Star Trek - New Frontier 01 - Kartenhaus
was er darstellte, sein eigentliches Wesen, seine Essenz. Unter normalen Umständen würde seine
Katra
durch eine Gedankenverschmelzung bewahrt werden, sodass sie dorthin gebracht werden konnte, wo sich seine Vorfahren aufhielten. Doch diese Umstände waren alles andere als normal.
Die
Katra
anzunehmen, bedeutete, den Tod des anderen zu akzeptieren, und Dr. Selar war weder bereit noch willens, zu akzeptieren, dass es für Voltak keine Hoffnung und keine Rettung mehr gab. Sie war Ärztin, und sie konnte etwas für ihn tun, wenn sie nur die verfluchte geistige und körperliche Lähmung überwand, in der die Gedankenverschmelzung sie gefangen hielt.
Sie hörte erneut, wie er Katra rief, dieses Mal mit schwächerer Stimme, und in diesem Moment wusste sie, dass er verloren war. Selar, die sich eben noch bemüht hatte, sich von ihm loszureißen, kehrte nun verzweifelt ihre Anstrengungen um und versuchte, ihn festzuhalten. Sie konnte »sehen«, wie er ihr eine Hand entgegenstreckte. Darin hielt er etwas Kleines und Leuchtendes von großer Kostbarkeit, und sie griff danach, versuchte, es mit mentalen Fingern zu fassen, entriss es geradezu seinem Griff, gewann ein oder zwei Sekunden, um ihn nahe genug an sich heranzubringen …
… und dann wurde er von der Finsternis verschluckt, als sich der Tod um ihn und sie legte. Selar spürte eine Eiseskälte, und für einen Moment öffnete sich ihr die Leere, und sie sah die andere Seite, die ihr erschreckend und öde vorkam. So viel Leere, so viel Trostlosigkeit, so viel Nichts. Wie das Leben die Verherrlichung all dessen verkörperte, was existierte, so war der Tod die Andacht für all das, was nicht existierte. Und aus der Finsternis schien etwas ihren Blick zu erwidern, sie abzuweisen, sie zurückzustoßen, damit Voltak und seine Seele für immer ihrer Reichweite entzogen blieben, denn nun war es zu spät.
Seine
Katra
, seine Essenz, seine Lebenskraft verlosch so plötzlich wie eine Kerze im Windhauch, und Selar rief immer wieder nach ihm, rief seinen Namen in einsamer Qual in die Finsternis. Sie trotzte der Leere, spürte seinen Tod, spürte das Versiegen seiner Lebenskraft, klammerte sich verzweifelt daran, als würde sie versuchen, flüchtige Rauchfäden festzuhalten, doch ihre Bemühung war genauso vergebens.
Nein, bitte komm zurück, komm zurück zu mir …
Aber es war nichts oder niemand mehr da, der sie hätte hören können.
Dann spürte Selar einen plötzlichen Schlag gegen den Kopf, während sich gleichzeitig die Schmerzen in ihrem Brustkorb verflüchtigten. Sie sammelte ihre zerstreuten Sinne und erkannte, dass sie vom Bett gefallen war. Sie rappelte sich auf und sah Voltak, der mit offenen, seelenlosen Augen, in denen sich das Nichts der Leere spiegelte, auf dem Bett lag.
Ohne Zeit zu verlieren, begann sie sofort mit der Behandlung. Sie rief seinen Namen, massierte sein Herz, versuchte mit bloßem Willen, ihn ins Leben zurückzuholen, als könnte sie ihm irgendwie einen Teil ihrer Lebenskraft injizieren.
Und langsam …
… langsam …
… hörte sie auf. Sie hörte auf, als ihr bewusst wurde, dass er fort war und keine ihrer Bemühungen ihn wieder zurückholen konnte.
Dann bemerkte sie, dass ihr Gesicht tränenüberströmt war. Sie wischte sich die Feuchtigkeit ab und bemühte sich um eine würdevolle Haltung, riss sich zusammen und ordnete ihre zerfallene Persönlichkeit, indem sie ihre erlernten Fähigkeiten als Vulkanierin und als Ärztin einsetzte. Ihre Atmung kehrte zu einem normalen Rhythmus zurück, ihr Puls senkte sich auf eine natürliche Frequenz, und sie konsultierte ein Chronometer, um den Todeszeitpunkt zu bestimmen.
Und während Dr. Selar sich ruhig ankleidete, sagte sie sich, dass sie an diesem Tag etwas Großes erreicht sowie etwas Wertvolles gelernt hatte. Es war viel größer und wertvoller als eine Paarung zum Zweck der Arterhaltung.
Sie hatte gelernt, wie töricht es war, sich von Emotionen überwältigen und fortreißen zu lassen. Sicher, als intellektuelle Erkenntnis hatte sie dieses Wissen längst aus ihren Studien zur Geschichte ihres Volkes gezogen. Aber nun hatte sie es aus erster Hand erfahren, sodass es für sie nicht mehr den geringsten Zweifel gab. Selar hatte sich entblößt, sich verletzlich gemacht, hatte jemand anderem erlaubt, in ihre Psyche, ihre Seele einzudringen. Es waren natürlich die Instinkte des
Pon Farr
gewesen, die sie an diesen Punkt getrieben hatten, doch das hatte sie nun überwunden. Die Bedürfnisse
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