Star Wars™ Der Vergessene Stamm der Sith: Storys (German Edition)
Norden tobte, wanderte Quarra auf der Anhöhe herum und ließ den Blick in alle Richtungen schweifen. Ihr zerrissener Reisebeutel stand unbeachtet auf dem Boden.
»Quarra, was ist los?«, fragte Jogan, der mit ausladenden Schritten zu ihr herüberkam.
»Mein Muntok«, sagte sie und schwang ein Stück Lederschnur. »Das verdammte Vieh hat seine Leine durchgebissen und ist abgehauen!«
Jogan kniete nieder und nahm die Spuren im violetten Sand näher in Augenschein. »Die Explosionen haben dem Tier Angst eingejagt. Hast du es gerufen?«
»Das würde ich, wenn ich seinen Namen kennen würde. Ich habe es erst beim Pferch in Tandry übernommen!«
»Und da haben sie dir nicht seinen Namen genannt?«
»Ich wusste, dass ich es nur für eine kurze Weile haben würde. Kennst du die Namen aller Leihmuntoks, die du mal hattest?«
Jogan sah sie verdutzt an. »Und deine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass in Uhrar alles in geregelten Bahnen läuft?«
»Tut mir leid, das ist meine erste Affäre!« Quarra wandte sich ihm ganz zu, um diesen Punkt noch weiter zu kommentieren – doch da spürte sie, wie sich die Macht regte. Sie fühlte bereits, wie sich der Schatten über Jogan senkte, bevor sie es sah, und streckte instinktiv ihre Machtsinne aus, um ihn telekinetisch fortzustoßen.
Zu spät!
Eine organische Masse krachte auf den sandigen Hang, die wild um sich schlug, als sie auf der Oberfläche aufkam. Quarra wurde von der Wucht des Aufpralls zu Boden geschleudert – und blickte geradewegs in das leblose grüne Auge eines Ungetüms. »Ein Uvak!«, rief sie und kämpfte darum, sich wieder aufzurappeln. In der Dunkelheit streckte sie die Hände aus und ertastete sich ihren Weg um die Kreatur herum. »Jogan! Bist du in Ordnung?«
Hinter ihrer Schulter, im Nordosten, explodierte der letzte verbliebene Ballon donnergleich über dem Hafen. Quarra schenkte dem keine Beachtung und tastete sich um den gewaltigen Kadaver herum, bis sie Jogan fand, der unter dem schweren Schwanz der Kreatur eingeklemmt war.
Jogan, dessen lila Gesicht von der Detonation erhellt wurde, schaute benommen auf. Blut troff von seinen Lippen. »Ich glaube, ich habe dein Tier gefunden«, sagte er zwischen einigem Husten. »Allerdings dachte ich … du hättest dir einen Muntok geliehen … keinen Uvak …«
5. Kapitel
Die Wolken brachen auf, und wieder spielte die Sonne durch die Glastürme von Tahv. Edell stieg die Marmorstufen zum Regierungsgebäude hinauf – allein. Keine Eskorte hatte ihn begrüßt, keine Parade würdigte seine Ankunft.
Drinnen, im selben Atrium, in dem sich die drei großen Fraktionen ein Vierteljahrhundert zuvor eine erbitterte Schlacht geliefert hatten, arbeitete der Stamm einmütig auf ein gemeinsames Ziel hin. Sith-Lords und -Schwerter drängten sich um eine Kopie von Korsins geheimer Karte, die sich auf einem gewaltigen Tisch in der Mitte der Kammer ausbreitete. Edell hatte sich die Karte bei der Planung seiner Reise viele Male angesehen – einer Reise, die jetzt ihr Ende gefunden hatte.
»Meine Lords und Schwerter, ich bin zurück!«, sagte er, doch niemand rührte sich. Er rief die Worte erneut aus – und noch mal.
Schließlich schickten die Lords einen Untergebenen zu ihm. Nicht einmal einen Schüler, sondern bloß einen Tyro, der nur ein Drittel so alt wie Edell war. Der Jüngling grinste spöttisch. »Was wollt Ihr?«
»Ich bringe Neuigkeiten«, sagte Edell und richtete sich zu voller Größe auf. »Ich habe den neuen Kontinent besucht und bin triumphierend zurückgekehrt.«
»Und inwiefern genau habt Ihr triumphiert?«
»Ich habe uns dort hingeführt. Ich habe bewiesen, dass der andere Kontinent existiert.«
»Das ist nichts Neues«, sagte der Junge, ohne sein Grinsen aufzugeben. »Die Eroberung ist bereits in vollem Gange.«
Zwischen den Lords, die ihm den Rücken zugewandt hatten, tat sich eine Schneise auf. Durch die Lücke sah Edell, dass die Karte auf dem Tisch mit Dutzenden Markierungen versehen war, die Sith-Streitkräfte und die Luftschiffe, die sie dort hingebracht hatten, symbolisierten.
Edell runzelte die Stirn. »Ich hatte nicht erwartet, dass ihr so schnell einmarschiert.«
Der Tyro sagte nichts.
»Also gut«, sagte Edell und trat vor. »Gern stehe ich mit Rat und Tat zur Seite …«
»Nein.« Der Tyro aktivierte sein Lichtschwert und versperrte ihm den Weg. Weiter vorn schloss sich die Lücke zwischen den Planern, sodass Edell den Tisch nicht mehr länger sehen konnte.
Er protestierte.
Weitere Kostenlose Bücher