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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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Piste.«
    »Die Piste?«, sagte Conrad. Eine neuerliche Turbulenz mit Blitz und Donner schleuderte ihn fast aus dem Sitz. Hätte er sich nicht angeschnallt, wäre sein Kopf jetzt Teil des Instrumentenbretts gewesen.
    »Genau, die Landebahn«, sagte Lundstrom. »Aus dem Eis gebaggert.«
    »Landen wir etwa in diesem Schneegestöber?« Conrad blickte aus dem Cockpit auf die wirbelnden Schneemassen. Leuchtsignale und Landebahnlichter konnten bei dem gegenwärtigen Whiteout nichts ausrichten. Bei dem diffusen Licht waren weder Schatten noch ein Horizont zu erkennen. Beim Überfliegen der einförmigen weißen Oberfläche war es unmöglich, die Höhe oder Entfernungen einzuschätzen. Selbst Vögel legten bei solchen Verhältnissen nicht selten einen Crash hin. »Ihr seid völlig verrückt. Ihr leidet doch unter einer Borderline-Störung.«
    Das Funkgerät knackte.
    »Sechs-neun-sechs. Hier ist der Tower.« Es war eine barsche, sonore Stimme. »Wiederhole. Tower ruft sechs-neun-sechs.«
    »Hier sechs-neun-sechs«, sagte Lundstrom und nahm das Mikrofon. »Tower, sprechen Sie.«
    Der Fluglotse am anderen Ende sagte: »Seitenwinde auf 15 Grad mit Böen bis 40 Knoten. Sicht absolut null.«
    Conrad war klar, dass Lundstrom jetzt am Überlegen war, und wog ab, ob er die Sache jetzt einfach an sich reißen oder lieber in den Frachtraum gehen sollte, um dort um ein Wunder zu beten.
    »Sir, der Wind dreht sich. Sturmböen mit 60 Knoten«, brüllte der Navigator.
    Conrad riss das Mikrofon wieder an sich. »Mit dieser Blechkiste auf dem Eisblock zu landen ist reinster Selbstmord. Das wissen Sie ganz genau.«
    »Die Such- und Rettungsmannschaften stehen bereit«, sagte der Fluglotse. »Over.«
    Conrad starrte in den Nebel hinaus, während Lundstrom den Landeanflug vorbereitete. Bei diesem Schneetreiben war die Sicht gleich null. Plötzlich brach der Vorhang wieder auf, und direkt vor ihnen tauchte eine Reihe schwarzer Ölfässer auf. Die Piste selbst war mit Leuchttafeln gekennzeichnet.
    »Wir fliegen zu tief«, sagte Conrad.
    »Landeanflug beginnen«, befahl Lundstrom.
    Der Kopilot drosselte behutsam den Motor und bemühte sich, die Triebwerke synchron zu halten.
    Das Funkgerät knackte. Der Fluglotse gab die Anweisung: »Beginnen Sie den Landeanflug, wenn ich ›jetzt‹ sage.«
    »Roger.«
    »Sie befinden sich genau im Anflugwinkel.«
    »Roger«, sagte Lundstrom. Die Maschine sackte mit einem Schütteln ab, das einem durch Mark und Bein ging. Conrad zog die Sitzgurte fester und hielt die Luft an.
    »Sie fliegen zu tief«, warnte der Lotse. »Drosseln Sie die Sinkgeschwindigkeit, und steuern Sie zwei Grad nach backbord!«
    »Roger.« Lundstrom zog behutsam an der Steuerung, und Conrad merkte, wie die C-141 sich wieder fing.
    »Sie befinden sich wieder im Anflugwinkel«, sagte der Lotse. »Sie kommen genau auf die Bahn. Noch zwei Meilen bis zum Aufsetzen …«
    Vor der Windschutzscheibe konnte Conrad nichts als eine weiße Wand erkennen.
    »… noch eine Meile …«
    »… eine halbe Meile …«
    »… eine Viertelmeile …«
    »… aufsetzen …«
    Conrad und Lundstrom sahen sich an. Sie waren noch in der Luft.
    »Tower?«, sagte Lundstrom.
    Eine Ewigkeit war nichts zu hören. Dann ein knirschendes Krachen. Die Soldaten stürzten wie Dominosteine aufeinander und hingen dann wie schwerelos in ihren Gurten. Die Halteseile im Rumpf rissen, und die Fracht rutschte nach vorn.
    Conrad hörte ein Krachen, drehte sich um und sah, wie mehrere Metallcontainer durch das Flugzeug in Richtung Cockpit flogen. Er duckte sich. Etwas zischte dicht an ihm vorbei und traf Lundstrom am Kopf, sodass dieser mit dem Gesicht auf das Instrumentenbrett schlug.
    Gerade als das Packeis durch die Cockpitverglasung krachte und alles im Dunkeln zusammenbrach, griff Conrad nach dem Steuerknüppel.

6
Entdeckung plus 23 Tage, 7 Stunden
    Das Piepen der Funksignale brachte Conrad schließlich wieder zu Bewusstsein. Er blinzelte in das Schneegestöber. Langsam wurde das Bild scharf. Durch den zerstörten Rumpf sah er Teile des Frachtguts verstreut auf der Eisdecke liegen.
    Er blickte zu Lundstrom hinüber. In den Augen des Piloten lag eiskaltes Grauen, in seinem aufgerissenen Mund ein erstarrter Schrei. Dann sah Conrad das Stück Metall aus dem Schädel des Mannes ragen. Lundstrom hatte den Aufprall nicht überlebt.
    Conrad schluckte und schnappte nach Luft. Die Antarktisluft drang in die Lunge und schien dort zu gefrieren. Er war wie benebelt, ihm war

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