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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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Spaß gewesen. Die Angst war in ihre Augen zurückgekehrt.
    Da merkte Conrad, dass sie es war, die ihm etwas geraubt hatte. »Was hat das zu bedeuten?«, hatte er gefragt.
    »Ich will nach Tiahuanaco zurück«, sagte sie. »Bevor mich jemand beim Frühstück vermisst.«
    »Trau dich doch! Genießen wir die Zeit, die uns noch bleibt.«
    »Sie enttäuschen mich, Doktor Yeats.« Sie reichte ihm das Paddel. »Ich hätte Sie nicht für jemand gehalten, der sich über Nonnen hermacht.«
    Conrad, nicht gerade ein Mann mit geringem Selbstwertgefühl, war enttäuscht, dass sie seine Annäherungsversuche verschmäht hatte. Schlimmer noch, sie leugnete quasi, selbst auch einen Anteil daran gehabt zu haben. »Und ich hätte nicht gedacht, dass Sie eine Nonne sind, die sich darum schert, was andere denken.«
    »Das tue ich auch nicht«, hatte sie erwidert.
    Natürlich hatte sie Recht. So viel war klar. Aber Conrad spürte, dass sie in Wirklichkeit Angst vor ihren Gefühlen hatte, Angst davor, die Kontrolle zu verlieren. Wenn man Serena Serghetti ausschließlich als Nonne sehen wollte, dann war sie eindeutig eine, die dafür sorgte, dass sie nie die Kontrolle verlor.
    Sie waren nicht in Frieden auseinander gegangen. Sie verhielt sich, als hätte sie einen großen Fehler begangen. Als ob sie mit der gemeinsamen Nacht ihre ganze Zukunft aufs Spiel gesetzt hätte. In Wirklichkeit bereute sie jedoch keine Sekunde. Zumindest kam Conrad schließlich zu diesem Schluss. Sie fürchtete nur eine intimere Beziehung. Als hätte sie etwas zu verbergen. Auf einmal verstand er es: Dieses Etwas war sie selbst. Sie war von sich enttäuscht und fühlte sich deshalb seiner unwürdig.
    Er wusste, dass sie sich täuschte, und er schwor, ihr zu beweisen, dass sie auch ohne den Titel ›Schwester‹ etwas wert war, so wie er den Preis für ihren Verzicht wert war. Aber davon wollte sie nichts wissen.
    Der letzte gemeinsame Augenblick war, als er am Ufer versuchte, ihr einen Abschiedskuss zu geben. Sie rannte davon, um ein Taxi zu rufen. Er winkte, aber sie blickte sich nicht mehr um. Eine Woche später versuchte er, sie in Rom anzurufen. Nach Monaten vergeblichen Bemühens erschien er sogar unangesagt auf einer ihrer Konferenzen. Inzwischen war sie berühmt geworden, warf sich voll und ganz auf ihre Arbeit, sodass er sich fragte, ob sie das ungeliebte Kind in sich nun vergessen wollte – oder ihn.
    Jedenfalls stellte er bald fest, dass eine Privataudienz bei ›Mutter Erde‹ genauso wahrscheinlich war, wie seine heißgeliebte Urkultur zu finden.
    Was sich inzwischen natürlich geändert hatte.
    ***
    Diese Nonne hat was drauf, dachte Yeats, als er sich in der Kommandozentrale noch mal das Gespräch zwischen Serghetti und Conrad auf Video ansah. Das musste man ihr lassen. Der Papst wusste genau, was er tat, indem er sie schickte.
    »Woher weiß sie das alles, Sir?«, fragte O'Dell, der neben ihm stand.
    »Das ist die Frage«, sagte Yeats. »Ich glaub nicht, dass der Vatikan will, dass sie was rauslässt. Aber soviel ich weiß, stimmt alles, was sie sagt. Vielleicht haben wir bei unserem Vorhaben ja sogar Verwendung für sie.«
    »Und Ihr Sohn, Sir?«
    Yeats sah O'Dell an. »Was soll mit ihm sein?«
    »Ich habe den Bericht des Verteidigungsministeriums gelesen.« O'Dell sah besorgt aus. »Ihr Sohn ist seit dem Kindergarten in Therapie. Verheerende Albträume und Visionen vom Ende der Welt. Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, Sir, aber er scheint geisteskrank zu sein.«
    »Er hatte eine traumatische Kindheit«, sagte Yeats. Er hoffte, dass O'Dell damit dieses Kapitel abschloss. »Und haben wir das nicht alle gehabt? Außerdem hat das Verteidigungsministerium nicht seine komplette Akte. Glauben Sie mir. Ich hab sie nämlich selbst geschrieben.«
    Yeats wollte sich gerade wieder dem Monitor zuwenden, als Lieutenant Lopez, eine der Nachrichtenoffiziere, an ihn herantrat. Außer Schwester Serghetti war die junge Lopez die einzige Frau auf der Eisstation Orion.
    »General Yeats, schauen Sie sich das mal an«, sagte sie.
    Yeats folgte ihr zu dem großen Bildschirm, wo er die U.S.S. Constellation sah. Und zwar in einem TV-Bericht, unten rechts war das CNN-Logo zu sehen.
    »Warren«, fluchte Yeats leise. Er starrte auf das waghalsige Greenpeace-Schiff, das neben der riesigen Constellation auf dem Bildschirm zu sehen war. Verflucht sei dieses Würstchen von Seemann!
    »Wie haben die das bloß rausgekriegt, Sir?«, wollte O'Dell wissen.
    »Na raten Sie mal,

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