Stahlfront 3: Der zweite Buergerkrieg
werfen - ich erinnere nur daran, daß der zweite Atombombenwurf der Amerikaner eigentlich der Stadt Kokura gegolten hatte und nur deswegen auf Nagasaki erfolgte, weil Kokura an diesem Tag unter Wolken lag, Nagasaki hingegen nicht! -, galt als zielorientiert und nicht verdammenswert.
Ich frage Sie, Herr Vorsitzender, und ich frage die ganze Welt: Was unterscheidet den Bomberpiloten einer unterlegenen Kriegspartei moralisch und juristisch von einem Bomberpiloten der Siegerseite? Können heute nur noch Verlierer Kriegsverbrechen begehen? Dann ist Hauptmann McBain freizusprechen, denn die Amerikaner haben den Krieg gegen China zwar nicht gewonnen - verloren haben sie ihn aber auch nicht .«
Oberst von Galen machte eine kurze Atempause und trank einen Schluck Wasser. Er ließ seinen Blick über die versammelte Journaille streifen. Manche saßen da mit versteinertem Gesicht, andere mit offenem Mund - und Uschi Braun war ganz bleich vor Wut.
Aber es blieb still im Saal. Als er tief Luft holte, um dann fortzufahren, hätte man eine Stecknadel fallen hören können.
»Wir sind heute in diesem Gerichtssaal versammelt, nicht um über Politik oder Geschichte zu diskutieren, sondern um über das Schicksal eines einzelnen Menschen zu richten - über sein Leben. Hauptmann McBain muß verurteilt werden, wenn er sich persönlich schuldig gemacht hat - doch auch nur dann.
Wie aber sieht persönliche Schuld eines Soldaten in einem Krieg aus? Wer Gefangene mißhandelt, Zivilisten nur aus Mordlust tötet oder vergewaltigt, der ist in unseren Augen ein Kriegsverbrecher. Keine Armee kann sich vor solchen Subjekten sicher schützen, weshalb jede anständige Armee sie vor ein Kriegsgericht stellt und mit aller Härte bestraft.
Ich erinnere mich aber auch an die roten Horden, die 1945 nicht nur plündernd und brandschatzend ins besiegte Deutschland einfielen, sondern von ihren Offizieren auch noch systematisch dazu angehalten wurden, möglichst viele deutsche Frauen und Mädchen zu vergewaltigen, >um den Rassehochmut der Deutschen zu brechen<. Wurde dieses Menschheitsverbrechen jemals gesühnt? Nein.
Meine Schwiegermutter erzählt noch heute mindestens einmal in der Woche davon, wie sie als 16jähriges Mädchen in Danzig von einem Russen mit Bauchschuß niedergestreckt wurde und nur überlebte, weil der Soldat sie für tot hielt. Wurde dieses Verbrechen jemals gesühnt? Nein.
Gut, kann man sagen, die Zeiten haben sich gewandelt. Das Massaker von My Lai in Vietnam wurde geahndet - Leutnant Calley wurde immerhin zu lebenslanger Haft verurteilt, von der er einen kompletten Tag absitzen mußte -, und auch die Folterverbrechen im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib wurden abgeurteilt.
Doch die Tatsache des amerikanischen Einmarschs im Irak -oder in Afghanistan oder auf Grenada oder in Panama oder wo sonst auch immer - entzog sich der Beurteilung durch die Kriegsgerichte, denn sie war im Prinzip eine politische Entscheidung.
So war es auch eine politische Entscheidung der amerikanischen Präsidentin, den rotchinesischen Angriff auf Formosa mit einem umfassenden Krieg zu beantworten. So war es auch eine politische Entscheidung des OKT, mit dem Einsatz unserer Waffensysteme einen allesvernichtenden Atomkrieg zu verhindern.
Der damalige Oberleutnant McBain hat einen Befehl seines Kommandanten ausgeführt, und der handelte wiederum auf Befehl. Man mag vielleicht darüber streiten, ob es ein Verbrechen sein kann, sich als Berufssoldat zu verdingen. Aber wer einmal Soldat ist, muß seine Befehle ausführen. Eine Armee ist kein Parlament mit seinen endlosen Debatten. Eine Armee funktioniert nur mit dem Prinzip von Befehl und Gehorsam. Für einen Soldaten ist nicht die Ausführung eines Befehls ein Verbrechen, sondern seine Verweigerung.
Das gilt auch für den Generalstab, befolgt er doch in der Regel nur die Befehle der Politiker. Die hier zur Debatte stehende Kampfhandlung des damaligen Oberleutnants McBain wurde über eine Kette von Befehl und Gehorsam veranlaßt, deren erstes Glied im Weißen Haus zu suchen ist.
Ein Kriegsgerichtsverfahren wie dieses aber kann nicht über politische Entscheidungen urteilen. Ich möchte im Gegenteil davor warnen, den Beschluß einer Regierung, Krieg zu führen, als Verbrechen hinzustellen. Krieg ist ein legitimes Mittel eines souveränen Staates zur Durchsetzung seiner Interessen. Ein Verbot der Kriegführung wird Kriege niemals verhindern - es wird nur die Folgen für die Besiegten noch viel furchtbarer
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