Stahlhart
ein Stück weiter zurücktaumeln. Eine Salve aus dem Sturmgewehr, die für Rainer West gedacht war, jagte gen Himmel. Zuckend schlug die Gestalt rückwärts gegen den Krankenwagen, rutschte das Autoblech hinunter und blieb verkrümmt auf dem Asphalt liegen. Sofort bildete sich eine Blutlache auf dem Boden. Blut lief dem vermeintlichen SEK-Mann aus Mund und Nase.
Uta Hansen lief sofort hin und betete im Laufen, dass sie keinen Fehler gemacht hatte. Ohne zu zögern und Rücksicht zu nehmen, riss sie der Gestalt die Sturmhaube hoch und blickte in die toten Augen von Roland Ernst.
Sie blies ihre Wangen auf und entließ die Luft mit pfeifendem Geräusch aus ihrem Mund. Ihre Bitten waren erhört worden, sie hatte keinen Unschuldigen getötet.
»Jetzt ist es wirklich vorbei!«, murmelte sie erschüttert. Sie hatte einen Menschen töten müssen, wenn auch nur, um zu verhindern, dass dieser einen weiteren Menschen hinrichtete. Sie würde vor der Internen Abteilung Rede und Antwort stehen müssen.
»Sie hatten keine andere Chance, Sie mussten es tun!«, flüsterte der schwache Rainer West, der inzwischen sein Bewusstsein wiedererlangt hatte.
»Ja, Sie haben recht, und für ihn ist es besser so. Als ehemaliger Polizeikommissar wäre das Gefängnis für ihn zur Hölle geworden. Er hätte keinen ruhigen Tag mehr gehabt. Die Mitgefangenen hätten sich gegen ihn verschworen, ähnlich wie bei Kinderschändern, und hätten ihn gequält.«
»Bei dem Leid, das er verbreitet hat, wäre es aber genau das, was er verdient hätte!«, zeigte Britta Kern kein Mitleid mit dem Serienkiller, der einmal ihr Mann gewesen war.
Hauptkommissarin Uta Hansen hob die Hand. Mit ausgestreckter Handfläche machte sie eine kurze, fast wehmütige Abschiedsbewegung, als Rainer West und Britta Kern durch den Rettungswagen in eine unbeschwerte Zukunft gebracht wurden.
Rainer West und seine Britta wurden ins St.-Jürgen-Krankenhaus eingeliefert.
Der Stationsarzt erkannte Rainer sofort und begrüßte ihn mit einem: »Da sind Sie ja wieder. Hab ich Ihnen gefehlt?«
Durch den Kampf mit Roland Ernst war bei Rainer die Wunde wieder aufgerissen.
Hauptkommissarin Hansen hatte es geschafft, unter Hinweis auf den Zeugenstand der beiden, dass Britta und Rainer zusammen in ein Zimmer verlegt wurden. Wieder gab es bei Rainer einen größeren Blutverlust, der per Infusionen ausgeglichen werden musste. Britta litt unter Erschöpfungszuständen und musste mit Stärkungsmitteln aufgepäppelt werden. Ein Polizeipsychologe stand den beiden zur Seite, um die Geschehnisse zu verarbeiten.
Rainer West ließ es sich nicht nehmen, den Abschlussartikel des ›Weser Boten‹ zum Fall ›Bankenungeheuer‹ zu schreiben. Er erledigte das, nach Absprache mit Dr.Koschnick, vom Krankenbett aus online. Es wurde ein Nachruf auf Jens Goldstein.
›Mitarbeiter des ›Weser Boten‹ Jens Goldstein enttarnt Bankenungeheuer‹, lautete die Schlagzeile. In dem Artikel wurde beschrieben, dass Jens Goldstein ein ausgezeichneter Journalist, guter Kollege und vor allem Freund gewesen war, der sein Leben gegeben hatte, um seine Freunde zu beschützen.
E N D E
Danksagung
Unser beider besonderer Dank gilt allen Menschen und Institutionen, die uns während des Schreibens und vor allem während der Recherchen unterstützt haben. Wir danken den Betreibern, die uns Zugang zu Geländen gewährt haben, wir danken denjenigen, die bereit waren, sensible Geschehnisse auf Tauglichkeit hin zu prüfen. Und wir danken denjenigen, die mit Verständnis und Hilfe auf manch ungewöhnliche Bitte reagiert haben.
Henning von Melle und Volkmar Joswig
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