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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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die Arme zu ziehen.
    »Kommen Sie jetzt … kommen Sie, Miss Frannie … wir müssen gehen. Tun Sie’s mir zuliebe, ja? Kommen Sie …« Sie stellte sich vor ihre Herrin, schob die Hände unter die nerzumhüllten Arme und drückte mit aller Kraft nach oben.
    »Hrpldanüber.«
    »Helfen Sie mir, Miss Frannie … Sie schaffen das schon. Stellen Sie sich auf die Beine …«
    Einen Moment lang schien es, als würde die Matriarchin das auch tun.
    »Gut«, sagte Emma. »Das ist wirklich gut. Und jetzt gehn Sie einfach los. Keine Bange. Emma hält Sie fest.«
    Sekunden später fiel Frannie um wie ein erschossener Bär und quetschte Emma schmerzhaft auf den chinesischen Teppich. Dem Dienstmädchen gelang es irgendwie, sich keuchend zu befreien.
    »Miss Frannie«, schluchzte Emma. »Gott steh uns beiden bei.« Sie starrte ihre Herrin verzweifelt an, nahm dann ein Kissen vom Bett und schob es Frannie Halcyon unter den Kopf. Die Matriarchin schnaubte laut, wälzte sich herum und schlief ein.
    Emma ging schnurstracks ins Badezimmer und griff nach der Flasche Rum, die ihre Herrin im Spülkasten der Toilette versteckt hielt. Sie trank zwei brennende Schlucke und stellte die Flasche wieder in ihr Versteck zurück.
    Emma hatte so etwas noch nie getan, doch sie wußte ja, was ihr bevorstand.
     
    Die Matriarchin bewahrte ihre Pistole in der untersten Schublade ihres Nachttischs auf. Es handelte sich um eine Neuanschaffung, wie Emma wußte – getätigt nur ein paar Tage nach Mrs. Reagans Ankündigung, daß sie sich selbst auf ein »klitzekleines Pistölchen« verließ.
    Das Dienstmädchen nahm sie behutsam am Griff heraus, schlich sich aus dem Zimmer und schloß die Tür hinter sich.
    Dann ging sie durch die Zimmer und machte überall das Licht aus.
    Sie vergewisserte sich, daß die Haustür abgeschlossen war. Und die Küchentür.
    Und die Tür des Wintergartens.
    Als sie zurück ins Wohnzimmer wollte, hörte sie im Garten ein Geräusch.
    Sie duckte sich hinter einen großen Korbstuhl, lugte über den Rand und sah einen Mann, der sich durchs Gebüsch zwängte und dann den Rasen überquerte.
    Mitten auf dem Rasen blieb er stehen, schaute von links nach rechts und taxierte das Haus.
    Emma stürzte in die Küche und von dort in die Garage. Da die Garagentür noch offen war, schlüpfte sie hinaus in die Dunkelheit, rannte über den Rasen vor dem Haus und schlich sich durch den Laubengang seitlich am Haus, bis sie den Eindringling wieder im Blickfeld hatte.
    Diesmal war sie hinter ihm.
    Der Mann bewegte sich auf das Haus zu.
    Dann versuchte er, die Tür zum Wintergarten zu öffnen.
    »He, Sie! « rief Emma. »Jim Jones! «
    Der Eindringling wirbelte herum und starrte die spindeldürre alte Frau an, die mit einer Pistole in der Hand auf dem Rasen stand. Er hob in einer demütig bittenden Geste die Arme und sprach sein letztes Wort in einem überraschend gelassenen Ton.
    »Schwester«, sagte er.
    Dann schoß ihn Emma in die Stirn.

Nicht schwul
    Nurein paar Minuten, nachdem Jon gegangen war, stand Brian vor Michaels Tür.
    »Na, wie geht’s unserer Medienwitwe?« fragte Michael.
    »Beschissen«, antwortete Brian. »Hast du Lust auf einen Spaziergang?«
    »Klar«, sagte Michael, »aber nur, wenn mein Seelenschmerz mit darf.«
    »O nein … was ist es diesmal?«
    Michael verdrehte die Augen. »Was ist es jedesmal?«
    »Äh … Jon?«
    »Ins Schwarze getroffen.«
    »Ich hab ihn oben gesehen«, sagte Brian. »Bleibt er für immer?«
    Michael schüttelte den Kopf. »Nur bis zur Hochzeit … soviel ich weiß.«
    »Möchtest du, daß er bleibt?«
    Michael seufzte genervt. »Du arbeitest nicht zufällig als Kundschafter für Mrs. Madrigal?«
    »Ich hab nur gedacht, daß das kompliziert werden könnte.«
    »Noch komplizierter?«
    »Ich meine … mit Bambi und so.«
    »Ach Gott«, sagte Michael, dem es plötzlich wieder einfiel. »Es ist alles schon komplizierter. Du hast das Neueste noch gar nicht gehört!«
     
    Auf dem Weg zum Marina Green erzählte er Brian, daß Jon die »entführten« Zwillinge gesichtet hatte.
    »Weiß es Mary Ann schon?« fragte Brian.
    Michael nickte. »Sie hat angerufen, während du arbeiten warst. Sie kommt übrigens morgen früh nach Hause.«
    »Gott sei Dank. Mensch, was machen wir bloß mit Bambi.«
    »Das frag ich mich auch. Jon hat erzählt, daß sie sich mit Mrs. Madrigal schon einen heftigen Kampf geliefert hat.«
    »Wann?«
    »Heute abend.«
    »O Gott.« Brian schüttelte den Kopf. »Das ist ja das reinste

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