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Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fromm
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befanden sich in einer unterkellerten Fabrikhalle gleich neben dem Büroblock, von dem sie unte r schweren Verlusten einige Quadratmeter erobert hatten. Das Gebäude war in einen riesigen Staubkegel eingehüllt, der durch die ständigen Einschläge schwerster Granaten am Leben gehalten wurde. Soldaten sprangen über den Platz vor ihnen von Trichter zu Trichter. Es waren ihre Leute auf dem Weg nach hinten. Aus den flankierenden Häusern, die den Platz u-förmig einschlossen, stürmten frische russische Einheiten. Sie wurden aus den ebenfalls unter schwerem feindlichen Beschuss liegenden Ruinen am gegenüberliegenden Ende des Platzes unter Feuer genommen.
    »Scheiße! Die hauen ab, ohne uns. Verdammte Arschlöcher!«, fluchte Fritz.
    »Los, komm!« Hans lief an der Wand entlang auf eine Türöffnung am Ende der Halle zu. Eine halbwegs intakte Treppe führte nach oben ins Freie. Von dort waren es nur noch wenige Schritte bis zu ihrem letzten Stützpunkt.
    Fritz keuchte hinter ihm her. »Wohin jetzt?«
    »Wir müssen nachschauen. Vielleicht wartet doch noch einer auf uns. Gib mir Feuerschutz!«
    Das Rauschen einer schweren Granate ließ ihn sich zu Boden werfen. Der Einschlag war so na h, dass der Leutnant von der Erschütterung hochgehoben und auf den Boden zurückgeschmettert wurde. Er war benommen, und Fritz musste ihn in die Halle zurückzerren. »Da drin wartet nicht mal ’n alter Furz.«
    »Halt! Parole!«
    »Herrmann«, krächzte Fritz so laut er konnte.
    Es war Rollo, gefolgt von dem Schwaben, dem Skelett und dem Kleinen.
    Bubi umarmte Fritz trotz seiner stinkenden Klamotten. »Fritz, dass du …«
    »Runter!«, brüllte Gross.
    Sie warfen sich auf den Boden, eine Granate zischte durch eines der Fenster. Ein peitschender Knall, dann explodierte sie an der hinteren Hallenwand. Eine schwere Deichsel fuhr wie ein Pfeil neben ihnen in den Boden.
    »Panzer?«, flüsterte Edgar.
    Gross schüttelte den Kopf. »Scheiß-Ratschbumm.«
    Der Leutnant wollte wissen, wo ihre Verstärkung sei. Gross wies auf das andere Ende des Platzes.
    Fritz und Rollo begrüßten sich auf ihre Art.
    »Ich hab gedacht, ich treff dich erst wieder an der Wolga«, sagte Fritz.
    »Und ich hab gedacht, du stinkst nur nach Scheiße«, sagte Rollo. »Der Iwan ist überall. Wir hätten keine fünf Minuten mehr auf euch gewartet.«
    »Ihr habt doch gar nicht gewartet.«
    »Raus hier«, zischte Gross.
    Die Soldaten liefen und stolperten hinter ihm ins Freie. An der Stelle, an der sie sich gerade noch befunden hatten, explodierte kurz darauf eine Granate.

 
     
     
     
     
     
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    S ie warfen sich in den nächsten Trichter. Edgar griff mit zitternden Fingern nach einem herumliegenden Stahlhelm und bot ihn Gross an, der nach wie vor nichts als seine spärlichen grauen Haare auf dem Kopf hatte.
    Gross winkte ab und deutete auf sein Ohr. Hans verstand. Gross’ Erfahrung und eine schon unheimliche Intuition waren ihre einzige Chance. Nach einer weiteren Salve rief er ihm zu: »Sie führen vorläufig die Gruppe!« Und zu den anderen: »Alles hört auf sein Kommando!«
    »Aber, Herr Leutnant«, sagte Gross und bewegte dabei die Lippen so langsam, dass Hans zwar kaum verstehen, aber doch sehen konnte, was er sagte. »Ich bin ein Verbrecher.«
    »Das ist mir scheißegal«, sagte Hans. »Wir wollen lebend hier raus!«
    »Na, dann los«, sagte Gross. Auf sein Zeichen sprangen sie auf. Bis zur Hallenwand rechts von ihnen waren es an die zwanzig Meter. Da sie nicht unterkellert war, befanden sich dort in Bodenhöhe keine Fenster, durch die man sie unter Beschuss hätte nehmen können. Dreißig Schritte, jeder eine Ewigkeit. Es war das Beste, nicht zu denken. Nur laufen. Qualm und Staub waren die einzige Deckung.
    Gross hatte die kurze Pause im Artilleriefeuer richtig erkannt. Sie schafften es alle.
    »Die Kleinen haben sich verschossen, jetzt kommen die schweren Koffer«, sagte Gross. »Tun uns nichts, sind zu nah beim Iwan. Los, wir haben nicht viel Zeit!«
    Hintereinander robbten sie an der Wand entlang über das Schlachtfeld, dicht über ihnen fe uerten russische MGs in die Häuser am Ende des Platzes. Rollo sah einen rüttelnden MG-Lauf über sich und griff nach einer Handgranate. Gross schüttelte den Kopf und zeigte ihm einen Vogel. Sie krochen weiter.
    Auf einmal war es so still, dass sie für einen Augenblick glaubten, sie hätten das Gehör verlor en. Dann vernahmen sie das Brummen schwerer Motoren.
    Gross nickte. »Scheiße! Panzer! Jetzt

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