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Stadtluft Macht Frei

Stadtluft Macht Frei

Titel: Stadtluft Macht Frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Schwarz
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geblieben.
    |130| Die Berichte des Nürnbergers
    Ulman Stromer
    Während die Anfänge der Straßburger Geschichtsschreibung im Bann des Münsters standen, begannen die Bürger der fränkischen Stadt Nürnberg mit Berichten über Selbsterlebtes. Den Beginn der Nürnberger Stadtgeschichtsschreibung markiert der Fernhandelskaufmann, Unternehmer und Politiker Ulman Stromer (1329–1407). Stromer war Mitglied einer der reichsten und angesehensten Nürnberger Familien des Mittelalters überhaupt. Das Werk, mit dem sich Stromer in die Nürnberger Stadtgeschichtsschreibung eingräbt, heißt „Büchlein meiner Familie und ihrer Abenteuer“
( Püchel von mein geslecht und von abentwer
); um das Jahr 1390 hat er das Buch angelegt. Entstanden ist dabei ein Werk ganz eigener Art – kein geschlossener, in sich abgerundeter Text mit einem Anfang und einem Ende, sondern ein wahres Sammelsurium von Notizen und Berichten der unterschiedlichsten Art. Stromer berichtet von seiner Familie, ihrer Herkunft und ihrem Stammbaum; er nennt Jahr und Tag seiner Geburt sowie seine Taufpaten; er verzeichnet die Verstorbenen. Er erzählt von den schauerlichen Verfolgungen, welche die Juden Nürnbergs im Gefolge der großen Pestkatastrophe Mitte des 14. Jahrhunderts zu erleiden hatten, von den Kriegen der Stadt gegen ihre Rivalen im Umland, von den Taten der Kaiser und Könige seiner Zeit. Nicht zuletzt ist es das Buch eines Kaufmanns, eines Unternehmers und Handelsherrn. Stromer zählt die Orte auf, die den Nürnbergern Zollfreiheit gegeben haben. Er handelt akribisch von den unterschiedlichen Währungen, Preisen und Geldverhältnissen in den großen europäischen Handelsmetropolen, in Genua und Brügge, in Krakau und auf der Krim. Stromer dokumentiert aber auch die Geschichte seiner wohl bleibendsten Leistung: den Bau der ersten Papiermühle Deutschlands. Er ließ sie 1390 vor den Toren Nürnbergs errichten. Es war für das Land nördlich der Alpen eine Revolution, und Stromer war sich dessen bewusst. Stolz berichtet er: „Ich Ulman Stromeier, begann erstmals Papier zu machen, am Tag des heiligen Johann, Sonnabend.“ 2
    |132| Papier – Ein ganz besonderer Stoff
    Das in Europa über Jahrhunderte übliche Beschreibmaterial war das Pergament: gegerbte und getrocknete Tierhaut, deren Produktion umständlich und kostspielig war. Das Geheimnis des Papiers, das aus Lumpenhadern hergestellt wurde, hüteten die Chinesen wie ein Staatsgeheimnis. Dennoch: Über arabische Fernhandelskaufleute war die Kunst im hohen Mittelalter bis nach Europa gelangt. Die ersten Papiermühlen Europas entstanden im 11. Jahrhundert in Spanien und Süditalien, in Regionen also, die über einen intensiven Handelsaustausch mit der arabischen Welt verfügten.
    Stromer hatte sich für den Bau seiner Mühle italienische Fachleute besorgt. Lebhaft und anschaulich erzählt er von den Problemen, die er mit den Italienern in Nürnberg hatte (sie seien, so Stromer, ungehorsam gewesen und hätten ihn bei seiner Arbeit behindert, sodass er sie schließlich sogar eine Zeit lang einsperren musste). Er erzählt von seinen Kompagnons, die er auf sich und seine Firma einschwor; von seinem Ringen, das Monopol der Papierherstellung in Deutschland für sich und seine Familie zu bewahren. Alles in allem: das Werk eines Stadtbürgers, der zugleich Kaufmann und Unternehmer war – und umgekehrt. Die Sorge um die eigene Firma, das Wissen um die eigene Herkunft, das Schicksal der Stadt, eingebettet in Taten der Kaiser und Könige – auch so konnte Stadtgeschichtsschreibung entstehen.
    Geschichten vom Alltag in der Stadt
    Eine ganz andere Sichtweise auf die Geschichte der Stadt Nürnberg bietet das Werk des um 1430 geborenen Heinrich Deichsler. Deichsler war – im Gegensatz zu Stromer – kein Patrizier, kein Angehöriger der städtischen Oberschicht. Er wurde in einer ehrbaren, allerdings nicht ratsfähigen Familie geboren; der Zugang zu den obersten städtischen Ämtern blieb ihm verwehrt. Deichsler war von Beruf Bierbrauer. Er war damit kein armer Mann. Im Gegenteil, er brachte es zu einem ansehnlichen |133| Wohlstand, genoss das Vertrauen des Rates und wurde von ihm mit dem Amt des städtischen Armenpflegers beauftragt. Deichslers Chronik unterscheidet sich von den vorherigen Werken der Nürnberger Geschichtsschreibung sehr. Sie erzählt hauptsächlich vom Alltag in der Stadt, vom Schicksal der kleinen Leute, auch oder vielleicht gerade dann, wenn diese auf Abwege gerieten.
    Faszinierend ist

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