Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
Vom Netzwerk:
nicht klappen?« »Warum?« Bolschow lächelt träge. »Die Explosionsmasse ist Dreck. Trinitrotoluol gibt’s so wenig, daß es eine Katze auf dem Schwanz davontragen könnte, sonst bloß Ammonium, und das ist auch feucht und klumpig geworden. Die Zündhütchen sind nicht geeicht. Ein Gerät, womit man die Leitung kontrollieren könnte, ist auch nicht da. Kein Ohmmeter.« »Und die Zündschnur?« fragt Igor.
    »Man hat versprochen, sie uns morgen zu geben. Auch ein Ohmmeter. Alles morgen. Aber sprengen heute …« »Heute?«
    »Man sagt’s. Falls man sie nicht zurückwirft, dann heute.« Er nimmt aus der Tasche eine sorgfältig zusammengelegte Zeitung, reißt gleichmäßige Rechtecke ab.
    »Habt ihr Machorka?«
    Wir rauchen. Auf der breiten, asphaltierten, mit Bäumen bepflanzten Allee marschieren Arbeiterabteilungen vorbei.
    Sie tragen von Panzern abgeschraubte Maschinengewehre.
    Manche haben keine Gewehre, nichts. Sie gehen gespannt und schweigend.
    Ich frage:
    »Wo sind die Deutschen?«
    »Da, hinter den Werken. Dort ist eine Schlucht – Metschetka oder Netschetka, weiß der Teufel. Sie feuern aus Granatwerfern. Etwa zehn Panzer. Nicht einmal Panzer, sondern kleine Panzerkampfwagen. Von dem Turm kann man es gut sehen.«
    »Wo sind unsere Objekte?«
    »Welche hat man Ihnen zugewiesen?«
    »Das Kraftwerk«, antworte ich.
    »Das Kraftwerk? Zwei Schritte von hier. Hinter diesem Gebäude links. Vier große Schornsteine. Sie werden dort meinen Sergeanten finden, Wedernikow, er schläft wahrscheinlich dort im Büro. Hat die ganze Nacht gearbeitet. Ich rate Ihnen, auch ein wenig zu schlafen.«
    Der Sergeant schläft wirklich, er hat den Kopf in die Ecke des Diwans gesteckt, die Füße lang auf dem Boden ausgestreckt. Man sieht, daß er sich auf den Diwan geworfen hat und sofort eingeschlafen ist.
    »He, Freund!«
    Der Sergeant dreht sich um, reibt sich lange die Augen. Sie sind klein, tiefliegend und verlieren sich vollkommen in dem großen Gesicht mit den breiten Backenknochen. Er kann gar nicht munter werden.
    »Hat Sie der Leutnant geschickt?«
    »Ja, Bolschow.«
    »Werden Sie es hier übernehmen?«
    »Geben Sie mir erst Auskunft, was bereits getan ist.« »Schon wieder Auskünfte? Einer hat schon welche eingeholt, ein Hauptmann. Ich glaube, Lwowitsch heißt er.« »Und jetzt ich.«
    Der Sergeant reckt sich und steht dann auf.
    »Nun, dann gehen wir …« Er sucht in seiner Tasche nach Machorka. »Die ganze Nacht haben wir Säcke geschleppt, verflucht noch mal. Die Schultern spürt man nicht mehr.
    Alle aus Papier, Dreck, alle reißen.«
    »Viele?«
    »Hundert werden es gewesen sein, wenn nicht mehr.
    Zentnerschwere. Von diesem Kraftwerk wird nichts übrigbleiben.«
    »Ist das Netz fertig?«
    »Ja. Nur ein elektrisches. Akkumulatoren haben wir weiß
    Gott wie viele angeschleppt, aber ein Ohmmeter haben wir nicht. Ein Elektriker hat mir hier geholfen, sagte, sie hätten so etwas Ähnliches, aber er konnte es nicht finden. Sonst ist alles fertig. Die Zündung hängt schon. Nur noch einstecken und den Hebelschalter runterdrücken.«
    »Wo ist die Sprengstation?«
    Der Sergeant zeigt in die Richtung des Fensters. »Etwa dreihundert Meter von hier ist der Schutzgraben.
    Dort befindet sich der ganze Kram. Der Hauptmann ist auch da. Und wahrscheinlich auch der Elektriker.« Wir besichtigen das Kraftwerk. Es ist groß und sauber.
    Acht Generatoren, unter jedem eine Sprengladung – drei bis vier Säcke. Außerdem sind Sprengladungen unter den Kesseln, auf den Ölschaltern und auf den Transformatoren angebracht – etwa dreihundert Meter vom Werk selbst entfernt. Die Leitung ist sehr lang, etwa zwei Kilometer. Sie ist sorgfältig gelegt – die Enden sorgsam mit Isolierband umwickelt, zwei Zündhütchen für je eine Sprengladung. Es ist wirklich viel getan worden in der einen Nacht.
    Hinter dem Kraftwerk hört man Granaten krepieren. »Die Vorstädte werden beschossen«, sagt der Sergeant.
    »Aus Kompanie-Granatwerfern – eine Kleinigkeit. Werden Sie in den Graben gehen?«
    »Wo ist das Telefon?«
    »Im Graben. Alles ist dort untergebracht. Wir haben ihn als eine Art Gefechtsstand eingerichtet.«
    15
    Der Graben ist vollgepfropft. Igor, Sedych, ein hoher, kraushaariger, brünetter Mensch in Militäruniform, mit kleinem Backenbart, Arbeiter in Arbeitsanzügen, eine hagere, schwind süchtige Erscheinung in einer glänzenden Jacke und einer Schirmmütze mit Knopf. Der Militär entpuppt sich als Lwowitsch, der mit Schirmmütze

Weitere Kostenlose Bücher