Stahlhexen
worden. Die verbliebenen vier waren auf der Landkarte als ungenutzt eingetragen, doch Start- und Landebahnen waren noch immer deutlich zu erkennen und bildeten die typische A-Form, auch wenn die geraden Linien hier und da durch neue Straßen und Gebäude unterbrochen oder aufgrund landwirtschaftlicher Nutzung weggerissen worden waren.
»Es ist doch so«, sagte er zu Mia, »all diese Luftwaffenstützpunkte sind bis heute bekannt und offiziell verzeichnet. Keiner davon ist verschwunden.«
»Dann muss es sich also um einen Stützpunkt handeln, der offiziell gar nicht existiert hat. Und der dann einfach aufgelöst wurde.«
Er hörte, wie skeptisch sie klang. »Komm, schauen wir uns den Film noch mal an«, sagte er.
Mia legte Tim Redshaws DVD ein und hielt den Film an der Stelle an, wo man den in der Sonne funkelnden »Mustang« hinter dem Kontrollturm sah. Es war ziemlich schwierig, etwas zu erkennen, weil die sich im Metall spiegelnde Sonne die aufgemalte Seriennummer fast überblendete. Schließlich brachten sie aber doch ein einigermaßen lesbares Handbild mit dem Flugzeug-Kennzeichen zustande: 41-13728. Oder doch eher 729?
So oder so, Mia druckte es aus und heftete es ebenfalls an die Wand. Doch danach wurde ihre Suche keineswegs einfacher. Sie gingen online verschiedene Webseiten durch, die sich mit Flugzeugkennzeichen der US Air Force beschäftigten. Dank des Fleißes der Freaks war es manchmal möglich, ein Kennzeichen bis zur Einheit des Flugzeugs zurückzuverfolgen und sich über sein Kriegsschicksal zu informieren. Manchmal, aber nicht immer. Jedenfalls nicht im Fall des »Mustang 41-13728« oder auch 729. Keins dieser Kennzeichen tauchte in den Listen auf.
Mia schaute auf den Ausdruck an der Wand. »Haben wir das Kennzeichen vielleicht falsch gelesen?«
»Die Ziffern sind deutlich zu erkennen, das ist schon das richtige. Es steht nur eben nicht auf der Liste. Was bedeutet, dass die Listen unvollständig sind. Oder dass das Flugzeug irgendwann ein anderes Kennzeichen bekommen hat.«
»Na toll.« Mia sah wieder auf das Notebook, ließ den Film noch einmal laufen und verfolgte ihn aufmerksam, das Kinn in die Hand gestützt. »Wir brauchen einen Luftfahrtexperten, jemanden, der weiß, wo man solche Informationen bekommt. Unseren Freund Tim Redshaw aus dem Museum können wir wohl ausschließen.«
Fletcher griff nach seinem Zweithandy - das nicht auf seinen Namen registriert war - und wählte. Es läutete eine Weile, und als jemand abnahm, hörte man keine Stimme, sondern nur das Getrommel von Regen auf einem Blechdach und das Quietschen von Drähten.
»Charlie?«, fragte er.
Regengetrommel in der Leitung.
»Charlie Fenner? Hier ist Tom Fletcher.«
»Ich will nicht mehr mit Ihnen sprechen.« Ihre Stimme verschwamm fast mit den Hintergrundgeräuschen.
»Nur zwei Fragen, Charlie. Hat Daisy Seager Ihnen irgendwelche Unterlagen zur Aufbewahrung gegeben?«
»Unterlagen? Nein.«
»Oder ein Päckchen, eine Computerdatei, irgendwas in dieser Art?«
»Nein. Wieso fragen Sie?«
»Jemand ist dahinter her, und Sie könnten sich in Gefahr befinden.«
»Ich breche sowieso gerade auf. Ich reise für eine Woche nach Frankreich.«
»Gute Idee. Und noch die zweite Frage, ich war im Museum...« Charlie schwieg. »Die haben dort einen Film, Charlie. Er befand sich in einer Filmdose mit der Aufschrift Stahlhexen. Ich habe ihn gesehen.«
Wieder das Quietschen von Drähten, die alten Tropfentanks schwankten wohl im Wind.
»Ich ...« Sie stockte. »Was ist darauf zu sehen?«
»Ein Flugfeld, ein Baseballspiel und zwei einheimische Frauen.«
»Flugzeuge?«
»Zwei >Mustangs<.«
Sie hielt einen Moment lang den Atem an. »Mit Nose Art?«
»Nein. Aber ich versuche herauszufinden, wo sie stationiert waren.«
»Das wird Ihnen nicht gelingen. Keiner hat das bisher geschafft.« Charlie schien kurz nachzudenken, sie schnalzte ein paar Mal mit der Zunge. »Start- und Landebahnen?«
»Ja, die waren zu sehen. Es war ein Luftwaffenstützpunkt.«
»Woraus bestanden sie? Aus welchem Material?«
»Irgendetwas Graues. Vermutlich Beton.«
»Das habe ich auch so gehört.«
»Charlie, gibt es etwas, was Sie mir nicht gesagt haben?«
»Nur Gerüchte. Es sieht aus wie Beton? Sind Sie sicher? Denn genau darum geht es, verstehen Sie?«
»Um die Start- und Landebahnen?«
»Warum sollte man für leichte Flugzeuge wie die >Mus- tangs< Betonbahnen bauen? Die Flugfelder waren einfach nur glatt gewalzte Rasenstreifen, bestenfalls mit
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