Stahlfront 1: Die Macht aus dem Eis
Verwüstung.
Manfred ruderte stumm neben ihm in dem Schwimmbecken, das ihnen das Leben gerettet hatte. Seine Augen waren weit aufgerissen, und er brachte kein einziges Wort über die Lippen. Aber er schien unverletzt.
Geyer allerdings preßte mit schmerzverzerrtem Gesicht die Zähne zusammen. Das Wasser um ihn herum färbte sich rot.
»Geht es ?«
Geyer nickte nur stumm. Wittmann hatte ihn von Anfang an richtig eingeschätzt: Der Mann wußte, wie man sich in einer Schlacht verhielt - und wie man sie überlebte.
Es war ihr Glück gewesen, daß es sich beim Wintergarten über der Schwimmhalle um einen Leichtbau gehandelt hatte, der dem Explosionsdruck keinen Widerstand hatte entgegensetzen können. Trotzdem war eine große Glasscherbe zurück nach unten gestürzt und hatte Geyer eine tiefe, stark blutende Fleischwunde an der Hüfte gerissen. Er preßte sofort wieder die linke Hand darauf, als sie aus dem Becken geklettert waren.
»Wir müssen hier weg !« An dem gewaltigen Feuerschein, der die Nacht ringsum erleuchtete, erkannte Wittmann, daß die Unbekannten ganze Arbeit geleistet hatten. Bis auf das Schwimmbecken standen von dem Hotel vermutlich nicht einmal mehr die Fundamente. Es war reines Glück gewesen, daß sie sich zum Zeitpunkt der Explosion im Wasser aufgehalten hatten. Alle anderen Gäste und Bediensteten des Hotels waren entweder tot oder lagen im Sterben.
Er zog den willenlosen Manfred den Hügel mit dem Rasen hinab und auf die Büsche und Bäume des Hotelparks zu. Geyer folgte stumm und ohne Fragen zu stellen. Er verstand: Der Park lag unterhalb des Hotels. Aber auf dem Rasen waren sie im Licht des Großbrandes leichte Ziele. Sobald sie erst einmal unten zwischen den Bäumen waren, würde die Dunkelheit sie schützen.
Schon hatten sie die offene Fläche überwunden, tauchten wie Gespenster in Badehosen in den Schutz des nachtdunklen Gehölzes. Unvermittelt stand ein Bewaffneter in schwarzem Kampfanzug vor ihnen. Er zögerte einen Sekundenbruchteil, schien überrascht, auf Überlebende der Explosion zu treffen -und schied selbst mit einem gehauchten Seufzer aus dem Leben. Wittmann hatte ihm mit einer einzigen fließenden Bewegung das Genick gebrochen.
Manfred konnte ein entsetztes Stöhnen nicht unterdrücken. Schon wirbelte Magnus herum und hielt ihm nachdrücklich den Mund zu. Der freie Journalist nickte. Er hatte verstanden. Sie mußten leise sein. Wo einer der Bewaffneten war, da waren auch noch mehr.
In fliegender Hast durchsuchte Wittmann die Taschen des Toten. Er fand einen Ausweis und zog ihn heraus. Seine Augen waren gut genug, um in dem flackernden Licht, das vom Hügelkamm herabfiel, genau zu erkennen, worum es sich handelte: um einen Polizeiausweis - und zwar um einen der Spezialeinheit KVE 10. Magnus wußte über diese Truppe genau Bescheid, denn als sie im vorigen Jahr gegründet worden war, hatte man auch alle ehemaligen KSK-Soldaten angesprochen. Da er eigentlich vorgehabt hatte, nie mehr zu kämpfen und vor allem nie mehr zu töten, hatte Wittmann das Angebot abgelehnt.
Er seufzte. Nun bekam er es also doch noch mit dieser Polizeitruppe zu tun. Aber was wollte die KVE hier? Die drei Buchstaben standen für »Kanzlerverfügungseinheit«, und offiziell sollte es sich bei dieser Sondertruppe um ein Spezialkommando für Einsätze gegen internationale Terroristen handeln. Nun, was die Einsatzmöglichkeiten dieser Truppe anging, war die Öffentlichkeit anscheinend einmal mehr getäuscht worden.
Er nahm das Kampfmesser des Toten an sich und winkte den beiden anderen stumm, ihm zu folgen. Manfred deutete auf die Maschinenpistole, die neben der Leiche am Boden lag, und flüsterte: »Sollten wie die nicht mitnehmen, falls noch mehr von denen hier sind ?«
Ebenso leise gab Wittmann zurück: »Nein. Schüsse würden die anderen nur auf uns aufmerksam machen. Manchmal sind Messer viel wirkungsvoller als alles andere .«
Er rieb seinen Körper mit Erde ein und bedeutete den anderen stumm, es ihm nachzumachen. Manfred verstand: Ihre helle nackte Haut würde sie in der Dunkelheit verraten. Also gehorchte er, obwohl er Schmutz verabscheute. Gemeinsam halfen sie dann Geyer, der nach wie vor eine Hand auf die Wunde in seiner Seite preßte.
Magnus huschte voran, weiter den Hügel hinunter. Der Park des Hotels reichte bis zu einem kleinen Bach, der sich auf der Talsohle zwischen den Hügeln durchschlängelte. Auf der anderen Seite standen ein paar schöne Wohnhäuser, vor wenigen Jahren erst
Weitere Kostenlose Bücher