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Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fromm
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Schlafwandler machen.
    Vielleicht würde der Gemeingefährliche nicht mal aufwachen. Der Kleine hatte einen tiefen Schlaf, wenn er nicht gerade was Schlimmes träumte. Vielleicht stand er ja auch drauf und träumte dabei von seinem Leutnant.
    Rollo dachte an Bubis weißen Arsch und die schmalen Beine, und er fühlte, wie sich seine Hose noch mehr spannte. Scheiße, er musste es tun, sonst stieg ihm der Saft bis ins Gehirn, und er ging hier noch drauf! Er war nicht schwul, weiß Gott nicht, aber da konnte man mal sehen, wie weit sie einen in diesem Scheißkrieg brachten! In jedem anderen Krieg auf dieser gottverdammten Welt konnte man nach jeder Schlacht wenigstens einmal richtig ficken, aber hier kriegten sie nicht mal das auf die Reihe! Wenn das der Führer wüsste!
    Vorsichtig sah sich Rollo um und stärkte sich mit einem letzten Schluck. Dann kroch er über den Dicken und legte sich dicht hinter Bubi. Der drehte sich im Schlaf und schmiegte sich, erfreut über die plötzliche Wärme, arglos an ihn.
    Er wachte erst richtig auf, als Rollo ihn bereits vor vollendete Tatsachen stellte. Ehe er schreien konnte, presste ihm Rollo die Hand auf den Mund. »Halts Maul! Sonst brech ich dir’s Genick«, zischte er ihm ins Ohr.
    Dann war auch schon alles vorbei. Bubi lag reglos auf der Seite, wie gelähmt. Der Schock war so groß, dass er weder weinen noch schreien konnte.
    »Na los, zieh dich wieder an«, flüsterte Rollo und zog ihm dann selbst ärgerlich die Hosen hoch. »Das war ’n Notfall. Stell dich jetzt bloß nicht an.« Nervös fuhr er sich übers Gesicht. »Wir wissen beide, dass wir normal sind, das ist die Hauptsache.«
    Bubi drehte sich plötzlich um, verkrallte seine Hand in Rollos Haaren und küsste ihn heftig auf den Mund.
    »Was soll denn die Scheiße?« Rollo riss sich los.
    Bubi lächelte und wischte sich etwas Blut von der Lippe.
    Da begriff Rollo. Verdammt, in was war er da hineingeraten!
    »Pass auf«, flüsterte er aufgeregt. »Wie du bist, ist mir egal, aber ich …«
    Sie wurden von einer Mas chinengewehrsalve unterbrochen.
    »Essenholer! Feuerschutz!«, schrie Gross.
    Die Aussicht auf warmes Essen brachte alle mit erstaunlicher Geschwindigkeit auf die Beine. Fritz stürzte zum MG und stieß AGM beiseite.
    »Nicht dahin!«, schrie AGM. »Da sind unsere!«
    »Ach was!« Fritz hielt in kurz aufflackerndes Mündungsfeuer. »Unsere sind mit Tragen beschäftigt! Neuer Gurt!«
    Die Russen schossen Leuchtkugeln. Drei Essenholer schafften es trotzdem, schlammbedeckt und grau vor Erschöpfung kletterten sie die improvisierte Leiter hoch, die die Kampfgruppe im Bedarfsfall ins Erdgeschoss hinabließ. Einer hatte einen Schulterdurchschuss und einen Sack voll Post.
    Aufgeregt wühlten die Männer in den Briefen und Päckchen. Selbst das Essen wurde vorläufig uninteressant. Piontek fuchtelte mit einer in Kleinmädchenschrift vollgeschriebenen Seite herum.
    »Mensch, jetzt hat se mir schon wieder geschrieben, dat se ’n Jungen gekriegt hat, aber kein Wort von der Kuh, die kalben soll. Na ja, macht nix, sie ist zwar nicht die Hellste, aber sonst … Hauptsache lieb. Mein Gott, wenn ich jetzt bloß wüsst, ob mit meiner Kuh alles stimmt. Wat ’n Uppstand! – Oh …!« Empört starrte er auf die zweite Seite. »Die haben unsere zwei Polen aufgehängt, die waren so gut eingearbeitet, wat ’n Schietkram!« Kopfschüttelnd las er weiter.
    Rollo riss ebenfalls ein Kuvert au f. Herbert, der Melder, hob neugierig den Blick von seinem Brief. »Von deiner Frau?«
    »Klar. Sitzt zu Hause und passt auf die Möbel auf.« Unschlüssig drehte er die Briefbögen in der Hand. Irgendwie hatte er doch ein schlechtes Gewissen, den Brief ausgerechnet nach dem, was gerade vorgefallen war, zu lesen. Er würde noch etwas damit warten.
    »Schalke hat gegen Hannover drei zu null gespielt«, sagte Herbert. »Alemania hat schon wieder verloren.«
    Rollo sah ihn überrascht an. »Steht das in dem Brief?«
    »Klar. Meine Mutter hat versprochen, dass sie mir alle Ergebnisse schreibt. Nach dem Krieg werd ich Mittelstürmer bei Borussia. Hab schon ’n Probespiel gehabt.«
    »Ich denk, du hast ’n Reisebüro.«
    »Aber nach’m Krieg will doch jeder erst mal zu Hause bleiben.«
    Herbert studierte die nächsten Zeilen der gestochen scharfen Handschrift seiner Mutter, einer Postbeamtenwitwe. Auch der Rest des Briefes war so akkurat geschrieben und nichtssagend wie die Fußballtabelle. Selbst ihre Sorgen klangen pflichtbewusst. Sieh dich vor,

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