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Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fromm
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seinem Hemd hervor und reichte ihn Bubi. »Hier , hab ’n bissl was beim Skat gewonnen. Schick’s heim. Die Adresse ist drin.«
    Rollo fuhr sich mit der Zunge nervös über die aufgesprungenen Lippen. »Scheiße, ich hab nix.« Hilfe suchend sah er sich um. »Was schick ich jetzt … meinem Sohn?«
    Fritz teilte daraufhin seine paar Kröten in zwei Hälften.
    Pflüger nickte den beiden ein letztes Mal zu.
    »Hals- und Bauchschuss, Männer.«
    »Dir auch.«
    Mit schleppenden Schritten gingen sie zu dem Einstieg.
    Plötzlich stand der Leutnant vor ihnen. Überrascht stellten sie fest, dass auch er einen Flammenwerfer trug.
    »Ich werde Sie begleiten«, sagte er. »Pflüger, Sie übernehmen das Kommando über die Kampfgr uppe. Versuchen Sie, die Verbindung wiederherzustellen. Ansonsten hoffe ich, euch vollzählig wiederzufinden, wenn wir zurückkommen.«
    Rollo zeigte sich wenig begeistert über diese Verstärkung. »Der glaubt vielleicht, wir seilen uns zwei Meter ab und rauchen eine«, murmelte er.
    »Keine schlechte Idee«, sagte Fritz. Sein Magen fühlte sich wieder merkwürdig kalt und leer an.
    Rollo warf einen kleinen Stein in den Schacht. Vier Sekunden bis zum Aufprall. Vorsichtig leuchtete er mit seiner Taschenlampe nach unten. Der Strahl verlor sich im Dunkeln.
    Gleich darauf stiegen die drei Männer nacheinander in den schwarzen Schacht.

 
     
     
     
     
     
    21
     
     
    R ollo sah den dünnen Draht im letzten Moment. Er war im schwachen Strahl seiner in kurzen Abständen aufblitzenden Taschenlampe kaum zu erkennen.
    »Scheiße! Sprengfalle!«
    Mit angehaltenem Atem zog er seinen Fuß zurück. Der Zündmechanismus und die Haftladung befanden sich gut zwei Meter weiter an der Seitenwand. Unmöglich ranzukommen. Rollo wollte es trotzdem versuchen.
    Der Leutnant legte ihm die Hand auf den Arm. »Wir lassen sie hochgehen«, flüsterte er. »Falls Russen in der Nähe sind, denken sie, es hat uns erwischt.«
    »Unsere Leute denken das dann auch.«
    »Die hauen sowieso ab, wenn’s gefährlich wird«, sagte Fritz.
    Rollo wusste, dass Fritz höchstwahrscheinlich recht hatte. Das ärgerte ihn besonders. Schiss hatten sie alle.
    Sie zogen sich wieder zurück , bis sie hinter einem Mauervorsprung in Deckung gehen konnten.
    Rollo nahm einen Stein und warf ihn. Zu kurz. Erst mit dem dritten Stein warf er weit genug, sodass er den Draht traf.
    Die Explosion schien ihnen die Trommelfelle zu zerfetzen. Eine gelbe Stichflamme schoss durch den Schacht, Gesteinssplitter flogen umher.
    Das Nächste, was sie wahrna hmen, war ein infernalischer Gestank.
    »Sieht so aus, als hätten wir ein Scheißhaus hochgejagt«, flüsterte Fritz.
    Der Gestank wurde unerträglich. Sie banden sich Taschentücher vor Mund und Nase, der Leutnant einen Seidenschal. Er hatte die Führung übernommen, ließ sich nach unten gleiten, tastete im Dunkeln die Wände ab. Seine Taschenlampe blitzte in kurzen Abständen auf.
    Der Stollen führte sie durch e in Labyrinth unterirdischer Tunnel, bis sie sich in einem Kanalschacht wiederfanden. Ein etwa ein Meter breiter Sims verlief auf der rechten Seite, knapp zwei Meter darüber wölbte sich die Decke, und darunter rauschte eine braune Brühe Richtung Wolga. Durch die starken Regenfälle war das Wasser zum reißenden Fluss geworden. Es stank nach Fäkalien und Abfällen.
    Fritz hätte nichts dagegen gehabt, sofort umzudrehen. Außer Scheiße und Gestank schien es hier nichts zu geben. Aber der Le utnant pirschte sich den Sims entlang und sie mussten folgen.
    Plötzlich hörten sie Stimmen. Jemand unterhielt sich auf Russisch. Der Leutnant entschied, dass sie genug gesehen hatten, und sie huschten zurück, um den Kanalschacht wieder zu verlassen. Da sahen sie vor sich einen Lichtschein. Schnell verbargen sie sich in einer weiteren Mauernische.
    Vor ihnen Russen und hinter ihnen auch.
    Gehetzt blickten Fritz und Rollo den Leutnant an. Der überprüfte mit eckigen Bewegungen die Zündpatrone und das Ventil seines Flammenwerfers. Ohne den Kopf zu heben, sagte er überraschend ruhig: »Hoffentlich funktioniert das Ding. Reiser, Sie nehmen mit Ihrem Flammenwerfer die vor uns, ich die hinter uns. Rohleder, Sie halten mit der MPi dazwischen. Immer …«
    Er verstummte, drückte sich in die Wandnische und bedeutete Fritz und Rollo, dasselbe zu tun.
    Die Russen kamen von beiden Seiten. Auch sie wirkten mitgenommen von Kälte, Anstrengung und Gestank und achteten kaum auf ihre Umgebung. Jede Gruppe wurde von einem

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