Stahlfront 4: Verrat um Thule
Boje werfen. Die krachte durch die dünne Eisdecke und trieb dann inmitten der Bruchstücke im grünlich-klaren Wasser. Die Sonde diente als Umsetzer: Über die kurze Strecke stand die Funkverbindung zur Flugscheibe natürlich wie eine Eins. Ein batteriebetriebener Rechner wandelte die Funkwellen in Impulse für Magnetfunk um, der nur unter Wasser funktionierte und eine Reichweite von mehreren hundert Kilometern hatte.
Es dauerte nicht lange, dann brach nicht weit von der Boje entfernt die Eisfläche auf, und eine kreisrunde stählerne Plattform von etwa 100 Metern Durchmesser schob sich nach oben, bis sie knapp zehn Meter über dem Wasser zur Ruhe kam.
Oberst von Klenk persönlich steuerte die Flugscheibe auf die Plattform hinab. Während der Landung sah Magnus aus den Augenwinkeln, wie die Abwurfboje von einer kleinen Explosion zerrissen wurde und ihre Trümmer versanken.
Er mußte wohl ziemlich verblüfft ausgesehen haben, denn der Oberst erklärte: »Diese Umsetzerbojen sind billige Massenprodukte. Ihre Bergung ist prinzipiell nicht vorgesehen. Aber wir wollen auch nicht, daß die Magnetfunktechnik in die Hände des Feindes fällt. Also werden die Dinger zerstört, sobald wir sie nicht mehr brauchen .«
Im nächsten Augenblick hatte Magnus die Boje vergessen, denn das, was sich jetzt abspielte, war einfach zu phantastisch. Unterhalb der Plattform waren zwei stählerne Vorrichtungen montiert, die sich jetzt von beiden Seiten über die Flugscheibe wölbten und sich dabei immer weiter entfalteten wie das Dach eines modernen Kabrios.
Als der Vorgang abgeschlossen war, hatte sich die Plattform in eine geschlossene Halle mit halbkugelförmigem Dach verwandelt. Die I 24 wirkte trotz ihrer großen Abmessungen klein in dieser riesigen Halle, die von starken Strahlern unter der Decke hell ausgeleuchtet wurde.
Aus einem kleinen Aufbau am Rand, den Magnus bisher nicht beachtet hatte, traten Männer in den schwarzen Uniformen der Thule-Truppen und kamen auf die Flugscheibe zu. Von Klenk ließ das Eingangsschott öffnen.
Ein Unteroffizier kam an Bord, knallte vor dem Oberst die Hacken zusammen und machte zackig Meldung: »Feldwebel Brand vom Plattformkommando zu Ihren Diensten, Herr Oberst. Ich melde die Herstellung ordnungsgemäßen Verschlusses und den Beginn der Tauchfahrt. Wir werden Thule Nord in knapp 60 Sekunden erreichen !«
»Danke, Herr Brand. Vielleicht hätten Sie die Güte, den Herren Schmidt, Schmitt und Wittmann die Funktion der Plattform zu erklären. Sie besuchen Thule Nord nämlich zum erstenmal .«
»Selbstverständlich, Herr Oberst!« Erneut knallte er die Hacken zusammen und salutierte.
Dann kam er auf die drei Männer in Zivil zu und wollte vor Wittmann Männchen machen, doch der winkte ab. »Entspannen Sie sich, Feldwebel, wir sind hier nicht auf dem Exerzierplatz. Ein Glück für Sie, denn sonst hätten Sie sich schon den ersten Rüffel eingefangen, weil die Herren Schmidt und Schmitt Majore sind !«
Brand war nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen - eben ein Unteroffizier von echtem Schrot und Korn. Männer wie er waren das Rückgrat einer jeden Armee. »Danke für den Hinweis, Herr Hauptmann !«
Magnus fand es nicht wirklich gut, daß er innerhalb des Reiches Thule schon nach so kurzer Zeit fast so etwas wie Kultstatus besaß. Aber seine Einsätze sorgten immer wieder für Gesprächsstoff, nicht zuletzt deswegen, weil Manfred über die meisten spannende Reportagen für die »Thule-Nachrichten« verfaßt hatte.
»Wie Sie wissen, wurde unsere Station Thule Nord ab 1951 in den oberen Schichten des Harris-Rückens errichtet, anfangs vor allem als sicherer Anlaufhafen für unsere damals neuen U-Boote vom Typ XXXI. Obwohl in mehr als 1000 Meter Wassertiefe gelegen, haben wir die Station seitdem ununterbrochen modernisiert und ausgebaut, so daß wir heute auf eine Anlage von gut 100 Quadratkilometer Größe kommen.
Im Laufe der Zeit hat sich die Bedeutung von Thule Nord stark verändert. Wir sind von einem U-Boothafen zur sicherlich schlagkräftigsten Kampfstation der Welt geworden. Einen wichtigen Beitrag dazu liefern Tauchplattformen wie diese hier: Die Plattform ist mit einem langen Ausleger unter dem Boden an einem gut einen Kilometer hohen Mast verankert, der rund 80 Meter unter der Wasseroberfläche endet. An diesem Mast fahren wir nun hinab nach Thule Nord. Da die Plattformen druckdicht sind, können wir alles herunter- oder hinaufbringen, egal wie empfindlich es ist, solange es nur
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