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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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mein richtiger Vater und ich bin nicht sein richtiger Sohn.« Das hoffte er zumindest in diesem Augenblick. Wie die meisten Amerikaner, so vermutete auch er, dass irgendwo in Washington irgendwelche Unterlagen über ihn existierten. Lundstrom hatte es ja gerade eben bestätigt. »Oder stand das etwa nicht in meiner Akte?«
    »Das und ein paar psychiatrische Gutachten«, sagte Lundstrom, der es offenbar genoss, Conrad hinzuhalten. »Albträume vom Ende der Welt. Schocktherapie. Keine Erinnerung an die Zeit, bevor Sie fünf waren. Sie waren als Kind ziemlich verkorkst.«
    »Sie hatten vermutlich nicht das Vergnügen, beim Stillen mit LSD verseuchte Milch bekommen zu haben«, sagte Conrad. »Und hatten wahrscheinlich mit sechs noch keine ausgewachsenen Traumata. Oder haben Sie etwa auch irgendwelche kleinen Air-Force-Bälger vermöbelt, weil die sich über Sie lustig gemacht haben?«
    Lundstrom war mit den Kontrollfunktionen beschäftigt und schwieg einen Augenblick. Aber Conrads Interesse war geweckt. »Was steht denn sonst noch in meiner Akte?«
    »Nur dieser Scheiß, den Sie sich beim Golfkrieg in den Neunzigerjahren geleistet haben.«
    Damals war Conrad noch auf der Hochschule gewesen. »Alte Geschichte.«
    »Genau«, sagte Lundstrom. »Irgendwas mit sowjetischen MiGs und dem Zikkurat in Ur.«
    Conrad nickte. Vor viertausend Jahren war Ur die Hauptstadt der Sumerer im Lande Abrahams gewesen. Jetzt lag sie unter dem Sand des heutigen Iraks begraben. »So ungefähr.«
    »Was genau?« Lundstrom schien nun seinerseits neugierig zu werden. Anscheinend stand doch nicht alles in Conrads Akte.
    »Die Iraker hatten die fiese Angewohnheit, ihre Militäranlagen in der Nähe von archäologischen Stätten zu errichten, gewissermaßen als Schutzschild«, sagte Conrad. »Als dann die US-Satelliten zwei sowjetische MiG-21 in der Nähe der alten Zikkurat in Ur entdeckten, hat das Pentagon daraus den Schluss gezogen, dass die Iraker dort ihre Kampfjets stationierten, um einen Bombenangriff zu verhindern.«
    Lundstrom nickte. »Daran kann ich mich erinnern.«
    »Außerdem wurde vermutet, dass sich Hussein höchstpersönlich in der Tempelanlage verschanzt hat«, fuhr Conrad fort. »Deshalb habe ich die notwendigen Informationen für das Zielgebiet geliefert, damit man eine Maverick-Rakete darauf abfeuern konnte.«
    »Eine Maverick? Das waren doch diese Luft-Boden-Raketen zum Bunkersprengen. Erzählen Sie keinen Scheiß.«
    »Nur eine Maverick konnte die Pyramide von innen heraus so sprengen, dass die Explosion wie eine irakische Panne aussah.«
    »Dann lassen Sie einfach ein derart bedeutendes Kulturgut vom Erdboden verschwinden, nur um einen drittklassigen Despoten zu töten?« Lundstrom war sichtlich schockiert. »Sie sind mir vielleicht ein Archäologe!«
    »Jedenfalls einer, den ihr Leute dringend zu brauchen scheint«, sagte Conrad. »Also, sagen Sie mir jetzt endlich …«
    Plötzlich wurde die Crew von einem dröhnenden Heulen aufgeschreckt. Lundstrom griff nach dem Steuerknüppel. Der Kopilot kontrollierte die Instrumente.
    »Seitenwinde von 250 Knoten auf 80 Grad gedreht.«
    »Veränderte Windrichtung.« Lundstrom stellte die Steuerung neu ein. »Mist, das ist hart. Sieht so aus, als wären wir mitten in einen Jetstream geraten.«
    Conrad klammerte sich am Sitz fest, während das Flugzeug durch heftige Turbulenzen flog. Der Kreiselkompass drehte sich wie wild.
    »Der Kreisel spielt verrückt«, rief der Navigator.
    »Suchen Sie einen Fixpunkt am Himmel«, brüllte Lundstrom.
    Der Navigator drehte sich zu dem Libellensextanten über ihm und versuchte ihre gegenwärtige Position mithilfe der Gestirne zu bestimmen. Aber er schüttelte den Kopf. »Die Suppe ist zu dick, um richtige Werte zu bekommen.«
    »Schon mal was von GPS gehört?«, schrie Conrad gegen den Lärm an.
    »Bringt nichts bei einem EMP.«
    Elektromagnetischer Puls?, dachte Conrad. Derartige Störfelder, die von nuklearen Explosionen ausgelöst wurden, besaßen enorme Feldstärken, die moderne elektronische Kommunikationssysteme nachhaltig stören und beschädigen konnten. Das erklärte auch, warum sie mit einer derart alten Kiste flogen. Was zum Teufel trieb Yeats da unten im Eis?
    »Wie wär's mit einem Doppler-Navigationssystem?«
    »Nein.«
    »Hören Sie mal zu, Lundstrom. Wir müssen dem Tower in McMurdo SOS funken. Wie weit sind wir noch davon entfernt?«
    »Sie haben immer noch nicht verstanden, Conrad«, sagte Lundstrom. »Wir landen nicht auf McMurdo. Wir

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