Star Trek - Titan 02 - Der rote König
aufmerksam zugehört, aber sich weder dazu geäußert noch etwas von
vergleichbaren vulkanischen Ritualen erzählt.
Das
capellanische Konzept des Jenseits unterschied sich von dem jeder anderen
Kultur, die Akaar kennengelernt hatte. Anstatt anzunehmen, dass ihre Seelen,
ihr Wesen oder ihre Erinnerungen weiterleben würden, glaubten die Capellaner
daran, dass die Emotionen, die sie während ihres Todes fühlten, weiterlebten.
Daher verstärkten Personen, die zornig starben, die Wut der Lebenden auf
Jahrzehnte. Diejenigen, die in Frieden odervoller Liebe starben, machten noch
Generationen nach ihnen glücklich. Die eigentliche Erinnerung an den
Verstorbenen und sein Leben war der Grund, weshalb es auf ihrer Welt so viele
Grabdenkmäler gab; waren sie doch die einzigen konkreten Hinweise darauf, dass
jemand, der nicht mehr war, jemals existiert hatte.
Akaar
beendete seine Aufzeichnung, verließ sein Zelt und blinzelte in das grelle,
ewige Licht. Er konnte in Tuvoks Zelt dessen schwerfälliges Atmen hören, ein
sicheres Zeichen dafür, dass selbst die große Stärke des Vulkaniers rapide
nachließ. Er hinterließ sein Schreiben und das restliche Wasser in der Nähe von
Tuvoks Schutzzelt.
Als
Akaar zu seinem eigenen Zelt zurückgekehrt war, setzte er sich, machte seinen
Geist frei und verlangsamte seine Atmung. Er schloss seine Augen und begann,
seine Lippen in einem lautlosen Gesang zu bewegen, der so alt war wie die Hohen
Tirus des Altertums. Er konnte fühlen, wie sich der Schlag seines Herzens
verlangsamte, während ihn das Ritual unaufhörlich in eine tödliche
Abwärtsspirale zog. Schon bald würde der Tod unabänderlich sein. All dies würde
vorbei sein, und jeglicher Schmerz und Mangel würde für immer hinter ihm
liegen. Für einen Moment öffnete er seine Augen und bemerkte, dass seine Sicht
an den Rändern bereits grau wurde.
Mit ein
wenig Glück würde sein Freund und Mitarbeiter nach seinem Tod in der Lage sein,
die übrigen Vorräte so weit zu strecken, dass er sein Überleben sichern könnte
– wenigstens bis endlich Rettung eintreffen würde. Innerhalb weniger Minuten
würde er fort sein und seine Gefühle, seine Liebe und Loyalität und sein Mut
würden in das Universum entlassen werden. Er betete, dass dies seinen Freund
genauso stärken würde wie das restliche Wasser und die Nahrung es tun würden.
Erneut
öffnete er seine Augen. Das Sonnenlicht, das sein Zelt erhellte, wurde immer
schwächer und er nahm das Zeltinnere wie durch einen engen Tunnel war.
Er konzentrierte
sich auf seine freudigen Erinnerungen, an seine Mutter, seine Mannschaft, seine
Freunde.
An Mut.
Nach Ledrahs
Gedenkveranstaltung hatte Tuvok das Holodeck mit der übrigen Mannschaft
verlassen und sich dann zu seinem Quartier begeben, für eine stille,
letztendlich aber unergiebige Meditation. Hatte sie doch mit einem Ansturm von
Erinnerungen geendet, die er allesamt wiedererkannt hatte – obwohl sie nicht
alle seine eigenen gewesen waren.
Er erhob
sich von der Matte auf dem Boden, löschte die Kerzen aus, die er für die
Meditation angezündet hatte und stellte die Beleuchtung auf eine mittlere
Stärke.
Er hatte
über die Bruchlandung im neltedianischen System – den Vorfall, der seine
Freundschaft mit Akaar beendet hatte – seit Jahren nicht mehr nachgedacht. Erst
wieder, als er seinen alten Freund und Kollegen im Transporterraum der Titan wiedergesehen hatte, kurz nach dem Gefängnisausbruch aus Vikr'l.
Nach diesem
überraschenden Wiedersehen hatte Tuvok zu glauben begonnen, dass Akaar seinen
alten Groll endlich hinter sich gelassen hatte. Doch nun begriff Tuvok, dass
seine anfängliche Wiederannäherung mit dem Admiral nicht mehr als das Ergebnis
der zwingenden Umstände gewesen war, die sich aus Tuvoks knapper Rettung
ergeben hatten.
Warum
habe ich so lebhafte Erinnerungen an den neltedianischen Planetoiden? , fragte er sich,
während er begann, seine schwarze Robe gegen eine Standarduniform
auszutauschen. Vielleicht war es lediglich Akaars Anwesenheit an Bord der Titan .
Oder
vielleicht wird auch Akaar von diesen Erinnerungen heimgesucht. Dank des unerwartet
starken telepathischen Bands, das er und Mekrikuk während ihrer gemeinsamen
Gefangenschaft geschaffen hatten, neigte Tuvok dazu, das wenigstens als eine
Möglichkeit stehen zu lassen.
Und
vielleicht auch, um in Betracht zu ziehen, dass die Zeit gekommen war, die
Vergangenheit ein für allemal zu begraben.
»Computer,
wo befindet sich Admiral
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