Star Trek - Destiny 04 - Einzelschicksale
erneut seinen Weg vom Status eines Anfängers mit einem weißen Gürtel nach oben. Doch kurz bevor er den schwarzen Gürtel erwerben konnte, wurde er versetzt.
Seit er auf die Aventine gewechselt hatte, war ihm bewusst geworden, dass er wieder vermehrt Probleme mit seinem Temperament bekam. Schon damals, als er zum Kadetten ernannt worden war, hatte Bowers bereits eine gewisse Gelassenheit erreicht, weshalb es ihn nun beunruhigte, dass er sich wieder in sein jugendliches Selbst zurückzuverwandeln schien.
Andererseits hatte er, seit er auf der Aventine war, auch bis zu den Knien in Borg gesteckt.
Also nahm er sein Karate-Training wieder auf. Niemand auf der Aventine bot Karate-Kurse an – die stellvertretende Sicherheitschefin, Naomi Darrow, gab einen Aikido-Kurs, aber das war auch schon alles –, also trainierte er allein.
Doch als er die Kata durchführte, wurde ihm klar, dass Tsuki No bei seiner derzeitigen Gemütsverfassung die falsche Form war. Die meisten Bewegungen dieser Kata waren hart und schnell. Bowers merkte, dass er sie zu hektisch erledigte, wodurch das Ganze schlampig und unkonzentriert wirkte. Als er zur achten der zwanzig Bewegungen kam, verlangsamte er sein Tempo, wie es erforderlich war, veränderte seine Haltung und vollführte dann langsam einen Block mit dem Unterarm.
Dann begann er, einen Schritt nach vorne zu machen, erinnerte sich daran, dass er einen Bewegungsablauf übersprungen hatte, hielt an, trat zurück und stieß einen Fluch aus, für den Shihan Williams ihm damals auf Mantilles einen Verweis erteilt hätte.
»Ich weiß nicht, Commander. Von hier sah das eigentlich ganz gut aus.«
Bowers wirbelte herum und erblickte Sonek Pran, der an der Wand der Trainingshalle der Aventine stand und ihn beobachtete.
Der Professor hatte sein langes Haar in einem Pferdeschwanz zu-rückgebunden, wodurch seine spitzen Ohren sichtbar wurden, und trug locker sitzende Trainingskleidung. Zu dieser frühen Stunde befanden sich neben ihm und Bowers nur wenige andere in der Trainingshalle. Hier und dort waren ein paar Leute verteilt, aber sie hielten alle gebührenden Abstand zu ihrem Ersten Offizier.
Typisch, dass Pran mir nicht dieselbe Rücksicht entgegenbringt. Sobald ihm der Gedanke gekommen war, tat Bowers ihn als ungerecht ab.
Tatsächlich war seine automatisch negative Reaktion auf Pran ein Zeichen dafür, dass er ein wenig neben sich stand.
»Sie haben offensichtlich nie Kampfsport betrieben«, sagte Bowers mit einem Lächeln, »sonst wüssten Sie, dass das gerade ziemlich weit von ›ganz gut‹ entfernt war.«
»Da haben Sie mich erwischt. Ich habe mich eigentlich nie sonderlich für Kampfsport interessiert. Ich habe ein Problem mit dem gesamten Konzept.«
Bowers ging zur Wand hinüber, wo er sein Handtuch abgelegt hatte, und trocknete sich die Stirn ab. »Wie meinen Sie das?«
»Nun, eigentlich nicht mit dem gesamten Konzept – nur mit dem ersten Wort.«
»Kampf?«
Pran nickte. »Was intelligentes Leben von allen anderen Lebensformen dort draußen unterscheidet, ist die Tatsache, dass wir eigentlich keine Gewalt benötigen, um unsere Probleme zu lösen. Wir können über sie reden . Oder wir können uns darauf einigen, unterschiedlicher Meinung zu sein. Oder wir können einen Kompromiss finden. Es existiert kein Problem, das nicht gelöst werden kann, indem sich zwei oder mehr vernünftige Leute zusammensetzen und miteinander reden. Es gibt ein altes menschliches Sprichwort: ›Ich will keine Unsterblichkeit durch mein Werk erreichen, ich will Unsterblichkeit erreichen, indem ich nicht sterbe.‹ Gewaltlosigkeit scheint mir eine gute Möglichkeit zu sein, um genau das zu schaffen.«
Bowers zuckte mit den Schultern und legte das Handtuch ab.
»Nichts für ungut, Professor, aber diese Einstellung erscheint mir doch mehr als nur ein wenig naiv.«
Pran hob eine Augenbraue. Diese Geste kombiniert mit der Tatsache, dass seine Ohren nun deutlich sichtbar waren, ließ ihn zum ersten Mal, seit er an Bord gebeamt war, wie einen Vulkanier aussehen.
»Meinen Sie, Commander? Ich weiß nicht. Sehen Sie sich an, wo wir leben. Abgesehen von der derzeitigen Krise ist die Föderation eine Gesellschaft ohne Armut, Not oder Hunger. Zugegeben, im Moment gibt es jede Menge davon, und das wird vermutlich auch noch eine ganze Weile so bleiben, aber in den vergangenen Jahrhunderten ist es dieser Föderation gelungen, ein fast ideales Leben zu haben. Ja, wir haben Kriege geführt, allerdings nur als
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