Stalins Kühe
nicht mehr als drei Nylonhemden übereinanderziehen können. Er hatte es zwar versucht, aber das hätte man dann schon gesehen. Im Strumpf hatte Kaarel erfolgreich ein Spiel Karten mit Pornobildern sowie finnische Kondome versteckt – die Einfuhr der Erstgenannten war strikt verboten, wie auch jegliches andere pornografische Material, und die Kondome wären nach einer Zollkontrolle nutzlos gewesen, selbst wenn man sie erlaubterweise für den Eigenbedarf eingeführt hätte, denn die Zöllner hätten natürlich entweder die Packungen öffnen oder sie mit einer Nadel durchstechen müssen, um zu wissen, was die kleinen undurchsichtigen Päckchen enthielten. Die sowjetischen Kondome werden ja in Papiertüten verpackt. Das ist zwar billig, kostet nur einige Kopeken, aber trocken, und es ist nahezu unmöglich, sie zu benutzen, ohne sie kaputt zu machen. Außerdem wagt niemand, sie in der Apotheke zu verlangen, und anderswo bekommt man sie nicht.
An die engsten Freunde verteilte er je ein Kondom der Marke Sultan. Die verheirateten Freunde bekamen von Kaarel je zwei, eines für die Frau, das andere für die Erdbeere. Den Freundinnen wurde verboten, über dieses hahnenkopfförmige Wunder zu sprechen; Katariina erfuhr davon ganz zufällig, und sie musste ausdrücklich schwören, das Geheimnis nicht an die Freundinnen der Männer zu verraten, denn es sollte gewahrt werden. Denn die mit Hahnenkopf sollten nicht bei den eigenen Freundinnen zum Einsatz kommen, sondern bei den Erdbeeren. Eine Erdbeere war ein Mädchen der Spitzenklasse für eine Nacht, aber nicht für eine Beziehung. Eine Blaubeere wiederum war ein Mädchen der zweiten Klasse, nicht mehr so taufrisch, schonetwas verkommen, und trank möglicherweise auch mehr. Die Freundinnen wiederum waren eine Sache für sich.
Die Pornospielkarten machten die Runde. Jeder Mann durfte sie einen Tag lang behalten, aber den Freundinnen durften sie sie natürlich nicht zeigen, und niemand durfte die Herkunft des Spiels erfahren, damit Kaarel nicht wegen Verbreitung von Pornografie von der Schule flog.
Nachdem die Karten die Runde gemacht hatten, kehrten sie zu Kaarel zurück, aber manche hatten die Bilder vervielfältigt, und die Kopien gingen dann ihre eigenen Wege. Auch Katariina bekam eigene, da sie nun einmal von der Sache wusste, aber davon erzählen durfte sie nicht!
So etwas wird in den kapitalistischen Ländern gezeigt? In Finnland? Einfach so? Ist das typisch für die Kapländer ?
Die Ehefrauen hatten angeblich die Hahnenkopfförmigen gelobt. Für die Meinung der Erdbeeren interessierte sich niemand.
DAS
WARTEN,
WENN wir zu der Treppe kommen, über die man zum Gelände des Hafenterminals hinuntergeht. Im Bauch kribbelt es vor Freude und Spannung. Wenn wir am Zoll vorbei sind, sehen wir als Erstes die Huren. Hinter dem Absperrband. Das trennt in den Terminals den Bereich ab, der den einheimischen Abholern verschlossen ist. Früher gab es an der Stelle des Bandes eine Schiebetür in demselben Erbsengrün, das allgegenwärtig ist: in den Uniformen der Grenztruppen, an den Armeefahrzeugen und den Lastkraftwagen, immer gegenwärtig, egal, wo man sich befindet. Grün grün grün, aber ohne Hoffnung.
Als die Grenzen etwas freundlicher wurden, war das Absperrband zunächst zusätzlich zu der Tür nötig, dann nur noch das Absperrband, dessen Platz variierte, zuletzt wurden die Abholer überhaupt nicht mehr in das Terminal gelassen. Jetzt mussten sie draußen warten; als die Zahl der Reisenden aus dem Ausland stieg, nahm die Menge der Abholer so stark zu, dass sie schwer beherrschbar wurde. Alle mit Blumen in der Hand: Astern und Zweige von Asparagus, Nelken, Margeriten und Alpenveilchen, viele Alpenveilchen. Die Mädels der Finnen machten nur noch einen Bruchteil aus. Bevor das Band in Gebrauch kam, war es fast unmöglich, aus dem Terminal herauszukommen. Verschwitzte Menschen dicht gedrängt in einer Halle ohne Klimaanlage. Alle Hälse so weit wie möglich gereckt, wann kommen sie denn, diejenigen, die man abholt, die Tante aus Amerika oder der Vetter aus Schweden, wann, wann, da oder dort …Durch die langhalsige Menge und die im Gedränge zerdrückten Blumen konnte man sich am besten mit mehreren Personen hindurchkämpfen, sodass die vielen Abholer ihren Sinn hatten.
Auf finnischer Seite hat niemand so viele Koffer wie Anna und Annas Mutter. Anna findet das spannend. Die großen Gepäckstapel erinnern sie an dampfende Lokomotiven, braune Reisetruhen und Hutschachteln, das
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