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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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denken, an diese eindeutig zweideutige Ausstattung ihres abgeschlossenen vorderen Schlafzimmers.
    Dann wieder die Moderatorin: »Und hier sehen wir nun, dass man mit dem Schnee auch viel Spaß haben kann.« Es folgten Aufnahmen von Schneemännern, Eisskulpturen und Kindern auf Schlitten.
    Fletcher schaltete aus und band seine Krawatte.
    Da hatten sie nun also eine Daisy Seager, die sich nicht ängstlich irgendwo verkrochen hatte, weil sie den Manager einer Waffenfirma über eine Absperrung gestoßen hatte. Sondern eine Daisy, die gegen ihren Willen festgehalten wurde?
    Aber wer sollte so etwas tun ?
    Am zweiten Tag fingen sie früh an. Die Männer des Hexenjägers waren bleich, die Augäpfel drifteten ihnen immer wieder weg und ihre Hände zitterten, als sie ein Mädchen namens Matty Flinter ins Zelt auf der Weide brachten.
    Matty Flinter war jung und ihr Verlobter war in der Nacht umgekommen. Als sie den Hexenjäger auf seinem Lehnstuhl sitzen sah, spie sie ihn an, und er notierte das in sein Buch. Er wischte sich das Gesicht ab und setzte sich wieder. Und kaute ein paar Mohnsamen. Sie wartete.
    67
     

Der Sonnenstrahl, der durch den Schütz ins Zelt drang, wanderte langsam auf sie zu.
    Ich kenne diese Sonne, ich weiß, wie sie wandert.
    Manchmal schließe ich oben in unserem Haus die Fensterläden und stelle mir vor, ich wäre Matty Flinter. Dann sitze ich auf meinem Stuhl und warte, bis die Sonnenstrahlen, die durch die Fensterläden eindringen, mich erreicht haben. Wenn die Sonne mich berührt, schreie ich auf. Meine Schwester sagt, das solle ich nicht tun; sie sagt, ich müsse in der realen Welt leben und nicht in den alten Geschichten. Meine Schwester sagt, die ganze Geschichte sei wahrscheinlich nie passiert, und woher Granny das überhaupt wissen wolle? Aber Granny wusste davon, weil die Geschichte von Generation zu Generation weitergegeben wurde, Wort für Wort.
    Ich schreie auf, weil damals in dem Zelt auf der Weide Matty Flinter aufgeschrien hat. Matty wusste, was als Nächstes kommen würde.
    Die Europa-Zentrale der Bellman Foundation lag in einem neuen Gewerbegebiet in der Nähe des Science Parks. Der Bau aus Granit und Aluminium war das größte Gebäude auf dem Gelände und schloss sich halbkreisförmig um einen kleinen, künstlichen See. In der Eingangshalle war es warm; nachdem Fletcher sich beim Empfang angemeldet hatte, wartete er auf einer Bank mit Ledersitz, neben der auf einem marmornen Couchtisch die Morgenzeitungen bereitlagen. Er blätterte sie kurz durch. In allen Zeitungen kam das Schneechaos an erster Stelle, wobei die unzureichenden Maßnahmen der Regierung regelmäßig kritisiert wurden. Eine groß aufgemachte Story kam aus den USA: Dort war jemand dabei ertappt worden, wie er mit aus Krankenhäusern gestohlenen radioaktiven Abfällen eine primitive Bombe bastelte. In drei Bundesstaaten wurden Verdächtige verhört und Beobachter sagten den Gerichtsprozess des Jahrzehnts voraus.
     

Die Meldungen zu Daisy Seager kamen auf Seite zwei, und wieder wurde sie aufgefordert, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen. Auch Fletchers Name stand in einem Artikel:... eine Männerleiche, die von dem in der Nähe wohnhaften Tom Fletcher gefunden wurde, der dort beim Joggen vorbeikam. Wer hatte denn diese Information herausgegeben - die Polizei?
    Er legte die Zeitungen weg und sah auf den Plasmabildschirm hinter dem Empfangstisch. Dort lief ein Video ohne Ton, lauter Bellman-Angestellte, die lautlose, aber mit Untertiteln versehene Äußerungen von sich gaben: Werbesprüche für Bellman.
    Verteidigung? Ja, denn es sind die Menschen, auf die es ankommt. Und die Bellman Foundation beschäftigt nur die Besten.
    Fletcher sah so lange zu, bis die Videoclips komplett durchgelaufen waren und dann wieder von vorn begannen. Eine Frau chinesischer Abstammung erschien zum zweiten Mal mit dem Untertitel: Ich bin stolz darauf, an der Weltspitze des Flugzeugbaus mitzuforschen -
    »Mr Fletcher?«
    Er stand auf und drehte sich um. »Ja, ich bin Tom Fletcher.«
    »Ich bin Mia Tyrone.«
    Sie war Ende zwanzig, nahm er an, schlank, aber breitschultrig, und trug einen schicken grauen Hosenanzug und eine weiße Flanellbluse. Das Gesicht war hübsch, sie hatte hohe Wangenknochen und ihre Augen waren grün wie Flusswasser. Mit ihren schmalen Fingern schüttelte sie ihm kräftig die Hand.
    »Wir haben nur Zeit für ein kurzes Gespräch, Mr Fletcher. Ich hoffe, dass ich Ihnen helfen kann.«
    »Das hoffe ich

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