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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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ob das hier wirklich mit Ihnen zu tun hat. Sie haben ja nicht gerade einen seltenen Familiennamen, oder? In dieser Stadt gibt es bestimmt Dutzende von Leuten, die Fletcher heißen. Aber nennen Sie mir doch einmal die Vornamen Ihrer Eltern.«
    »Warum wollen Sie die wissen?«
    »Naja, um festzustellen, ob das hier überhaupt mit Ihnen zu tun hat.«
    Fletcher sah durch das Blatt ein dunkles Rechteck hindurchschimmern - das war kein Schreiben, sondern eher ein Bild.
    »Meine Eltern heißen Jack und Kate«, sagte er. »Jack und Kate Fletcher.«
    Es klang sonderbar, wie er das einfach so laut aussprach. Sie nickte. Dann reichte sie ihm das Blatt. Es war die foto-
     

kopierte Seite eines altmodischen Fotoalbums, und die Einstecktaschen waren alle leer und zerknittert, alle außer einer. Dort steckte das Foto eines Mannes und einer Frau, die Arm in Arm vor einem weiten Horizont standen. Der Mann hatte eine lange Lockenmähne, eine kräftige Nase und lachte. Die Frau hatte das Gesicht an seine Schulter gelegt und lächelte mit geschlossenen Augen. Ja, das waren Jack und Kate Fletcher. Das wusste Fletcher, auch ohne auf die ordentliche, etwas schnörkelige Beschriftung darunter zu achten.
    Jack und Kate Fletcher - aber Tom Fletcher nie dabei!
    Fletchers Herz hämmerte. Nathan Slade hatte Sonntagabend seinen Vater besucht, okay. Sie hatten über etwas gesprochen; Nathan war weggegangen, um Daisy zu treffen. Aber wie gut hatte Nathan Slade Jack Fletcher eigentlich gekannt? Und wie gut Kate Fletcher? Immerhin hatten die beiden sich in diesem glücklichen, intimen Moment von ihm fotografieren lassen.
    Und wie lange hatte Nathan Slade die beiden gekannt? Waren sie alte Freunde?
    Fletcher sah wieder auf das Foto und vermutete, dass es wohl Ende der achtziger Jahre aufgenommen wurde - möglicherweise kurz bevor seine Mutter ihn und seinen Vater verlassen hatte.
    Tom Fletcher nie dabei - nie dabei, wenn seine Eltern sich mit Nathan Slade trafen? Warum nicht?
    Oder war das Foto nur eine Fotomontage gestohlener Bilder, eine Fälschung?
    »Was bedeutet das?«, fragte er.
    »Ich dachte, das könnten Sie mir sagen.«
    »Zeigen Sie mir doch bitte das ganze Fotoalbum.«
    Sie hob den Zeigefinger - nicht böse, sondern eher wie um sie beide zur Vorsicht zu ermahnen.
    »Sie dürften eigentlich nicht einmal das hier sehen, verstehen Sie? Das Album ist aus Nathans Haus.«
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Darum also war gestern Abend der Schnee vor Nathans Wohnung in Newnham zertreten gewesen.
    »Das klingt, als wäre sein Haus ganz schön schnell ausgeräumt worden. Kommen Sie schon, zeigen Sie mir das Album.«
    »Nein. Auf den meisten Bildern sind sowieso nur Flugzeuge und Motorräder zu sehen, aber so gut wie keine Menschen. Darum ist mir dieses Foto hier beim Durchblättern ja aufgefallen. Ich hatte das irgendwie im Hinterkopf - und dann haben Sie angerufen. Aber wussten Sie denn gar nichts davon ? Nathan Slade war doch offensichtlich mit ihrer Familie befreundet. Na ja, ich gebe Ihnen erst mal Zeit, das zu verdauen. Mein nächster Termin ruft. Sie müssen entschuldigen, aber ich muss das Gespräch jetzt wirklich beenden.«
    Allerdings machte sie keinerlei Anstalten aufzustehen, sondern blieb sitzen und sah ihn aufmerksam an.
    »Was ist denn sonst noch in Nathans Karton?«, fragte er.
    »Wie kommen Sie auf den Gedanken, dass noch etwas anderes darin sein könnte, das Sie betrifft?«
    »Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Sie mich eingeladen haben, um mir eine Kostprobe zu geben und mich auf den Geschmack zu bringen.« Er faltete die Fotokopie zusammen und steckte sie in seine Hosentasche. »Kann ich von meiner Seite irgendetwas für Sie tun?«
    Sie lächelte. Trotz seiner Verwirrung und Sorge konnte Fletcher sich nicht gegen den Gedanken wehren, dass sie schön war, wenn sie lächelte.
    »Sollten Sie irgendetwas über den verstorbenen Nathan Slade herausfinden«, antwortete sie, »informieren Sie mich bitte.«
    Er sah ihr in die blassgrünen Augen. »Ich soll Sie informieren?«
    »Ja, Mr Fletcher. Kommen Sie mit allem, was Sie über Nathan oder die Bellman Foundation herausfinden, direkt zu mir.«
     

»Warum?«
    Sie stand auf und ging zur Tür, machte sie aber nicht auf, sondern blieb stehen, die Hand schon auf der Türklinke. Sie stand nahe bei ihm, er roch den Duft ihres Parfüms und sah, wie die Naht an ihrem Revers sich mit jedem Atemzug hob und senkte. Wieder hob sie den Finger, legte ihn aber diesmal an die Lippen und machte die blassgrünen Augen

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