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Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fromm
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Offizier mit einer Grubenlampe angeführt.
    Vom plötzlichen Auftauchen der Deutschen aus der Finsternis völlig überrumpelt, waren die Russen kaum zu einer Abwehr fähig. Zwei Flammenzungen schossen au f jede der Gruppen zu, verbrannten ihre Gesichter und die Hände, die sie schützend davor hielten. Laut und triumphierend schreiend schoss Rollo Dauerfeuer erst nach links, dann nach rechts, nach links, rechts, wieder links … dann wurde es dunkel und still.
    »Der Tank ist leer«, vernahm Rollo die Stimme des Leutnants .
    »Weg mit den Scheißdingern«, sagte Fritz, und Rollo hörte die Flammenwerfer und Tanks ins Wasser fallen.
    »Weg, schnell!« Rollo wollte los, da fegte eine MPi-Garbe dicht an ihnen vorbei, Querschläger jaulten, ohrenbetäubend laut das Rattern der Abschüsse. Der Lichtfinger eines Handscheinwerfers tastete das Wasser ab, erlosch. Die Russen bekamen Verstärkung.
    Eine Kugel zerfetzte die Uniform des Leutnants an der Schulter, er rutschte auf dem glatten Sims aus, fiel nach hinten und stürzte in den Kanal. Die starke Strömung riss ihn davon.
    Rollo und Fritz drückten sich gegen die nasse Wand.
    »Was wird aus ihm?«, fragte Fritz.
    Der Scheinwerfer blitzte wieder auf. Rollo feuerte direkt in das Gleißen, das Licht erlosch. »Was weiß ich. Erobert allein die Wolga. Komm schon!«
    Fritz zögerte. Er wusste plötzlich selber nicht, was mit ihm los war. Er blickte in die Richtung, in die der Leutnant verschwunden war.
    »Geh schon vor!«
    Ehe er es sich anders überlegen konnte, sprang Fritz in die braune Brühe und ließ sich hinter dem Leutnant her treiben.
    Rollo starrte ihm wütend nach. Der Dicke musste verrückt geworden sein! Er selbst würde seinen Arsch jedenfalls nicht für diesen Aristokratenpinkel riskieren.
    Er sah, wie es vor ihm wieder aufblitzte, und machte sich hastig auf den Rückweg.

 
     
     
     
     
     
    22
     
     
    D as Gefälle nahm stark zu. Vergeblich versuchte der Leutnant, irgendwo Halt zu finden. Sein Kopf schlug gegen ein Holzbrett. Halb betäubt sank sein Kopf unter Wasser, er kam wieder hoch und schnappte nach Luft. Er stieß gegen ein Eisengitter, an dem er sich halten konnte, zog sich aus dem reißenden Wasser in einen schmalen Nebenschacht. Eine schmutzige, verölte Flüssigkeit bedeckte knietief den Boden. Keuchend wischte er sich den gröbsten Dreck aus dem Gesicht und versuchte sich zu orientieren.
    Aus einem Seitenstollen vor ihm tauchte ein schmächtiger Soldat in russischer Uniform auf. Auf seinem Rücken schleppte er einen weitaus schwereren Kameraden. Der Soldat ging gebückt und leuchtete mit seiner Lampe den Boden vor sich ab – wohl deshalb hatte er den Wehrmachts-Offizier noch nicht gesehen.
    Die einzige Fluchtmöglichkei t wäre zurück ins Abwasser gewesen, doch dazu hatte der Leutnant nicht mehr die Kraft. Er zog seine Pistole aus dem Halfter, obwohl es unwahrscheinlich war, dass sie noch funktionierte.
    »Stoj!«, rief er. »Stehen bleiben! Rukki werch!«
    Der russische Soldat versuchte in einen Seitengang zu springen, der Leutnant drückte ab und war selbst erstaunt, als der Schuss fiel. Der Soldat stürzte mit seiner Last zu Boden.
    Die Waffe im Anschlag, näherte sich der Leutnant seinem Opfer. Der kleine Soldat wälzte sich unter dem schweren Mann hervor, den er getragen hatte. Der Leutnant hatte ihn in den Rücken get roffen. Gleichgültig, was vorher mit ihm gewesen war, jetzt war er tot.
    Überrascht erkannte der Leutnant, der kleine Soldat war eine junge Frau, eher noch ein Mädchen, auch wenn man das auf den ersten Blick nur an den Händen erkennen konnte, die auffallend zart und feingliedrig waren. Sie tru g die Schulterstücke eines Leutnants der Roten Armee, das kurze schwarze Haar ließ ihr Gesicht mit den tiefen Erschöpfungsfalten und den früh gealterten Augen noch schärfer wirken.
    Der Leutnant verfolgte ihre Bewegungen nervös mit der Waffe, während sie aufstand. »Hände hoch!«
    Das Mädchen hob die Hände und versetzte der Leiche des russischen Soldaten einen wütenden Tritt. Was sie sagte, klang wie ein Fluch.
    Der Leutnant hob den Lauf seiner Waffe. »Rukki werch!«
    Sie lächelte kurz. Dann entgegnete sie zu seiner Überraschung auf Deutsch: »Ist das alles, was Sie auf Russisch können?« Falls sie Angst hatte, versteckte sie es gut. »Sehen Sie sich diesen Idioten an!«, fuhr sie fehlerfrei, jedoch mit einem harten Akzent fort und betrachtete die Leiche ihres Begleiters. »Ein Kerl wie ein Baum und fällt beim

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