Stählerne Jäger.
gearbeitet, ihm beizubringen, wie man nach einem Kugelschreiber greift«, antwortete Masters stolz. »Insgesamt stecken darin gut zwei Jahre Forschung und Entwicklung. Der Arm enthält über dreihundert hydraulische Stellmotoren im Miniaturformat. Seine künstlichen Muskeln und Sehnen bestehen aus Faserstahl. Arm, Hand und Finger sind weit beweglicher als menschliche Glieder, aber es würde eine bewusste Willensanstrengung erfordern, sie unnatürliche Bewegungen ausführen zu lassen. Das gilt auch für seine Muskelkraft. Hydraulische Stellmotoren sind viel stärker als menschliche Muskeln, aber wir haben dieses System nicht so ausgelegt, dass es Ihnen übermenschliche Kräfte verleiht.«
Masters fuhr mit seinem Vortrag über die wunderbaren Eigenschaften des künstlichen Arms fort, bis er merkte, dass Paul ins Leere starrte. Er spulte die Videokassette zurück, stellte den Fernseher ab, nahm die Kassette heraus und legte sie in seinen Aktenkoffer. »Vielleicht wollen Sie sich das alles erst mal durch den Kopf gehen lassen«, sagte er und nickte dem Techniker zu, er solle mit den Einstellarbeiten aufhören. »Rufen Sie mich an, wenn Sie darüber reden wollen. Bis dann, Paul!«
Als die beiden gegangen waren, schwiegen die Brüder McLanahan zunächst. Patrick sah, dass Paul Tränen in den Augen hatte. »Das kommt alles wieder in Ordnung, Bruder«, meinte er tröstend.
»Was geschieht mit mir?«, fragte Paul, wobei seine elektronisch erzeugte Stimme die Trauer in seinem Herzen täuschend real wiedergab. »Ich fühle mich überhaupt nicht mehr wie ein Mensch.« Mit einem Blick zu Patrick hinüber fuhr er fort: »Und du… du erscheinst mir auch kaum noch menschlich. Was geschieht mit uns beiden?«
»Paul, deine einzige Sorge muss sein, wieder auf die Beine zu kommen«, sagte Patrick. »Alles andere ist…«
»Spar dir diesen Scheiß, Patrick!«, explodierte Paul. »Du hast mich schon viel zu lange als deinen kleinen Bruder behandelt.
Du brauchst mich nicht zu beschützen oder mir Kummer zu ersparen. Du hast mir versichert, alles komme wieder in Ordnung, als Dad gestorben ist; du hast mir versichert, alles komme wieder in Ordnung, als du Sacramento verlassen hast und praktisch aus meinem Leben verschwunden bist; jetzt liege ich einarmig und mit zerschossenem Kehlkopf hier, und du erzählst mir noch immer, alles werde wieder in Ordnung kommen! Du bist noch immer ein Mann voller Geheimnisse, Patrick. Ich spüre den Schmerz, den du empfindest, aber ich merke auch, wie du dich mir gegenüber abschottest.«
Seine Miene verfinsterte sich. »Ich verwandle mich in genau das, was ich am meisten hasse, Patrick – ich werde eine Maschine! Ich habe Laser als Stimmbänder, Mikrochips als Kehlkopf, und jetzt will Jon mir hydraulische Stellmotoren als Muskeln und Faserstahl als Knochen verpassen. Ich verwandle mich in das, was ich auf der ganzen Welt am meisten hasse.«
Er musterte Patricks Gesicht mit einer seltsamen Mischung aus Trauer und Mitleid.
»Aber das Schlimmste daran ist, dass ich die Gefahr spüre, ich könnte so werden wie du, Bruder. Ich habe das Gefühl, meine Seele werde durch eine Maschine ersetzt. Und was hast du als Trost für mich parat? ›Mach dir keine Sorgen. Finde dich damit ab. Alles kommt wieder in Ordnung.‹ Ich habe Angst, verdammt noch mal! Ich habe Angst, weil ich mich in einen gottverdammten Roboter verwandle – in eine Ansammlung mechanischer und elektronischer Bauteile – , aber wenn ich mir von dir guten Rat und Beistand und Liebe erhoffe, spüre ich nur eine weitere Maschine, eine noch schrecklichere Maschine, die mich tiefer und tiefer in den Abgrund zieht.« Er machte eine Pause und wartete darauf, dass Patrick etwas sagen würde, aber sein Bruder schwieg. »Los, sag endlich was, red mit mir, verdammt noch mal! Red mit mir oder verschwinde!«
»Paul ich kann nicht darüber reden«, wehrte Patrick ab. »Das ist alles…«
»Erzähl mir bloß nicht, das sei alles ›geheim‹ oder gar ›streng geheim‹«, unterbrach Paul ihn. »Irgendetwas treibt einen Keil zwischen uns. Wir wollen zusammenhalten, uns gegenseitig unterstützen, aber das gelingt uns nicht. Wir sind beide verletzt. Ich weiß, was mich verletzt hat, Patrick. Aber was zum Teufel hat dich verletzt?« Er schloss die Augen und strengte sich bewusst an, wieder die fast telepathische Verbindung zu Patrick herzustellen, die früher über Raum und Zeit hinweg zwischen ihnen existiert hatte. Dann schüttelte er resigniert den
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