde, der in diesen Forschungszügen lange Übung hat und der über die Gegend Informationen besitzt, die viel tiefgründiger seien, als alles, was ein offenkundiger Neuankömmling sich möglicherweise habe aneignen können?
    Während er sprach, erhaschte ich im gelben Lichtstrahl eines einsamen Mansardenfensters einen Blick auf sein Gesicht. Es waren vornehme, beinah schöne ältere Züge, und sie trugen den Stempel einer langen Ahnenreihe und einer Kultiviertheit, die für diese Zeit und diesen Ort ungewöhnlich war.
    Dennoch beunruhigte mich etwas daran, beinah genausosehr, wie ich von diesen Zügen andererseits eingenommen war − vielleicht weil sie zu weiß und zu ausdruckslos waren oder weil sie so gar nicht mit der Örtlichkeit übereinstimmten, als daß ich mich wohl und behaglich hätte fühlen können.
    Nichtsdestotrotz folgte ich ihm, denn in diesen trostlosen Tagen war meine Suche nach antiker Schönheit und Geheimnissen alles, was ich hatte, um meine Seele lebendig zu erhalten, und ich betrachtete es als seltene Gunst des Schicksals, jemanden zu treffen, dessen gleichgestimmtes Suchen soviel weiter in die Dinge

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