Stahlhart
zu setzen.
Rainer West fuhr nach Hause, setzte sich vor den Fernseher und ließ die Sendungen an sich vorbeirauschen. Angesichts seiner Zukunft machte er sich keine Illusionen. Deprimiert gab er sich einigen Flaschen Becks Bier hin und schlief dann auf dem Sofa ein.
Günther Voss saß in seinem schmucken Haus am Weidedamm III vor dem Fernseher und sah sich die Tagesschau an. Seine Frau Martina werkelte in der Küche und bereitete das Abendbrot vor. Es war später als sonst geworden, weil ihr Mann, als Filialleiter der Commerzbank Bremen-Findorff, spät nach Hause gekommen war. Am nächsten Tag stand für ihn eine Betriebsprüfung an.
Die 16-jährige Tochter Emma saß oben in ihrem Zimmer am Computer. Es klingelte.
»Erwartest du noch jemanden?«, rief Günther Voss seiner Frau in der Küche zu. »Heute Abend kann ich wirklich niemanden gebrauchen.«
»Nein, Schatz, für mich kann das nicht sein. Vielleicht ist es ein Nachbar, sieh einfach nach«, antwortete Martina Voss.
Widerwillig rappelte sich Herr Voss hoch und schlurfte zur Haustür. Falls es Vertreter oder Zeugen Jehovas sein sollten, würden sie ihn kennenlernen. Ein fremder Mann stand draußen.
»Guten Abend, Herr Voss«, begann der Fremde.
»Ich brauche nichts, schon gar keine Störung. Außerdem ist es…« Weiter kam er nicht. Der Fremde drängte ihn in den Flur.
»Was soll das?«, erstaunt blickte Günther Voss auf den Fremden, der im gleichen Moment eine Pistole, Marke Heckler & Koch P 2000, aus seinem Hosenbund zog und mit fließender Bewegung gegen die Stirn des Herrn Voss presste. Der Fremde legte den Zeigefinger seiner anderen Hand auf die Lippen, als Zeichen für Stille. Dann packte der Mann Günther Voss an dessen rechter Schulter, drehte ihn und gab ihm einen Stoß in Richtung Wohnzimmer.
»Wer war es denn?«, erscholl die Stimme von Martina Voss aus der Küche.
Der Fremde entschied um und fragte mit leise gesprochener Stimme: »Küche?«
»Ja.«
»Gehen Sie hin!«
Martina Voss hörte den schlurfenden Schritt ihres Mannes, drehte sich vom Herd um und sah ihren Mann, hinter dem ein anderer stand, der ihrem Günther eine Pistole an die Schläfe hielt. Mit gedrosselter Stimme fragte der Fremde: »Ist sonst noch jemand im Haus?« Einen kurzen Augenblick zögerte die Hausherrin und dachte an ihre Tochter oben.
»N-nn-nein«, erklärte sie in der Hoffnung, Emma würde nicht erscheinen, bevor sie zum Essen rief.
»Ins Wohnzimmer!«, befahl der Fremde.
Dort angekommen, stieß der Mann Günther Voss in Richtung Sofa, bellte kurz »Hinsetzen« und in Richtung Frau Voss »Du auch«. Verängstigt, verschreckt, mit weit aufgerissenen Augen saß das Ehepaar Voss nebeneinander auf der Couch.
»Was wollen Sie? Sie bekommen alles Bargeld, das ich im Haus habe, sogar den PIN meiner Scheckkarte, nur tun Sie uns nichts«, begann Günther Voss nach einer Schrecksekunde und nachdem er etwas Mut gefasst hatte. Der Täter hatte sie nicht sofort umgebracht. Das sollte ein gutes Zeichen sein.
Mit den Worten: »Hier nimm das Klebeband und fessele deine Frau. Mach es stramm und richtig, ich kontrolliere es. Sitzt es nicht richtig, töte ich sie!«, warf der Fremde eine Rolle Paketklebeband in den Schoß von Günther Voss.
»Los Arme nach vorn!«, ordnete der Täter in Richtung Frau Voss an. »Und du umwickelst sie«, zeigte der Fremde, indem er mit einer Handbewegung die Waffe als Hilfsmittel einsetzte. Nachdem Martina Voss verschnürt war, kontrollierte der Fremde die Fesselung. Sie saß fest. Er nahm im Sessel Platz.«Wir fahren gleich zu deiner Bank. Dort will ich Geld, alles, was verfügbar ist.«
»Da ist nichts«, erklärte verschreckt Günther Voss. »Das ist alles im Safe, und da kann ich nicht allein ran. Ich brauche den Schlüssel meiner Stellvertreterin.«
»Gut. Dann rufst du sie an und bestellst sie her, mit Schlüssel!«
Günther Voss zögerte. Er wollte nicht auch noch seine Kollegin gefährden. Natürlich hatte er ein Seminar über Krisenmanagement in solchen Situationen absolviert.
»Los! Ruf an, sonst stirbt deine Frau. Und lass dir nicht einfallen, etwas Verräterisches loszulassen. Das hat den gleichen Erfolg!«
Günther Voss ergab sich in sein Schicksal. Er wählte die Nummer seiner Kollegin Gabi Dressler und bat sie unter dem Vorwand, er müsse wegen der Betriebsprüfung noch mal in die Bank und sie solle mitkommen, zu sich. Sie könne ihn doch bitte abholen. Die Stellvertretende Filialleiterin versprach umgehend zu
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