Star Trek Voyager02 - Die Flucht
wiederholte Kim. »Was bedeutet das?«
»Es bedeutet, daß wir heute nicht sterben«, meinte Torres.
Rawlik musterte sie mit deutlich erkennbarer Anteilnahme.
»Jede Verzögerung ist vielversprechend.«
»Das habe ich auch gehört, als ich mich um einen Studienplatz an der Starfleet-Akademie bewarb«, sagte B’Elanna.
»Den Sie schließlich bekamen«, stellte Kim fest. Rawlik nahm neben Torres Platz und bewies Takt: Er setzte sich nicht zu dicht neben sie, wahrte einen gewissen Abstand. »Ich versichere Ihnen, daß ich auch heute nacht arbeiten werde, um Sie vor der Hinrichtung zu bewahren.« Es klang so, als galten seine Worte allein B’Elanna. »Wir sind keine Barbaren. Es gibt bei uns nur einige sehr strenge Regeln in Hinsicht auf Reisen durch die Zeit.«
»Sehr strenge Regeln«, brummte Neelix. »Ja, sehr strenge Regeln. Ich frage mich, ob’s überhaupt noch strenger geht.«
Rawlik bedachte Neelix mit einem unsicheren Blick. Kim setzte sich ebenfalls. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte er. »Wir wissen sehr zu schätzen, daß Sie uns zu helfen versuchen. Die letzten Stunden sind ein wenig anstrengend für uns gewesen, und außerdem haben wir schon seit einer ganzen Weile nichts mehr gegessen.«
Rawlik wirkte überrascht und auch schockiert. »Wie konnte ich das nur vergessenc Ich sorge sofort dafür, daß man Ihnen eine Mahlzeit bringt.«
B’Elannas Lippen formulierten drei Worte: ein wenig anstrengend?
Kim ignorierte sie. »Danke. Das ist sehr nett von Ihnen.«
Ja, wirklich nett: eine Henkersmahlzeit. »Wie wollen Sie uns morgen verteidigen?« fragte Torres.
Rawlik sah sie an. Ja, er mochte sie. B’Elanna sah es in seinen Augen. Irgendwie ermutigt hatte sie ihn bestimmt nicht. Und alles deutete darauf hin, daß es für eine eventuelle Freundschaft keine große Zukunft gab.
»Ich fürchte, bei einem derartigen Verbrechen sind Verteidigungsversuche völlig sinnlos. Es wurde gegen das Gesetz verstoßen – diese Tatsache läßt sich nicht leugnen. Ihre einzige Chance besteht darin, die Unwissenheit in bezug auf unsere Kultur zu betonen und dann um Gnade zu bitten.«
»Hat das jemals etwas genützt?« fragte Neelix. Er stand noch immer in der Küchentür. »Nein, nie«, antwortete Rawlik leise.
Kapitel 13
Nach dem Retransfer verblaßte das Schimmern des Transporterstrahls, und Paris sah sich auf der Oberfläche des Planeten um. Das Geisterschiff befand sich wieder an seinem früheren Platz, und der heulende Wind hatte die von der Rampe auf dem Boden hinterlassenen Spuren größtenteils verwischt. Die nach ihrem kurzen Flug auf den Beton herabgefallene Metallplatte war bereits halb unter Sand verschwunden, und die Böen wehten mit jeder verstreichenden Sekunde mehr herbei.
Paris holte den Tricorder hervor, und der neben ihm materialisierte Tuvok folgte seinem Beispiel. Janeway hatte beschlossen, diesmal nur zwei Personen auf den Planeten zu schicken. Dieser Einsatz betraf nicht in erster Linie die funktionsfähige Zeitfähre, sondern den unbekannten Faktor, der Stahlplatten und Shuttles durch die Luft fliegen ließ.
Paris sondierte den rechten Bereich, und Tuvok scannte den linken. Wohin man auch blickte: Überall lag Sand. Er bildete eine mehr oder wenige dicke Schicht auf Metallplatten und Beton.
»Nichts«, sagte Paris nach einer Weile.
Der Vulkanier nickte und näherte sich dem Geisterschiff. Paris ging ebenfalls los und schlug den Kragen der Jacke so hoch wie möglich, um das Gesicht vor dem schmirgelnden Sand zu schützen. Dies war die trockenste Welt, die er kannte. Das Atmen fiel ihm immer schwerer; der Wind schien selbst den Augen die Feuchtigkeit zu stehlen. In dieser Hemisphäre des Planeten herrschte derzeit Winter. Paris schauderte unwillkürlich, als er sich den Sommer vorstellte. Die gleiche Szene: gewaltige, raumhafenartige Anlagen mit Tausenden von uralten Schiffen und viel Sand; dazu eine Hitze, die ebenso intensiv war wie die Kälte in dieser Region.
Tuvok schritt geradewegs zum Geisterschiff und schien den Wind überhaupt nicht zu bemerken.
Solchen Dingen schenkte er nie Beachtung. Manchmal glaubte Paris, daß Vulkanier einfach alle Teile ihres Körpers deaktivierten und nur das Geistige – Logik und Rationalität –
eingeschaltet ließen. Wenn sich Paris ein Beispiel daran genommen hätte, so wäre überhaupt nichts von ihm übriggeblieben. Ein bißchen Aufregung, eine schöne Frau und ein Raumschiff, das er fliegen durfte – mehr wünschte er sich nicht vom Leben.
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