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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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dadurch entstandene Gefahr wieder aus der Welt geschafft.
    Aspen stutzte seinen Bart sehr sorgfältig, damit die dunklen Konturen sich noch schärfer von seiner blassen Haut abhoben.
    Danach sahen wir eine Weile nicht mehr viel von den Amerikanern. Aber wir hörten sie. Sie flogen am frühen Morgen los, normalerweise unmittelbar nach Sonnenaufgang. Sally und ich waren oft schon draußen auf dem Feld oder im Hof, und dann flogen die stetig steigenden
    Flugzeuge über uns hinweg. Wenn ich aufschaute, konnte ich manchmal den Piloten im Flugzeug sehen. Manchmal schaute er zu uns hinunter. Dann winkte Sally jedes Mal.
    Später fiel mir auf, dass sie ihre Flugzeuge bemalt hatten. Auf jedem war ein leuchtend buntes Frauenbild. Aus der Nähe habe ich die aber nie gesehen.
    Soll ich dir was über die Amerikaner erzählen? Ich meine, ich weiß, dass man sich durch Gerede ins Grab bringen kann, aber ich erzähle es ja nur dir, und dir kann ich vertrauen. Mit den Amerikanern war es so: Ich habe einfach nicht begriffen, was die machten. Ihre Flugzeuge stiegen nacheinander auf und flogen aufs Meer hinaus. Wenn es nicht wolkig war, konnte ich sehen, wie die Sonne sich funkelnd in den Flugzeugflügeln brach. Sie warteten, bis alle oben waren, und flogen erst dann in Formation los. Wenn der Wind richtig stand, konnte ich die Triebwerke hören. Sie flogen dann immer die Küste entlang. Nach ein paar Stunden kamen sie zurück, immer noch zusammen und im Formationsflug. Nie ging ein einziges Flugzeug verloren, verstehst du, was ich meine? Neun flogen los, und neun kamen zurück, jedes Mal. Als ob sie Übungsflüge machten. So ging es ein paar Wochen, bis in den Sommer hinein, immer nur Übungsflüge. Als ob sie sich auf etwas vorbereiteten. Als ob sie auf irgendetwas warteten, das erst noch eintreffen musste.
Donnerstagmorgen
    Die Wohnung, die Mia Tyrone nun bald würde räumen müssen, lag im obersten Stock eines schicken modernen Wohnblocks in der Nähe der Botanischen Gärten. Nach vorn zeigte das Gebäude eine glatte Holz-Beton-Fassade, aber hinten hatten die Wohnungen Balkone, von denen man über die Bäume hinweg auf die tropischen Gewächshäuser blickte, die jetzt wie grüne Quarzbrocken im Regen schimmerten.
    Die kühle, feuchte Luft tat Fletchers Augen und seinem Kopf gut. Er strich sich mit der Hand über die genähte Wunde und die blutunterlaufenen Striemen am Hals, wo Aspen Slade ihn mit dem Brecheisen gewürgt hatte. Dann trat er wieder in die Wohnung und schloss die Balkontür vor dem morgendlichen Regen. Es war sieben Uhr früh.
    Er stand in einem geräumigen, hellen Zimmer mit dunklem Holzboden und hellen Wänden. Mia trug schwarze Jeans, einen perlmuttfarbenen Rolli mit umgekrempelten Ärmeln und hatte das Haar locker seitlich zusammengebunden. Sie saß mit ihrem Notebook, einem Drucker, einem Stapel der von Fletcher mitgebrachten Landkarten und einer überregionalen Zeitung an einem langen Esstisch. Das Wetter beherrschte die Schlagzeilen der ersten Seite - und der rechtzeitig aufgeflogene Atombombenanschlag in den USA. Diesen Artikel hatte Fletcher aufmerksam gelesen. Daisy Seager bekam nur ein paar Zeilen ganz unten auf der Seite.
    Polizei überprüft Hostessen-Geschäft in Cambridge.
    »Wie lange wird es dauern, bis du wieder bei der Polizei antanzen musst?«
    »Nicht lange.« Er drehte die Zeitung um. »Okay. Im Jahr 1943 ist irgendetwas Giftiges auf einem Luftwaffenstützpunkt eingetroffen. Jetzt kehrt Aspen an diesen Ort zurück, um meine Mutter zu ermorden, die weiß, was es damit auf sich hatte. Auf der Landkarte in ihrem Arbeitszimmer war Ostengland abgebildet, das weiß ich noch genau. Und der Film wurde ja auch dem Archiv von Norfolk geschenkt, blieb also in Ostengland. Jetzt müssen wir als Erstes diesen verschwundenen Luftwaffenstützpunkt suchen.«
    Schatten von Regentropfen sprenkelten die Wand, an die sie eine großformatige Karte von Ostengland gehängt hatten, auf der selbst kleine Nebenstraßen verzeichnet waren. Daneben hängte Fletcher jetzt den Ausdruck einer Webseite von Luftwaffenfans, die in demselben Gebiet alle Luftwaffenstützpunkte des Zweiten Weltkriegs eingezeichnet hatten. Diese Stützpunkte markierte er dann mit Rot auf der großformatigen Landkarte.
    Sie traten zurück und betrachteten das Gesamtbild. Von den elf US-Luftwaffenstützpunkten, die offiziell verzeichnet waren, wurde nur der in Alconhurst bis heute militärisch genutzt. Sechs weitere waren in zivile Flugplätze umgewandelt

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