Star Trek - Destiny 02 - Gewöhnliche Sterbliche
abhängig davon, ob sie sich daneben benahm.
Eine Gruppe von ihnen hatte sich in einem offenen Amphitheater versammelt. Sie schwebten in Reih und Glied und lauschten einer schwermütigen musikalischen Darbietung, die aus einer perfekt konstruierten akustischen Halbmuschel drang. Auf der Bühne darüber befand sich nur eine Sängerin, aber sie klang wie ein Quartett.
Es war so lange her, dass Hernandez die Stadt von ihrer besten Seite gesehen hatte, dass sie die Wunder vergessen hatte, die es in ihr gab. Die Caeliar mit ihren erstaunlichen Begabungen in Kunst und Wissenschaft ... ihre beiläufige, dynamische Angewohnheit, als Lichtpunkte zu erscheinen oder zu verschwinden oder einfach davonzuschweben wie Seifenblasen in einer warmen Sommerbrise … ihre nicht alternden Körper und unbegreiflichen Maschinen ... sie waren die personifizierte Macht.
Hernandez, die allein in ihrer Mitte stand, sah sich als das, was sie wirklich war: winzig, schwach, alt und gebrechlich.
Sie sah zu den Sternen auf, die endlich wieder auf der anderen Seite einer Atmosphäre funkelten und ihr Blick wurde zu dem leeren Fleck schwarzen Himmels gezogen, wo die Aussicht auf das Sternenfeld von der im Bau befindlichen Hülle der Caeliar verdeckt wurde. Ein besseres und größeres Gefängnis, dachte sie verzweifelt. Nun werden sie mir sogar den Himmel nehmen.
Während sie auf die Türme blickte, die hoch über ihr aufragten, musste sie an Johanna Metzgers tödlichen Sprung denken. Dann erinnerte sie sich an Sidra Valerian, auf eine schreiende Lache brennenden Fleisches reduziert. Verzweifelt bemühte sie sich, dieses schreckliche Bild aus ihrem Kopf zu verbannen, indem sie an Veronica Fletchers würdiges, stilles Ende dachte. Aber auch das sowie die Erinnerung an ihre Freunde in glücklicheren Zeiten brachte ihr keinen Trost.
Hernandez bemerkte kaum, wo sie war, während sie die leeren Straßen und Plätze der verdunkelten Stadt durchwanderte und erforschte. Ihr Kopf kehrte immer wieder zu ihrem früheren Leben zurück: Die Columbia NX-02, ihre Mannschaft, die Menschen, die sie auf der Erde zurückgelassen hatte ... Jonathan. Sie alle befanden sich Hunderte von Jahren in der Zukunft und doch waren sie aus ihrer Perspektive schon längst tot.
Sie stand am oberen Ende einer steilen Treppe aus weißem Granit, hoch über einem runden Versammlungsplatz. In der Mitte des Platzes stand ein umgedrehter Springbrunnen, eine runde Aushöhlung, in die Wasser von einem umliegenden Ring strömte. Eine Fontäne schoss aus der Mitte der Vertiefung empor, Dutzende von Metern in die milde Nacht hinein. Der fallende Sprühnebel fing das Sternenlicht ein – solange er noch konnte.
Hernandez streckte ihre Arme auf gleicher Höhe wie ihre Schultern seitwärts aus und fühlte sich einen flüchtigen Augenblick lang so, als ob sie fliegen könne. Ein Schwindelgefühl verwirrte ihre Gedanken, während es ihre nackten Füße vom kalten Boden zu heben schien. Sie drückte sich mit den Zehen ab, verlagerte ihr Gewicht stufenweise vorwärts und hoffte, dass sie stark genug war, um das zu tun, was sie schon vor langer Zeit hätte machen sollen.
Die Schwerkraft ergriff von ihr Besitz und zog sie in einen rotierenden Sturz die Treppe hinunter. Durch Hunger und Austrocknung phantasierend und federleicht, spürte sie kaum, wie ihr gebrechlicher alter Körper mit jedem rollenden Aufprall auf einer der Stufen zerschmettert wurde. Es schien kein Ende zu nehmen, war überwältigend und brachte sie an den Rand einer Euphorie. Dann schlug sie auf dem Boden des Platzes auf und lag sehr ruhig da. Ihr Körper pochte vor Erinnerung an die Heftigkeit des Sturzes. Sie konzentrierte sich auf die eisige Liebkosung des Steins unter ihrem verdrehten Leib und stellte sich vor, wie er ihr den letzten Rest Wärme und Leben entzog, es ihr mit seiner kalten und sanften Umarmung entriss.
Während sie auf dem Boden lag und auf den Tod wartete, formte sich ein bernsteinfarbener Lichtschimmer am Rand ihres Blickes. Zuerst hoffte sie noch, dass es sich um eine letzte Halluzination handelte, bevor es zu Ende ging.
Dann begann das Licht, eine vertraute Form anzunehmen.
Bitte lass ihn zu spät sein, betete sie, bevor sie das Bewusstsein verlor und in etwas versank, von dem sie hoffte, dass es sich um das Vergessen handelte.
»Haben Sie Schmerzen?«
Es war Inyx’ Frage, die sie aufweckte. Sie öffnete ihre Augen und wurde von der Flut weißen Lichtes, das auf sie gerichtet war, fast geblendet.
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