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Stadtluft Macht Frei

Stadtluft Macht Frei

Titel: Stadtluft Macht Frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Schwarz
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angesehensten „Bürgern“ zuwählen sollten, wobei mit diesen „Bürgern“ hauptsächlich die Kaufleute gemeint waren. Auch sollten diese allein die zwei Bürgermeister bestimmen, einen aus den Reihen der „Bürger“ und einen von den „Zünften“. Auch die wichtigsten städtischen Ämter galt es hinfort gleichmäßig zu besetzen; sie sollten teils aus der Gruppe der Kaufmanns-, teils aus derjenigen der Handwerkerbürger im Rat entstammen: vier Baumeister, zwei Siegler, sechs Steuermeister. Dazu: Keine lange Zeit zur Ausübung der Ämter, das heißt, keine Möglichkeit, persönliche Macht sich verfestigen zu lassen! Sämtliche Stadtämter sollten jährlich neu besetzt werden, und der 44er Rat, zusammengesetzt aus den 29 Ratsgliedern der Zünfte und den 15
ratgeben
der Kaufleute sollten jährlich zur Hälfte ausgewechselt werden. Darüber hinaus sollten mit jedem Zunftmeister zwölf der ehrbarsten Leute einer Zunft den Ratseid leisten, um den großen Rat bilden zu können. Für besonders wichtige Angelegenheiten waren außer den „Zwölfern“ noch allgemeine Beratungsversammlungen der einzelnen Handwerke vorgesehen.
    Bestätigt wurde zudem, was im Oktober 1368 bereits tatsächlich geschehen war: die Gewalt der Zünfte über die Schlüssel der Stadttore |80| und zur Sturmglocke; dazu über das Stadtsiegel, das Stadtbuch, über die Urkundenausstellung, über das Rathaus und das Archiv. Dazu noch ein Letztes: Für alle Bewohner der Stadt sollte gleiche Steuerpflicht gelten, und zwar für alles Gut, das sie eigen oder als Lehen inner- oder außerhalb der Stadt besaßen, ausgenommen davon waren lediglich zwei mietzinspflichtige Häuser, Hausrat, zwei Kühe und ein bis zwei Pferde.
    Keine Frage: Die neue Verfassung Augsburgs war ein Kompromiss! Doch es ist unübersehbar, dass es den „Handwerken“ gelungen war, eine weitaus bedeutendere Stellung als zuvor in der Stadt zu erringen. Solche Kämpfe zwischen verschiedenen sozialen Gruppen – hier in Augsburg die Handwerker auf der einen, die Kaufleute auf der anderen Seite – hat es in den spätmittelalterlichen deutschen Städten viele gegeben. Auch in Köln. Ausschlaggebend in Köln war der „Verbundbrief“ des Jahres 1396. Er bildete den Abschluss eines unblutigen Umsturzes, der die Herrschaft der patrizischen Geschlechter für lange Zeit beseitigte. Vorausgegangen war dem freilich ein Ereignis, das alles andere als „unblutig“ verlief: die Weberschlacht vom 20. November 1370.
    Die kurze Herrschaft der Kölner Weber –
    Die Weberschlacht 1370
    Eine Schlacht nicht auf einem offenen Feld, draußen vor den Mauern, sondern mitten in der Stadt, mitten in Köln, geschlagen zwischen dem Griechen- und dem Waidmarkt. Im Sommer 1370 hatten die Kölner Weber finanzielle Unregelmäßigkeiten des Rates zum Anlass genommen, gegen diesen vorzugehen. Wichtige Ratsmitglieder wurden verhaftet, die „Richerzeche“ wurde aufgelöst, die Schöffen von Rat und Bürgermeisteramt ausgeschlossen. Doch unterstützt von anderen Zünften, die mit den Webern verfeindet waren, bereiteten die Patrizier der „Weberherrschaft“ ein schnelles Ende. In der Schlacht vom 20. November 1370 wurden die Anführer des Aufstandes auf offener Straße brutal erschlagen, andere mussten fliehen.
    |81| Doch die Zeit der Vorherrschaft der Patrizier war unweigerlich an ihr Ende gekommen. Die alte Herrschaft der Geschlechter, sie trug nicht mehr. Innerhalb der Patriziergeschlechter bildeten sich politische Gruppierungen mit unterschiedlichen Zielen. Man verfeindete sich. Man hatte versagt – so mussten es die Stadtbewohner sehen. Mitglieder von Zünften und Gaffeln nahmen am 18. Juni 1396 die Schöffen und etwa 100 Patrizier, die in einem Haus der Stadt zusammengenommen waren, gefangen. Es gab keinen Widerstand mehr.
    Das neue Köln der Gaffeln und Zünfte
    Fast 30 Jahre nach der „Weberschlacht“ und drei Monate nach der Festnahme der Schöffen und Patrizier krempelte der Verbundbrief von 1396 die Machtverhältnisse in Köln gründlich um. In feierlichem Ton beginnt das Dokument:
    Im Namen der heiligen Dreifaltigkeit, Amen. Wir, die Bürgermeister und der Rat der Stadt Köln, und weiter wir, die ganze Gemeinde insgesamt, arm und reich, aus allen und jeglichen Ämtern und Gaffelgesellschaften, ansässig und wohnhaft hier in Köln, die im folgenden namentlich aufgeschrieben sind: Wir vom Wollenamt, sowohl Airsburg als auch Griechenmarkt, mit den Ämtern, die mit uns verbunden sind, nämlich

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