S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
geheime Produktionsstätte.
Die Halle lag unterhalb des Korridorniveaus, lange vertikale Eisentreppen führten fünf Meter nach unten. In einer entfernten Ecke des Raumes konnte man eine niedrige Hebebühne erkennen, die zu einem weiteren, größeren Tunnel führte. In diesem Schacht hätten zwei Lkws gleichzeitig Platz zum Rangieren gehabt.
Auf der Hebebühne blitzte das schwarze Kopftuch eines unserer Verbündeten auf. Im Zentrum der Halle befanden sich seltsam geformte Gegenstände — wahrscheinlich Maschinen, von denen dicke farbige Kabel in alle Richtungen über die Wände führten.
Diese Basis ist gar nicht so gewöhnlich, wie es von außen den Anschein hat.
Zwischen den Gegenständen standen allein oder in kleinen Grüppchen die „Sünder". Sie alle starrten in eine entlegene Ecke und sangen. Einzelne Wörter konnte man nicht verstehen.
In der Ecke befand sich offensichtlich der Altar — ein riesiger Metallquader, der früher als Server oder Telefonstation oder ähnliches gedient haben mochte. Er war mit Klarsichtfolie überzogen, und auf ihm lagen aufgereiht abgehakte menschliche Arme und Beine. Ein Priester im schwarzen Umhang schnitt mit einem breiten Messer kleine Fleischstücke ab und legte sie auf ein blutverschmiertes Tablett, das von einem wie erstarrt wirkenden „Sünder" gehalten wurde.
Offensichtlich bereiteten sie eine schwarze Messe vor.
Ich richtete meinen Blick nach oben und verstand erst jetzt, dass die dortige Gestalt am Kreuz keine Figur war. Nein, hoch über der singenden Menge hing an der gegenüberliegenden Wand ein großes Holzkreuz mit den sterblichen Überresten eines Menschen. Er war mit einer Tarnjacke bekleidet und trug eine graue Binde. Der bereits mumifizierte Schädel hing zur Seite und grinste mit gefletschten Zähnen zu uns herunter.
„Taiga!", rief Peps schrill. Er sprang auf die Treppe, die nach unten führte, und eröffnete das Feuer, überschüttete die überraschten „Sünder" großzügig mit Blei. „Gott verdammt, das ist Taiga!"
Von beiden Seiten unterstützten ihn gezwungenermaßen „Jüngster Tag" und wir.
Iwan Taiga, ein legendärer Veteran unseres Clans, war einige Monate zuvor spurlos verschwunden. Zu diesem Zeitpunkt ermittelte er schon gegen die „Sünder", und wir vermuteten, dass diese Biester etwas mit seinem Verschwinden zu tun hatten. Aber erst vor einigen Tagen bekamen wir die zuverlässige Information, dass die Leiche von Taiga im Zentraltempel der „Sünder" als Statue diente, als Sühnopfer zu Ehren des Großen Wurms.
Die „Sünder", die Taiga angebetet hatten, fegte das unbarmherzige Feuer von den Stufen des Altars. Viele waren auf der Stelle tot, einige suchten Schutz unter den Treppen des Altars, aber wir erledigten sie mit präzisen Schüssen. Auf dem Boden lagen in riesigen Blutlachen Berühmtheiten wie Bes, der im Winter eine Gruppe unserer Stalker am Ausgang der Bar erschossen hatte, Schtir, der einst versucht hatte, den Sumpfdoktor auszurauben und umzubringen, sowie Sergeant, der einen Monat zuvor völlig grundlos unserem Kumpel Schnur den Kopf abgehackt hatte.
Die Restlichen versteckten sich in den Ecken, verbarrikadierten sich hinter Kisten und versuchten sich zu verteidigen.
In dem Raum, der von vereinzelten Lampenstrahlen durchbohrt wurde, verbreiteten sich Staubwolken und Gase. Ätzender Pulverdampf kroch in den Korridor.
Peps hatte keine Chance. Man durfte nicht den Kopf verlieren, auch wenn man den eigenen Bruder an ein Satanskreuz genagelt sah.
Ich verstand seine Gefühle vollkommen, allerdings hätte ich selbst es mir lieber zehnmal überlegt, bevor ich mich kopflos in einen Kampf gestürzt hätte.
Der wild gewordene Peps wurde von drei Seiten beschossen. Er fiel nach unten und erstickte an seinem eigenen Blut, das in die zerrissene Lunge drang. Nun schützte ihn die Eisenplatte vor Beschuss von unten, aber das half ihm auch nichts mehr. Mindestens zwei der Schüsse waren tödlich — seine Brust und sein Bauch waren getroffen.
Augenblicke später sah ich, wie einer unserer Verbündeten mit einem Loch im Kopf von der Hebebühne fiel. Chamsa bekam eine Kugel in die rechte Schulter und Patogenitsch hielt sich fluchend das blutige Ohr. Im Prinzip waren wir zu größeren Verlusten bereit, denn wir hatten ja damit gerechnet, dass sich die „Sünder" schon am Zaun ihrer Basis bis zum letzten Mann wehren würden. Und trotzdem tat es weh, den im Todeskampf zuckenden Peps zu sehen. Ihm blieb höchstens noch eine
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