Stählerne Schatten
Marinegefängnis überführen, um mit ihrer Vernehmung zu beginnen, schlug Badi vor, wobei er das Wort überführen betonte, damit Tufajli ihn keinesfalls mißverstehen konnte. »Sie könnten die Überführung persönlich beaufsichtigen.«
Tufajli dachte nochmals über seinen Vorschlag nach, dann nickte er. »Veranlassen Sie alles Notwendige, General«, wies er Badi an. »Die Gefangenen sind zu wichtig, als daß sie an Bord bleiben dürften, und ich werde sie persönlich verhören.« In einer stummen Dankesgeste legte Tufajli die Hand auf den Arm seines Stabschefs, bevor Badi forthastete, um den Auftrag auszuführen.
Von bewaffneten Leibwächtern und Stabsoffizieren umringt war Admiral Tufajli der Peinlichkeit enthoben, in die Gesichter einfacher Matrosen und Revolutionswächter blicken zu müssen, als er sich zum Heck der Khomeini begab, um sich mit dem Hubschrauber nach Chah Bahar abzusetzen. Am Heck wartete bereits eine Gruppe von Männern in zerfetzter, ölgetränkter Kleidung – mit Handschellen gefesselt und mit schwarzen Säcken über den Köpfen.
Tufajli trat dicht an den Mann an der Spitze der Gefangenengruppe heran und sprach laut, um die Arbeitsgeräusche an Deck und den Triebwerkslärm des Hubschraubers zu übertönen: »Wie ich sehe, werden Sie gut behandelt, Oberst White.«
»Ah, das ist doch Admiral Tufajli«, sagte Paul White mit vor Durst krächzender Stimme. Sein Gesicht war noch immer mit einer Schicht aus Fett, Öl und Salz bedeckt, weil er nach dem Untergang der Valley Mistress mehrere Stunden lang mit angelegter Schwimmweste im Meer getrieben hatte. »Was rieche ich da, Admiral? Das riecht nach Krieg… «
Ein Wachposten rammte White seinen Gewehrkolben in die Magengrube; einige der Marineinfanteristen versuchten sich loszureißen, um White zu Hilfe zu kommen, aber sie waren vor Durst und Hunger so geschwächt, daß die Wachen keine Mühe hatten, sie zurückzureißen.
Im nächsten Augenblick schrillte ein Alarmsignal durchs Schiff, und die Fla-Waffen der Khomeini eröffneten wieder das Feuer. Aber diesmal verstummte das Feuer schon nach wenigen Sekunden, obwohl das Alarmsignal weiterschrillte. Mehrere Offiziere kamen angerannt, um Tufajli Meldung zu erstatten. »Was höre ich da, Admiral?« fragte White spöttisch. »Sie haben keine Lenkwaffen SA-9 mehr? Wie ist das möglich? Sie müssen mindestens ein, vielleicht sogar zwei Dutzend Angreifer abgeschossen haben, wenn Sie mit Ihren Langstreckenwaffen so verschwenderisch umgehen.«
»Halten Sie den Mund, sonst liegen Sie bald wie Ihr Spionageschiff auf dem Meeresboden, Oberst White«, warnte Tufajli ihn. »Die Vernehmungsoffiziere in Chah Bahar wird es sehr interessieren, daß Sie Farsi verstehen.«
»Fliegen wir irgendwohin, Admiral?« erkundigte White sich. »Vielleicht hat’s vorhin doch nicht nach Krieg gerochen… vielleicht habe ich etwas anderes gerochen? Kommt das von Ihnen! Was könnte das sein, Admiral?«
Als Reaktion darauf riß Tufajli ihm den schwarzen Sack vom Kopf und schrie: »Ich habe Sie gewarnt, den Mund zu halten, Oberst White. Aber da Sie das nicht tun, muß ich Ihnen eine nachdrückliche Lektion erteilen.« Er nahm einem Wachposten das Gewehr aus der Hand, zog einen Marineinfanteristen aus der Gruppe, setzte ihm die Waffe an den Kopf und drückte ab.
Der Kopf des Mannes zerplatzte wie eine reife Melone.
Alle zuckten zusammen, als der Schuß fiel, aber der dumpfe Aufprall des kopflosen Leichnams auf dem rutschfest beschichteten Stahldeck klang sogar noch lauter. Whites Augen quollen schier aus ihren Höhlen, und er hatte Mühe, sich mit nachgebenden Knien auf den Beinen zu halten. »Für alle weiteren Tode als Folge von Angriffen Ihrer amerikanischen Spießgesellen sind allein Sie verantwortlich, Oberst White«, sagte Tufajli. »Sie und Ihre Männer werden als Terroristen vor Gericht gestellt.«
»Und ich sorge dafür, daß Sie für diesen Mord in der Hölle braten«, antwortete White mit schwacher Stimme. »Sie Hundesohn!«
»Ah, nicht mehr so wortgewandt wie vorhin, wie ich höre«, meinte Tufajli zufrieden. »Gut. Das wird Sie lehren, Ihre Zunge im Zaum zu halten.« Mit erhobener Stimme erklärte er der Gruppe von Männern: »Die Vereinigten Staaten haben der Iranischen Republik den Krieg erklärt, deshalb sind Sie alle Kriegsgefangene. Und da Sie als Kombattanten keine Uniform getragen haben und der Spionage verdächtig sind, stehen Sie nicht unter dem Schutz der Genfer Konvention. Das bedeutet, daß Sie vor
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