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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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nach kamen sie von einer verlorenen Paradiesinsel namens ›Aztlán‹, der aztekischen Version von Atlantis.« Conrad blickte seinen Vater an. »Also, was sagst du dazu?«
    Yeats klappte den Ordner zu. »Die gute Schwester kennt vielleicht die Sprache der P4-Erbauer.«
    ***
    Serena hatte die Antarktis immer als ein Symbol für Frieden und Harmonie betrachtet, als ein Modell dafür, wie die Menschen miteinander und mit anderen Lebewesen auf dem Planeten zusammenleben könnten. Solche Illusionen hatte sie sich auch über die Beziehung mit Conrad gemacht. Aber jetzt, wo sie sich in ihrer Arrestzelle in der Eisstation Orion umsah, war ihr Traum dahingeschmolzen. Es blieben kalte Wände, ein winziges Waschbecken und ein Klo.
    Wahrscheinlich gab es irgendwo eine versteckte Kamera, und zweifellos würden General Yeats und dieses Ekel Conrad jede ihrer Bewegungen beobachten. Aber in ihren Kopf konnten sie nicht hineinsehen. Sie saß also auf ihrer Pritsche und tat so, als ob sie mit ihren Gedanken allein wäre.
    Als Australierin fühlte sie sich mit der Antarktis mehr verbunden als mit den Amerikanern. Als kleines Mädchen hatte sie in dem Wissen, dass auf der anderen Seite der große weiße Kontinent lag, oft über das Meer geschaut. Australien war von allen Staaten dieser Welt der Antarktis am nächsten und beanspruchte 42 Prozent von deren Oberfläche, darunter die Antarktis und eben auch das Gebiet, auf dem die Amerikaner nun dieses geheime Lager errichtet hatten.
    Ihre ganze Erfahrung mit der Antarktis – die hauptsächlich aus der Rettung seltener Seehund- und Walarten bestand – beschränkte sich auf die spektakuläre Landschaft an den Randzonen des Kontinents. Die Tierwelt dort war wunderbar und das Polarlicht überwältigend. Ihre Mission in die inneren Schneewüsten hatte hingegen bewiesen, dass die Antarktis tatsächlich ein unbewohnter Kontinent war. Selbst hier, in der Wärme der amerikanischen Basis, konnte sie die Ödnis spüren.
    Sie glaubte auch die Knackgeräusche aus den Verbindungsgängen zu hören. Stationen, die auf dem Eis gebaut waren, sanken normalerweise durch ihr Eigengewicht ab, weil die Wärme, die sie erzeugten, das Eis zum Schmelzen brachte. Die hiesige Basis, wahrscheinlich schon mehrere Tage alt, war gerade dabei abzusinken.
    Sie dachte an ihre Gefangennahme auf dem geheimen Landeplatz im Eis zurück und daran, wie sie zur Eisstation Orion abgeführt worden war. Das Hägglunds-Gefährt, das sie ins Lager brachte, war unterwegs an einem Kraftwerk vorbeigekommen. Es lag eingeschneit hundert Meter von den Wohnquartieren entfernt hinter einer schützenden Schneedüne. Zu entlegen, um bei dieser Kälte mit Dieselmotoren betrieben zu werden, dachte sie. Es war wahrscheinlich ein kleines Atomkraftwerk. Vermutlich ein 100-Kilowatt-System.
    Sie war erst einmal wütend. Wie können sich die Amerikaner erdreisten, Atommaterial auf den Kontinent zu bringen! 90 Prozent der gesamten Eismasse befand sich hier. Ein Schmelzen konnte eine weltweite Katastrophe auslösen. Allein das war schon Grund genug, die Amerikaner bei der UNO anzuschwärzen.
    Aber mittlerweile war ihr Zorn auf die Amerikaner, die jegliches internationales Recht verletzt hatten, in Faszination übergegangen. Auch wenn sie sich Conrad und General Yeats gegenüber so reserviert gegeben hatte, hatte ihr Treffen in der Luftschleuse in Wirklichkeit Erregung in ihr ausgelöst. Und dann war da natürlich auch noch Conrad. Ihr Auftrag hier beinhaltete eindeutig mehr als nur, die Unberührtheit der Antarktis vor den Amerikanern zu schützen.
    Ihr war bewusst, dass hier etwas Bedeutungsvolles gefunden worden war, genau wie der Papst gesagt hatte. Etwas, was die Geschichte – vor allem die christlich-jüdische Religionsgeschichte – auf den Kopf stellen konnte. Trotzdem fühlte sie sich in Hochstimmung. Von allen Kandidaten, die der Heilige Vater stellvertretend hätte aussuchen können, um dieses historische Ereignis zu erleben, hatte er sie ausgewählt.
    Sie hörte, wie die Tür mit einem Summgeräusch geöffnet wurde, und drehte sich um.
    ***
    Serena saß auf der Pritschenkante und trank öligen Tee aus einer Styroportasse, als der Militärpolizist die Zellentür öffnete und Conrad hereinließ. Conrad bemerkte den silbernen Braut-Jesu-Ring am linken Ringfinger, der ihre geistige Verbundenheit mit dem einzigen Sohn Gottes symbolisierte. Zu seinem Bedauern handelte es sich dabei um Jesus und nicht um so einen üblen Schuft wie ihn. Er

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