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Stadtlust - vom Glueck, in der Großstadt zu leben

Stadtlust - vom Glueck, in der Großstadt zu leben

Titel: Stadtlust - vom Glueck, in der Großstadt zu leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Barbara und Trippel Schaefer
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wenn man ökologisch denkt«, sagt Daniel Kubiak und wuchtet die Dachluke auf: »Solarthermie und eine Fotovoltaikanlage.« Und auf einem Stahlträger in der Mitte des Dachs soll noch ein Windkraftrad Platz finden. Hätte jedes Haus in Berlin-Lichtenberg so ein kleines alternatives Kraftwerk auf dem Dach, könnte vielleicht irgendwann die Rauchwolke aus dem Heizkraftwerk Klingenberg der Vergangenheit angehören.
    Ähnlich gut steht die Hausgemeinschaft mit ihrem Wasserhaushalt da. Regenwasser wird aufgefangen, geklärt und als Brauchwasser für Duschen verwendet. Die Fenster schließen im ganzen Haus so dicht, dass Lüftungsschlitze eingezogen werden mussten; ein einziger Holzpelletofen in der Gemeinschaftswohnung im Erdgeschoss heizt das ganze Haus.
    Der Verein »Lichte Weiten« betreibt das Haus als Träger. Um das Grundstück zu finanzieren, holten sie sich als finanzielle Unterstützung die Hattinger-trias-Stiftung dazu. Diese kauft Grundstücke und verpachtet sie zu bestimmten Auflagen, um Spekulationen mit Bodenpreisen zu verhindern. So entspricht etwa der große Garten – bepflanzt, begrünt und immer wieder neu gestaltet – dem Stiftungsprofil. Neben viel Spielfläche für Kinder pflegen die Bewohner kleine Gemüsebeete, ein Insektenhotel, Wildstauden und Bäume. Aktuell betreut die trias-Stiftung (Frühjahr 2012) achtzehn Projekte, die meisten in Berlin. Fünf weitere in ganz Deutschland werden gerade entwickelt.
    Dank niedriger Heizkosten wegen der guten Isolierung kostet der Quadratmeter der elf Wohnungen warm 7,65 Euro, wer einzieht, zahlt außerdem 200 Euro pro Quadratmeter als Einlage, dieses Geld wird für Investitionen verwendet. Die Einlage bekommt man beim Auszug zurück.
    Wenn eine Wohnung frei wird, lädt die Hausgemeinschaft zum Brunch für Interessierte. Am Sonntagmorgen treffen sich alle in der ebenerdigen Gemeinschaftswohnung, in der auch Feste gefeiert oder Gäste untergebracht werden. Die Bewohner erzählen von den Besonderheiten; so wird etwa die Gemeinschaftswohnung gemeinschaftlich geputzt, »aber reihum«, wie eine Bolivianerin erklärt. Diverse AGs wurden gegründet, eine kümmert sich um den Garten, eine um den Verwaltungskram, eine um die technischen Dinge. Der einzige Techniker im Haus unterweist eine Arbeitsgruppe in den Tücken der Heizung, »weg von der Wissenszentralisierung«, nennt er das. Es sei billiger, Dinge in Eigenregie zu erledigen. Wichtig sei, bei Problemen einen Weg zu finden. »Wir müssen uns nicht lieben, aber miteinander können.«
    Für Kubiak, seine Freundin und ihre Tochter war damals die Entscheidung klar. Sie hatten zuvor in Prenzlauer Berg gewohnt, im Bötzow-Viertel. »Hinterhof, keine Sonne. Und auf der Straße und im Park immer viel zu viel Menschen.« Das unglamouröse Umfeld in Lichtenberg habe ihn nicht abgeschreckt, sagt er. Nur hätten sie lange von einem Bioladen geträumt. Nun gibt es einen, worüber sie sich einerseits freuen, andererseits spüren, dass sich das Viertel ändert. Die Karawane der Wohnungssuchenden hat ihre Fühler ausgestreckt, ein erster Schritt zur Gentrifizierung. »Wir sind die Vorhut«, sagt Kubiak. Auch wenn das Wohnprojekt »Lichte Weiten« beweist, dass Wohnen auch ohne viel Geld ansprechend gestaltet werden kann. Großstädte bieten dafür die passenden und finanzierbaren Objekte und genügend Menschen, die sich für so ein Modell begeistern lassen.
    Derzeit genießt Kubiak – »ich war immer ein Verfechter der Stadt« – das gesellige Leben in den »Lichten Weiten«. »Im Flur trifft man immer jemanden, mit dem man sich verplaudert«, sagt der gebürtige Berliner. Und doch denken er und seine kleine Familie gerade darüber nach, ob sie in ein Dorf ziehen wollen. Weil sie eines gefunden haben, in dem Städter die alte Dorfschule neu als alternative Privatschule gegründet haben. Gerne würden sie ihrer Tochter mehr Freiraum bieten, den so eine Schule geben könne. Doch sie zögern noch. »Mit sechzehn wird mich meine Tochter verfluchen, wenn wir da draußen wohnen.«
    Das Wohneigentum
    Jeden Monat Miete zahlen für eine Wohnung, die einem nie gehören wird? 500 Euro pro Monat sind in dreißig Jahren 180000 Euro! Für die große Mehrheit unserer EU-Nachbarn, vor allem für Spanier, Engländer, Ungarn oder Slowaken ist das eine absurde Vorstellung. Sie kaufen die Wohnungen und Häuser, in denen sie wohnen. EU-weit beträgt die Eigentumsquote im Schnitt 61 Prozent. Deutschland hingegen ist ein Mieterland, vor allem in den

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