Stadtlust - vom Glueck, in der Großstadt zu leben
Normalerweise sind die Vierbeiner Meister im Verstecken; wagen sie sich aus der Deckung, dann meist in gebührendem Abstand.
»Füchse finden in Städten auf engstem Raum alles, was sie zum Leben brauchen«, weiß Andreas König vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan. Er hat die Tiere gründlich erforscht und im Münchner Bezirk Grünwald mit Kollegen etwa zehnmal so hohe Fuchsdichten gezählt wie auf dem Land. Stress gibt es dennoch keinen. »Stadtfüchse haben keinen Grund für Konkurrenzkämpfe um Fuchsbauten oder Fressen, da sie überall Unterschlupf finden«, sagt König. »Sie bauen sich ihre Unterschlüpfe in Garagen, Holzlagern oder U-Bahn-Schächten und tafeln aus Mülleimern, Komposthaufen oder gefüllten Hundenäpfen. Städte sind für sie das reinste Schlaraffenland.«
Seine Züricher Kollegin Sandra Gloor fand sogar heraus, dass Stadtfüchse viel sozialer leben, als Experten je vermutet hatten. Während Männchen wie Weibchen auf dem Land als Einzelgänger durch die Gegend streifen und sich, wenn überhaupt, nur wenige Tage im Jahr zur Begattung treffen, pflegen Stadtfüchse ein lustiges Familienleben mit mehreren Rüden, Fähen und Jungtieren. »Wer keinen eigenen Nachwuchs hat, hilft den anderen bei der Aufzucht der Jungen«, berichtet Gloor. Geradezu liebevoll wird miteinander gespielt und gerauft, manchmal schnuckeln sich mehrere Füchse sogar gemeinsam ins Nachtlager.
Foto-Safari in der Stadt
Der Naturfotograf Florian Möllers hat sich auf Reportagen über Wildtiere in der Stadt spezialisiert und über seine Berliner Begegnungen mehrere Bildbände veröffentlicht.
Welche Tricks müssen Sie anwenden, um Ihre Fotomodelle vor die Linse zu bekommen?
Im Vergleich zur freien Wildbahn liege ich nicht versteckt auf der Lauer, sondern erforsche vorher den Rhythmus der Tiere. Gute Kontakte zu Tierfreunden wie Förstern, Wildtierbeauftragten oder Stadtjägern sind da sehr wichtig. Sie wissen, wo man die Tiere immer wieder antrifft, denn die meisten haben einen festen Tagesablauf.
Welche Arten sind am zutraulichsten?
Tiere sind Individuen. Es gibt sowohl kamerascheue als auch welche, die mich ohne Scheu in ihre Nähe lassen. Generell hängt es davon ab, wie häufig die Tiere mit den Menschen schon in Kontakt waren. Als eher scheu erlebe ich Kraniche und Greifvögel – im Gegensatz zu Waschbären oder Wildschweinen.
Haben Sie ein Lieblingsfotomodell und wenn ja, warum?
Mein Lieblingstier ist das Wildschwein. Die geben optisch viel her, sind skurril in ihrer Art und groß. Da muss ich nicht so nahe ran und kann trotzdem mit dem Weitwinkelobjektiv spannende Bilder machen. Wildschweine haben ein interessantes Sozialverhalten und sind meistens im Familienverbund unterwegs. Außerdem kommt immer noch ein bisschen Kribbeln hinzu, schließlich könnten sie mich jederzeit über den Haufen rennen.
Ohne Ihre Geheimtipps zu verraten: Wo in Berlin kann auch ein Hobbyfotograf Bilder von Wildtieren machen?
Ganz einfach: überall dort, wo Menschen Nahrungsreste hinterlassen. Das kann ein Komposthaufen sein, ein Container vor einem Supermarkt, ein Restaurant. Tiere absichtlich zu füttern ist in Berlin aber verboten! Gute Plätze sind auch Friedhöfe oder Parks; so wohnen im Park Charlottenburg neuerdings Biber, im Spandauer Park kann man Kanadagänse beobachten. Füchse sieht man überall, sogar mitten in Kreuzberg am Kottbusser Tor.
Fehlt Ihnen noch ein Tier in Ihrer Sammlung?
Ja, der Seeadler. Ich habe zwar schon Jungtiere beim Beringen fotografiert, würde aber gerne die erwachsenen Raubvögel am Tegeler See beim Fischfang zwischen den Bootsanlegern fotografieren.
Der Fuchs im Kanzlerinnengarten und der Waschbär im Parkhaus am Alexanderplatz sind zwei besondere tierische Berliner. Mit welchem Tier hatten Sie Ihr »wildestes« Erlebnis?
Mich überrascht eher, wie sehr sich Tiere an die Menschen gewöhnen. Etwa die Ente, die sich im Balkonkübel meiner Bekannten zum Brüten niederließ, während daneben der Grill brutzelte.
Welche technische Ausrüstung empfehlen Sie für die Großstadt-Safari?
Ich bin meist mit kurzen Brennweiten unterwegs, um meine Motive mit wiedererkennbarem Großstadtflair für den Betrachter einzufangen, sprich: Weitwinkelobjektive mit Brennweiten zwischen 10 und 35 Millimeter. Meine Lieblingsoptiken sind ein 17–40er Weitwinkel und ein lichtstarkes Telezoom von 70–200 mm für Aufnahmen in der Dämmerung/nachts. Dazu ein bis zwei Blitzgeräte. Ein Stativ verwende ich selten, da der Aufbau
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