Star Trek - New Frontier 01 - Kartenhaus
Distanz. Die vulkanische Gedankenverschmelzung stellte jedoch die Antithese zur Isolation, die durch die vielgerühmte vulkanische Logik gewährleistet wurde, dar. Es war, als hätten Natur und Evolution die telepathischen Fähigkeiten der Vulkanier verstärkt, um einen Ausgleich für die Distanz des täglichen Lebens zu schaffen. So zurückhaltend und reserviert sie sich normalerweise verhielten, die Verschmelzung erlaubte es ihnen, ihre Schilde und Panzer in einem viel stärkeren Ausmaß zu durchdringen, als es anderen Spezies möglich war. Damit waren die Vulkanier eine paradoxe Kombination aus Unnahbarkeit und Intimität.
Und es gab niemals eine größere Intimität als zwischen einem Paar, das zur Vereinigung bereit war.
Sie sondierten sich gegenseitig, prüften ihre Stärken und Schwächen. Voltak spürte Selars tiefes Mitgefühl, ihre Sorge um alle Lebewesen, die hinter einer Maske aus vulkanischer Nüchternheit versteckt lag, und ließ sie in sein Herz fließen. Selar kostete Voltaks Gründlichkeit und Hingabe, sein Verständnis und seine Begeisterung für die Vergangenheit und ihre möglichen Auswirkungen auf die Zukunft, und sie war stolz auf ihn.
Und dann ging ihre geistige Verbindung weit über eine bloße Berührung hinaus. Sie wurde immer tiefer, und während sich ihre Körper vereinigten, verschmolzen ihre Seelen zu einem Geist, zu einem Intellekt. Selar nahm sie beide als ineinander verschlungenes Bündel wahr; es war nicht mehr zu unterscheiden, wo sie aufhörte und er begann. Ihr Atem ging in kurzen Stößen, ihr Bewusstsein und ihre Kontrolle verflüchtigten sich, als sie zuließ, völlig von der Freude ihrer Vereinigung überwältigt zu werden … der Freude und Ekstase und Hitze, der Hitze, die sich in ihren Lenden konzentrierte, ihrem Brustkorb …
… ihrem Brustkorb …
… und die Hitze brannte immer heißer, bis sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Es war überhaupt nicht so, wie es sein sollte …
… in ihrer Brust brannte ein heißes Feuer. Die Euphorie und der lustvolle Wahnsinn der Vereinigung schwanden. Stattdessen empfand sie nur noch einen tiefen Schmerz im Oberkörper, der scheinbar von einer Schraubzwinge zusammengepresst wurde, sodass sie nicht mehr atmen konnte.
Selar bäumte sich unter Qualen auf und schnappte verzweifelt nach Luft, doch es gelang ihr nicht, ihre Lungen zu füllen. Währenddessen schrie ihr Geist ihr zu:
Du hast einen Herzinfarkt!
Dann hörte sie einen Schmerzensschrei, der in ihrer Seele und ihrem Körper nachhallte, und ihr wurde bewusst, was geschah. Sie hatte nicht geschrien. Es war Voltak. Voltak hatte einen schweren Herzinfarkt.
Und Selars Geist war mit seinem verschmolzen.
Sie hatte ihren Körper und ihre Fähigkeiten nicht mehr in ihrer Gewalt. Sie versuchte, sich zu bewegen, sich zu bemühen, sich zu konzentrieren. Sie wollte Voltak aus ihrem Geist verdrängen, damit sie wieder in der Lage sein würde, etwas anderes zu tun, als sich vor Schmerzen zu winden. Doch Voltak, dessen Emotionen infolge der Vereinigung bereits bloß lagen, reagierte auf diese erschreckende Wendung auf höchst unvulkanische Weise. Er hatte Angst. Er war entsetzt. Und statt die telepathische Verbindung mit Selar zu lösen, hielt er sich aus ebendiesem Grund umso verzweifelter an ihr fest. Es war unmöglich, einem Ertrinkenden begreiflich zu machen, dass seine einzige Überlebenschance darin bestand, sich nicht an seinen Retter zu klammern.
Beruhige dich!
, schrie ihr Geist ihm zu.
Beruhige dich!
Voltak war jedoch nicht mehr in der Lage, seinen inneren Ruhepunkt wiederzufinden, sein intellektuelles Zentrum, von dem aus er seine Logik und kühle Beherrschtheit nach außen projizieren konnte.
Und vor ihrem geistigen Auge konnte sie ihn sehen. Es sah aus, als wäre er von Finsternis umgeben, die mit Tentakeln nach ihm griff und ihn fortzerren wollte, weit fort. Gelähmt und mit heftigen Schmerzen im Brustkorb wusste sie nicht, ob sie ihn halten sollte, wie es ihre nackten Gefühle verlangten, oder ob sie versuchen sollte, den Kontakt abzubrechen, wie es die Logik diktierte, damit sie vielleicht eine Chance erhielt, sein Leben zu retten. Sie entschied sich für die zweite Möglichkeit, weil sie ihr am vernünftigsten erschien, da sie ansonsten gar nichts für ihn tun konnte …
Und als sie sich von ihm zu lösen begann, erkannte Selar plötzlich ihren Irrtum, denn Voltaks Geist rief ihr nun zu:
Meine Katra …
Seine Seele. Seine vulkanische Seele, die alles beinhaltete,
Weitere Kostenlose Bücher