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Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fromm
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Wort!« Er kniff die Augen zusammen, ging auf Hans zu, streckte die Hand aus und drehte den Kopf des Leutnants ins Profil. »Sieh an, das sind ja wirklich meine Soldaten. Von Wetzland, stimmt’s?«
    Die drei stierten ihn apathi sch an. Was wusste er über sie?
    »Jawohl, Herr General«, antwortete Hans so laut und schneidig er noch konnte.
    »Tatsächlich«, sagte Hentz triumphierend. »Hab Sie an Ihrer Nase erkannt. Sie haben die schönste Nase der gesamten Division. Genau der gleiche Bogen wie Ihr Onkel. Prima Kerl!«
    Im Angedenken an die edle Nasenführung der Familie von Wetzland bestand der General darauf, dass sie ihn zu seinem Bunker begleiteten. Er schien tatsächlich nichts über sie zu wissen. Oder hatte er sein Wissen nur vorübergehend im Kognak ertränkt? Es war ihnen egal, wenn sie nur ins Warme kamen!
    Sie wankten neben dem General her, und der I c betete darum, nicht aus der Flasche trinken zu müssen, die der General großzügig herumreichte.
    »Echt französisch, meine Herren. Napoleon. Passend zur Situation. Napoleonisch wird es enden. Das Wichtigste ist das passende Getränk zu jeder Situation. Wir krepieren mit Stil. Trinken, das ist ein Befehl!«
    Hans nahm einen Schluck, der genügte, um seine Magenkrämpfe wiederaufleben zu lassen. Rollo nahm ihm die Flasche gierig ab. Der General betrachtete wohlwollend, wie ihm der Kognak über den verfilzten Bart lief, und klopfte Hans auf den vor Schmerzen gekrümmten Rücken. »Nichts mehr gewöhnt, was? Jetzt kommt erst mal mit!«
    Der I c wagte einen letzten sc hwachen Versuch. »Aber, Herr General, der gesamte Stab …«
    »Na, und?« Der General leerte die Flasche und schleuderte sie in die Dunkelheit. »Mitkommen, Männer!«
    Es war schwer zu sagen, ob er sich mehr über seine gute Tat freute oder über den Ärger, den er seinem Stab mit diesen drei Landsern bereitete. Widerspruch war jedenfalls zwecklos.
    Schwindlig vom Alkohol und der Erschöpfung trotteten die drei hinter ihm her. Fritz hoffte, dass es wenigstens noch etwas zu essen gab, bevor sie aufflogen und exekutiert wurden.

 
     
     
     
     
     
    73
     
     
    I m Divisionskommando hatte sich bereits der gesamte engere Stab versammelt. Die Erörterung der Abendlage war eintönig verlaufen, eine traurige Pflichtübung für den I a, der sich seit langem vergeblich nach neuen operativen Möglichkeiten sehnte. Halten um jeden Preis, alle verfügbaren Männer nach vorne, bei Widerstand rücksichtslos vom Standrecht Gebrauch machen – das waren die tagtäglich wiederkehrenden Formeln.
    Man hatte den russischen Angriff gestern im fünfzehn Kilometer entfernten Goncara zum Ste hen gebracht und so dem Stab genügend Zeit verschafft, die Koffer zu packen und sich nach einem neuen Quartier im Nordteil der Stadt umzusehen. Ein geeignetes Objekt war bereits gefunden und von Marodeuren gesäubert worden. Dort gedachte der I a, getreu dem Führerbefehl, mit konzentrierten Kräften einen Alkazar zu bilden und bis zum Frühjahr durchzuhalten.
    Er war der Einzige in der Runde, der dieser Aussicht positive Aspekte abringen konnte. Die anderen umstanden mit knurrenden Mägen den Tisch, auf dem in flachen Tellern – die Suppenteller waren vorgestern bei einem nächtlichen Fliegerangriff zu Bruch gegangen – dünne Pferdesuppe dampfte. Ein Gefühl von Wehmut schwebte im Raum, war man doch gezwungen, die in fünf Monaten lieb gewordene Etappe zu verlassen, um sich in eine Zukunft zu begeben, die nur schlichten Gemütern als ungewiss erscheinen konnte. Mit leichtem Schauder gedachte man der Stabsangehörigen, die aufgrund besonderer Befähigung oder schlechter Verbindungen bereits in die vorderen Linien abkommandiert worden waren.
    In diesen trauten Kreis platzte der General, die etwas zu kurz geratenen Arme um die zwei Lumpenhaufen Fritz und Rollo geschlungen. »Meine Herren, darf ich vorstellen – drei echte deutsche Frontschweine! Ich hab sie mitgebracht, damit der eine oder andere von Ihnen nicht ins Gras beißt, ohne jemals einen richtigen Soldaten gesehen zu haben!«
    Das höfliche Lachen klang leicht bemüht. Der General verlangte nach Wein und reichte Rollo, Fritz und Hans je ein Glas. »Vorsichtig meine Herrn, auf nüchternen Magen.« Er nippte und verzog das Gesicht. »Rettenbacher, ist nichts mehr vom Mosel da?«
    Der I c bedauerte. Bis auf eine Flasche war alles weg. Und die habe Herr General aufheben wollen, um den Ausbruch zu feiern.
    Der General befahl ihm, die Flasche zu holen, sonst trinke

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