Star Trek - Destiny 01 - Götter der Nacht
wollte dich nicht aufwecken.«
»Das hast du nicht«, antwortete sie. »Ich bin einfach so aufgewacht. Ich weiß nicht warum.«
Jean-Luc nickte und sah wieder auf die Flöte. Er zog die Kordel mit einer Hand straff, legte das Instrument zurück in seine maßgeschneiderte Vertiefung im Schaumpolster und achtete darauf, dass das Seidenband parallel zum Metallkörper der Flöte lag. Dann schloss er vorsichtig den Deckel, hob die Schachtel hoch und trug sie zu einem Regal. Er trug sie, als sei sie ein heiliges Relikt. Während er die Schachtel neben einige in Leder gebundene Ausgaben klassischer Werke legte, wirkte Jean-Luc traurig, wie ein Mann, der sich mit großer Sorgfalt bewegt, weil er vielleicht alles zum letzten Mal machte. Crusher fand die Besonnenheit seines Verhaltens besorgniserregend.
»Du siehst erschöpft aus«, sagte sie. »Kommst du ins Bett?«
Er seufzte. »Wozu? Ich darf nicht schlafen. Nicht, wenn das Kollektiv darauf wartet, dass ich meine Deckung sinken lasse.«
»Ich könnte dir ein Schlafmittel verschreiben, das ...«
»Nein«, sagte Jean-Luc. »Keine Medikamente. Ich muss bereit sein.«
Sie trat neben ihn und legte ihre Hände auf seine Schulter. »Wie bereit wirst du sein, wenn du nicht schläfst?«
»Worf hat das Gleiche gesagt.« Sein Blick wurde abwesend, dem Moment entrückt. »Keiner von euch kann sie hören, nicht so, wie ich es tue.« Er runzelte die Stirn. »Ich kann nicht schlafen. Nicht jetzt.«
Crusher ließ zu, dass er ihre Hände abstreifte. Sie nahm es nicht persönlich. Stattdessen ging sie zum Replikator. »Also gut«, sagte sie. »Wenn du nicht schläfst, schlafe ich auch nicht. Computer, Licht, halbe Stärke.«
»Beverly«, protestierte er, als sich der Raum aufhellte.
»Pst.« Sie hielt vor dem Replikator. »Zwei Pfefferminztees, heiß.« Ein melodisches Surren erfüllte den Raum. Im Inneren der Replikatornische nahmen in einer Spirale aus glühender Materie zwei filigrane Porzellantassen Gestalt an. Als die Sequenz vorbei war, nahm Crusher den Tee und brachte ihn zu Jean-Luc. Sie bot ihm einen an.
»Ich bin nicht durstig«, sagte er.
»Das wird deine Nerven beruhigen«, konterte sie, aber noch immer machte er keine Anstalten, den Tee anzunehmen. Sie stellte die Tasse auf einem Beistelltisch neben der Couch ab. »Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?«
Er machte ein paar Schritte in die Mitte des Raums und sah aus dem Fenster auf das vorbeiziehende Sternenlicht. »Ich weiß nicht mehr«, sagte er. Dann fügte er hinzu: »Zum Frühstück, denke ich.«
»Jean-Luc, du musst dir die Zeit nehmen, um auf dich acht zu ...«
»Beverly«, unterbrach er. In seiner Stimme klang eine unheimliche Leblosigkeit mit. Crusher kannte sie von Kriegsveteranen, die einen Schock erlitten hatten. »In den vergangenen vierundzwanzig Stunden bin ich Zeuge geworden, wie zwei Welten zerstört wurden. Milliarden Leben, jedes von ihnen einzigartig und unersetzlich, alle ausgelöscht.« Er wandte sich zu ihr um. »Und es hat gerade erst begonnen. Etwas Schreckliches steht bevor, ich kann es spüren. Korvat brennen zu sehen, war wie ein Omen.«
Sie rückte näher an ihn heran. »Ein Omen? Wofür? Eine Katastrophe?«
Sein Kiefer zuckte. »Eine Apokalypse.«
Da sie ihm jetzt nah genug war, ergriff sie seine Hände und versuchte, ihm Halt zu geben, ihn davor zu bewahren, von der Strömung seiner Angst fortgespült zu werden. »Das weißt du nicht«, sagte sie. »Das Schlimmste könnte schon vorbei sein.«
»Nein, Beverly. Ist es nicht.« Seine Stimme wurde zu einem Flüstern, als ob er Angst vor Mithörern hätte. »Das Schlimmste ist immer noch da und wartet darauf, zuzuschlagen, wie ein Hammer in der Dunkelheit.« Sie beobachtete, wie Tränen in seinen Augen schimmerten, als er seine rechte Hand befreite und sie sanft auf ihre Wange legte. »Wir sind dem nicht mehr gewachsen.«
»Das kann ich nicht glauben«, erwiderte sie. »Und ich werde es nicht. Die Sternenflotte hat in den letzten Wochen sechs Borg-Kuben zerstört und fünf weitere allein heute. Wir können sie aufhalten.«
»Und was haben wir dabei verloren?« Er ließ seine Hand von ihrem Gesicht sinken und sein Tonfall wurde härter. »Mehr als ein Dutzend Linienschiffe. Drei große Sternenbasen. Vier Welten. Welten, Beverly! Milliarden Leben!« Er begann, im Zimmer umherzulaufen. »Ich habe Admiral Janeways Berichte über ihre Jahre im Delta-Quadranten gelesen. Ihre Begegnungen mit den Borg. Sie haben Tausende von
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