Stahlfront 4: Verrat um Thule
worden.
Manfred Behrens war von seiner Zeitung als offizieller Berichterstatter zur Unterzeichnung des Friedensvertrags geschickt worden, nicht zuletzt als Anerkennung seiner hervorragenden Arbeit.
Die feierliche Veranstaltung hatte am 15. Juni stattgefunden. Manfred, der sich fast drei Wochen in Amerika aufgehalten hatte, war unmittelbar darauf nach Thule zurückgeflogen und hatte für den kommenden Samstag seine Freunde und ihre Damen zu einer kleinen Wiedersehensfeier in sein Haus eingeladen.
Sein Freund Walter hatte eine seiner exquisiten Mahlzeiten zubereitet - der junge Mann hätte in jedem Spitzenrestaurant sofort eine Anstellung gefunden.
Magnus Wittmann und Mike McBain kamen gemeinsam in einem Elektrotaxi in Begleitung ihrer Freundinnen Gabi und Elsebeth.
Magnus fiel sofort auf, daß der Tisch im Wohnzimmer für acht Personen gedeckt war. »Ihr erwartet noch jemanden ?« fragte er.
»Ich habe noch Heinrich eingeladen«, erklärte Manfred. »Der alte Knabe ist mir irgendwie ans Herz gewachsen - trotz allem .« Bedeutungsvoll faßte er sich an die Seite, an der Heinrich ihm einen Streifschuß verpaßt hatte.
»Aber dann steht da immer noch ein Teller zuviel«, stellte Gabi fest.
»Kluges Mädchen!« Manfred hauchte ihr einen Kuß auf die Wange. »Aber seit der alte Knacker seine Jungbrunnenkur hinter sich hat, ist er eben alles andere als ein alter Knacker. Er hat mich gebeten, seine Freundin mitbringen zu dürfen .«
Diese Nachricht schlug ein wie eine Bombe.
»Der alte Heinrich hat eine Freundin ?« Mike konnte es kaum fassen.
»So sieht es aus. Schlappe 86 Jahre auf dem Buckel müssen dafür schließlich kein Hindernis sein - nicht zu vergessen, daß er einen gewissen Nachholbedarf hat, den er angesichts seiner Sonderbehandlung jetzt auch tatsächlich stillen kann .« Manfred seufzte. »Ich hoffe, unsere Forscher sind irgendwann in der Lage, das Serum synthetisch herzustellen, ohne Zehntausende Ungeborene dafür zu töten .«
Magnus registrierte erfreut, daß sein Freund von »unseren« Forschern gesprochen hatte. Trotz all seiner Distanz zum Reich begann Manfred sich langsam mit Thule und dessen Zielen zu identifizieren.
Es klingelte an der Tür, und Heinrich Heinrich, Stabsfeldwebel a. D., begehrte Einlaß.
An seinen Arm schmiegte sich eine attraktive dunkelblonde Frau um die 30. Sie hatte relativ kurze Haare, und aus ihren blauen Augen sprühte der Schalk. Heinrich, der aussah wie ein Mann Ende 40 (und keinesfalls wie jemand, der bald seinen 87. Geburtstag feierte), hatte keine einzige graue Strähne mehr in seinem vollen blonden Schopf.
»Das ist Martina«, stellte er seine Begleiterin vor. »Ihr Mann diente in der Division >Theoderich< und ist in Sellafield gefallen. Das ist zwar noch nicht sehr lange her, aber sie ist eine gesunde Frau, ihre Kinder brauchen einen Vater, und außerdem verstehen wir uns prächtig. Früher oder später wird sie wohl Frau Heinrich werden !«
»Großartig«, strahlte Manfred. »Kommt rein, ihr zwei !« Er hakte sich bei Martina unter und erkundigte sich nach ihren Kindern. »Wie viele hast du denn ?«
»Zwei. Einen Buben und ein Mädel. Aber ich könnte mir vorstellen, daß früher oder später noch ein oder zwei dazukommen. Für einen Mann von 85 ist Heinrich wirklich erstaunlich gut drauf .«
»Das will ich meinen«, frotzelte Manfred. »Er sieht keinen Tag älter aus als vierundachtzigeinhalb !« Er führte Martina an ihren Platz, rückte ihr galant den Stuhl zurecht und fragte: »Und wo sind deine Kinder jetzt ?«
»Bei meinen Eltern in Rommelburg.«
»Wenn ihr mich das nächste Mal besucht, müßt ihr sie unbedingt mitbringen. Ich bestehe darauf !«
*
Als Walter nach einem wirklich exquisiten Mahl die Dessertteller abgeräumt hatte und duftenden Kaffee aus der Küche brachte, erkundigte sich Magnus nach Manfreds Erlebnissen in Amerika. »Wie kam es denn eigentlich zu dem so raschen Friedensschluß? Ehrlich gesagt, hat mich das doch ziemlich überrascht .«
»Die USA mußten sehr schnell einsehen, daß sie die von Thule unterstützen CSA nicht schlagen konnten. Die haben zwar deutlich weniger, aber wesentlich bessere Soldaten als die Amis. Und während die meisten von diesen im Prinzip nicht viel mehr als bessere Söldner sind, kämpften die Männer des Südens für ihre Heimat, für ihre Familien und für ihre Freiheit. Das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor«, erklärte Manfred mit nachdenklicher Stimme. »Aber ich glaube außerdem, daß
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